Jahn in Liga 2: Kann Regensburg auch gegen Talentschmiede SV Elversberg liefern?

Regensburg. Von der SV Elversberg lernen, heißt, sich in der Zweiten Liga etablieren: SV-Talentscout und Manager Nils Ole Book entdeckte nicht nur Paul Wanner. Kann der SSV Jahn mit dem Pokalsieg im Rücken, den Lauf des HSV-Killers aus dem Saarland stoppen?

Der DFB sperrt Matchwinner und rasenden Rotkartist Rasim Bulic (2. von rechts) für vier Spiele. Foto: SSV Jahn

Verschnaufpause für die Jahn-Frustration: Nach dem Achtungserfolg des Willens im DFB-Pokal gegen eine ideenlose SpVgg Fürth, muss sich der SSV Jahn mit dem Sieg im Rücken am Samstag, 13 Uhr, gegen das Fußball-Städtchen Spiesen-Elversberg mit seinen handverlesenen 13.000 Einwohnern bewähren.

In Regensburg ist man zumindest rhetorisch immer der Auffassung, dass für die 150.000-Einwohner-Stadt Regensburg mit dem Kampf gegen den Abstieg in der Zweiten Bundesliga schon das höchste der Fußballgefühle erreicht sei. Wie schafft die Spielvereinigung aus dem Saarland – anders als etwa der 1. FC Saarbrücken – sich in derselben Liga so wacker zu etablieren?

Durchmarsch von Liga 4 in Liga 2

Nach dem Aufstieg von der vierten in die zweite Liga, gelang der SV der souveräne Klassenerhalt. In der laufenden Saison hat das Städtchen der unbeugsamen Saarländer Traditionsvereine wie den 1. FC Köln (1:1), Hertha BSC (4:1) und den Hamburger SV (4:2) ins Straucheln gebracht. Einer der Macher dieses Erfolgs ist Sportchef Nils-Ole Book. Sein Erfolgsrezept: eine Expertise bei der Talentsuche, die auch zu Paul Wanner führte.

„Ich schaue mir Spieler unabhängig von den Ligen an und bin oft auf den Plätzen in der Regionalliga unterwegs“, sagt der 38-jährige Bochumer, der in der Saison 2008/09 mit Marco Reus und Kevin Großkreutz bei Rot Weiss Ahlen in der Zweiten Liga kickte. „Dort gibt es viele Talente“, erklärte er bei fussball.news. „Wir wählen in Elversberg einen spielerischen Ansatz. Das ist für junge Spieler verlockend.“

Elversbergs Trüffelschwein Nils Ole Book (rechts) entdeckte Bayern-Juwel Paul Wanner (daneben). Foto: SV Elversberg

Entdecker von Wanner, Woltemade und Baum

Das Ergebnis: Die U21-Nationalspieler Nick Woltemade, Paul Wanner und Elias Baum haben sich in Elversberg einen Namen gemacht. Wanner gilt inzwischen als Juwel des FC Bayern, hat sich aber bewusst für eine Leihe zum 1. FC Heidenheim entschieden, wo sein Marktwert von drei auf inzwischen 15 Millionen Euro hochschnellte. Auch die Jahn-Verantwortlichen suchen ihre Neuzugänge nicht gerade in der Bundesliga. Seit der Ära Franz Gerbers fahnden auch die Regensburger in den unteren Ligen – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

Dennoch ist der Anspruch Books an seine Elversberger ein anderer: Es sei ja ganz nett, in Leverkusen, Hamburg, Schalke oder Berlin spielen zu dürfen. „Aber wir wollen als Gegner ernst genommen werden – die Entwicklung kann nicht ewig sein, dass wir in Ehrfurcht vor dem Gegner erstarren.“ Sich für vergangene Erfolge feiern zu lassen, reiche auf Dauer nicht: „Dafür ist das Business zu schnelllebig.“

Andreas Patz fordert das „andere Jahn-Gesicht“

Oberpfälzer Bodenständigkeit ist sicher eine erstrebenswerte Tugend. Und als Außenseiter unterschätzt zu werden, hat was für sich. Das hat aber nur dann Charme, wenn man die Favoriten dann auch noch mit unerwarteter Verve schrecken kann. Sich aber immer kleinzureden und wie das Kaninchen vor der Schlange auf die Angriffe der Gegner zu warten, hat sich dagegen für das Schlusslicht nicht gelohnt – auch wenn das sicher so nicht beabsichtigt war: Es sah ganz danach aus.

