Jahn im DFB-Pokal-Achtelfinale: Regensburg ringt Fürth zu zehnt nieder
Regensburg. Was kann man nach einem 3:8 gegen den Club und einer Trainerentlassung erwarten? Dass sich die Mannschaft zerreißt! Das hat der SSV Jahn für seinen Interimscoach Andreas Patz gegen eine ideenlose SpVgg Fürth geliefert. Mit zehn Mann – wegen, sagen wir, Übermuts des Torschützen.

Zwei Mannschaften ohne festen Trainer treffen aufeinander. Beide haben ihr Debakel gegen den auch nicht gerade Championsleague-reifen 1. FC Nürnberg erlebt. Und beide hoffen auf gute Vibrations für die Zweite Liga und Geldregen durch den Einzug ins DFB-Pokal-Achtelfinale.
Beim SSV Jahn Regensburg sieht man fünf Minuten verbissenen Willen, die Schmach vom Max-Morlock-Stadion vergessen zu machen. Das Messer zwischen den Zähnen rutscht aber bald wieder aus dem Gesicht. Die SpVgg schafft es, mit spielerischen Mitteln, die Regie zu übernehmen.
Massimo vermasselt’s
Brandgefährlich werden die Franken dabei aber nur einmal: Dennis Srbeny steckt zu Roberto Massimo durch, der durchstartet, sich allein vor dem Jahn-Keeper die Kugel auf seinen rechten Fuß legt – Felix Gebhardt rettet mit Fußabwehr (19.). Danach ist das Kleeblatt das gefälligere Team, passsicher, spielfreudig, aber wenig effektiv.
Beim SSV Jahn geht nach vorne so gut wie gar nichts, weil die Passquote insgesamt mau, in der gegnerischen Hälfte unterirdisch ist. Verunsicherung oder eben doch technische Mängel? Da wartet noch viel Arbeit auf „Bis auf Weiteres“-Jahn-Trainer Andreas Patz. Hervorheben kann man in dieser Phase lediglich das Kämpferherz von Eric Hottmann, während Sturmkollege Christian Kühlwetter nur mit zwei cleveren Rettungsaktionen vor Einwürfen und einem grenzgenialen Passversuch glänzt, der, wäre er angekommen, einen gefährlichen Konter eingeleitet hätte. Fahrradkette.
Erster Profitor mit heftigen Nebenwirkungen
In der zweiten Hälfte überrascht die SpVgg mit der Beendigung ihrer – bis dato – kultivierten Spielweise und der Anpassung an das Regensburger Passniveau. Die Folge: Der Jahn wird mutiger und auch ein blinder Hahn, besser gesagt ein Profileben-lang torloser Defensivterrier, findet mal Kimme und Korn. Nach einem zu kurz geklärten Freistoß landet die Kugel bei Rasim Bulic, der abzieht – der abgefälschte Ball landet unhaltbar für den bislang fast beschäftigungslosen Nahuel Noll im rechten Eck, 1:0 (59.).
Der leidgeprüfte Jahn-Fan denkt jetzt nicht als Erstes an eine „Gmaahte Wies’n“. Eher an die Zahlenfolge: 0:2, 2:2, 2:3, 3:3, 3:8. Da kann noch viel passieren im Regensburger Oktobernebel des Grauens. Und vier Minuten später schon der erste Einschlag. Rasim Bulic, rasend vor Ehrgeiz nach seinem ersten Treffer, vollgepumpt mit Adrenalin, nimmt für seine Grätsche zwischen gegnerischem Strafraum und Seitenlinie gefühlt 20 Meter Anlauf und senst Nico Gießelmann unwiederbringlich um. Der ohnehin penible Schiri Tom Bauer nestelt sofort in der Gesäßtasche: einmal mehr glatt Rot für den Jahn (63.).
Was erlauben Bulic???
Man möchte Bulic gleichzeitig teeren, federn und knuddeln, weil sein gut gemeinter Kampfeinsatz hirnrissig übertrieben ausfiel. Wie soll das gut gehen, bei einer Mannschaft, die schon mit elf Spielern in schöner Regelmäßigkeit die Hütte voll bekommt? Unter anderem beim Ligaspiel gegen Fürth viermal. Doch die große Welle der Franken bleibt aus. Mehr noch: Man merkt den Regensburgern die Unterzahl zunächst nicht einmal an. Im Gegenteil, das Jahn-Pressing hat jetzt mehr Wumms, und, wenn überhaupt, sind die Oberpfälzer näher am 2:0 als die Fürther am Ausgleich.
Aber auch das hatte man nach Nürnberg im Hinterkopf: Nach dem 3:3 war auch dort Regensburg dem 4:3 näher als umgekehrt. Und wie das ausging, werden wir so schnell nicht vergessen. Doch anders als der Club, bringt die Elf von ebenfalls Interims-Trainer Leo Haas, der auf Schalke noch über einen verdienten 4:3-Auswärtssieg jubeln durfte, so gut wie nichts mehr zustande. Auch wenn die Oberpfälzer jetzt müder und müder wirken, sie werfen sich in jeden Ball – und das Publikum johlt wie beim Stierkampf, wenn sich der Torrero einmal mehr den wütenden Angriffen entwindet.
Und dann ist es doch noch …
Für Entlastung sorgt jetzt nur noch gelegentlich der zuallerletzt für den angeschlagenen Kühlwetter eingewechselte Noah Ganaus. Allein gegen, vier, fünf Fürther Verteidiger auf weiter Flur, tänzelt er zwei, auch mal drei aus und bleibt spätestens am vierten hängen. Ein paar Sekunden bringt auch das, und die länger werdenden Kapriolen nach jedem Foul sowie die wohlüberlegten Abstöße von Keeper Gebhardt, der auch noch Gelb sieht.
Und als die Anspannung in den Gesichtern des Trainerteams am Spielfeldrand schon beim Zuschauen Schmerzen bereitet – Deuteln auf der Uhr, die ersten schüchternen Arme, die halbherzig in die Höhe gehen – ist es dann doch noch fast passiert: Damian Michalski verlängert einen langen Torwart-Ball an den Fünfer, Julien Green, der mit einem Kunstschuss im Ligaspiel den Jahn endgültig versenkte, mogelt sich an die Kugel – und säbelt sie aus fünf Metern neben das fast leere Tor (90 + 6), Herzschlagfinale, Abpfiff, das Trainerteam entfesselt, Sportchef Achim Beierlorzer herzt auf seiner Ehrenrunde jeden Spieler.
Am Samstag gegen Elversberg liefern
Nein, das Spiel war keine Offenbarung, was man in der Lage von der Mannschaft schwerlich erwarten kann. Es ist auch keine Bestätigung, dass es nicht auch mit Joe Enochs heute geklappt hätte. Aber es ist dennoch ein verdienter Sieg des Willens über eine enttäuschende Fürther Mannschaft und auch eine gerechte Revanche für das viel zu hoch verlorene Ligaspiel, wo für Regensburg auch mehr drin gewesen wäre.
Vor allem aber ist es der bitter nötige Strohhalm, an den sich die Regensburger jetzt klammern dürfen. An die Hoffnung, dass der bisherige Saisonverlauf vielleicht doch nicht der mangelnden Qualität des Kaders, sondern einem üblen Negativlauf mit psychologischen Nebenwirkungen geschuldet ist, und der Knoten jetzt endlich geplatzt sein könnte. Kann sein, muss nicht: Am Samstag, 13 Uhr, muss der SSV Jahn gegen Elversberg (7. Platz) jetzt liefern, um den Anschluss nicht zu verlieren.
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