9000 Zuschauer wollen am Samstag das „andere Gesicht“ des SSV Jahn sehen, das Interimstrainer Andreas Patz verspricht – gegen Fürth aber nur in Ansätzen in der Abwehrschlacht in Unterzahl zu bewundern war. „Das war ein Pokalfight“, sagt Patz bei der PK, „und für mich persönlich natürlich ein toller Einstand.“ Aber um ihn gehe es ja nicht, stapelt der 41-jährige Thüringer tief. „Sondern es geht um die Mannschaft, den Verein, die Fans.“ Wichtig sei ihm gewesen, „dass wir nochmal ein anderes Gesicht zeigen, auch was zurückgeben“. Und deshalb sei die Freude erst einmal riesengroß.

Jahn-Interimscoach Andreas Patz fordert bei der PK vor Elversberg das andere Jahn-Gesicht. Foto: jrh

Regeneration in der Englischen Woche

Der Dank geht ans ganze Trainerteam: „Das ist nicht selbstverständlich. Wir haben lange gesessen, die Abende waren wirklich lang, viel vorbereitet.“ Die kurze Trainingswoche ließ nicht viel Zeit für Experimente. Aber nach so einem Erfolg sei die Stimmung natürlich besser: „Es fühlt sich gut an, und das eine oder andere fällt leichter.“

Der Fokus lag auf der Regeneration. „Die einen oder anderen, die weniger Spielzeit hatten, haben etwas mehr gemacht.“ Jetzt müsse man in der heutigen und der morgigen Trainingseinheit in dieser Englischen Woche schauen, wie die Jungs drauf seien: „Da ist der Fokus darauf gerichtet, und dann werden wir uns entscheiden, mit den Eindrücken, die wir dann morgen haben, wie wir das Samstagspiel angehen werden.“ Und natürlich: „Die Frische spielt schon auch eine Rolle.“

SV Elversbergs Trainer Horst Steffen hat bei der PK nach dem 4:2-Sieg gegen den HSV gut lachen. Foto: jrh

Patz: „Wir wissen, was auf uns zukommt“

Über Gegner Elversberg, der am Wochenende den HSV mit 4:2 vernaschte und beim 0:3 im Pokal dem Deutschen Meister Leverkusen zumindest in der zweiten Halbzeit Paroli bot, müsse man nicht mehr viel sagen: „Der Tabellenplatz sagt alles aus“, findet Patz. „16 Punkte, da wissen wir, was auf uns zukommt.“ Die SV sei jetzt schon ein gestandener Zweitligist mit erfahrenen Spielern in ihren Reihen.

„Da sind wir gut beraten, genau die gleichen Tugenden wieder an den Tag zu legen, genau die gleiche Bereitschaft, wie wir’s jetzt am Dienstag hatten.“ Und dann gelte es, sich die Momente wie gegen Fürth zu erarbeiten: „Das waren jetzt noch wenige gerade mit Ball.“ Und dennoch würden die wieder kommen: „Davon bin ich überzeugt, weil wir mehr Sicherheit gewonnen haben, mit dem Sieg im Rücken.“ Aber in allererster Linie gelte es, defensiv stabil zu stehen.“ Nicht helfen können dabei, wie gehabt, die Langzeitverletzten sowie Bene Saller und Flo Ballas.

Trüffelschwein Book über Paul Wanner

Als Trüffelschwein unter den Talentscouts hat sich Nils Ole Book bereits bewährt. Wertvollste Trüffelsorte der Welt sind weiße Trüffeln, auch Herrentrüffel, Piemont- oder Alba-Trüffel genannt. Ein solcher ist Paul Wanner, dem man nur wünschen kann, dass ihn der gnadenlose FC Bayern nicht genauso verkümmern lässt, wie manch anderes hoffnungsvolles Talent.

„Paul Wanner hat einen unfassbaren Sprung gemacht“, lobt Book seine Entdeckung gegenüber der TZ. „Er kam letzten Sommer als 17-Jähriger zu uns nach Elversberg.“ Damals habe sich nicht jeder Verein herangetraut. „Paul hatte davor nur drei Spiele in der Regionalliga Bayern.“ Dort war er ‚okay‘, gewesen, aber nicht herausragend unterwegs. „Seitdem hat sich die Wahrnehmung um ihn herum extrem gewandelt. Das ist schön zu sehen.“

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