Jahn in Liga 2: Meffert-Sausen beim HSV vor 54.000 Zuschauern?
Hamburg. Es gibt bessere Mutmacher vor der Länderspielpause als ein 0:4 gegen Fürth. Immerhin: Mit einem 5:1 im Testspiel gegen Unterhaching hat sich der SSV Jahn ein wenig rehabilitiert. Reicht das bei einem HSV, der mit Bundesliga-Kader über den Verbleib von Jonas Meffert jubelt und auch noch zwei internationale Verstärkungen an Land gezogen hat?

Volksparkstadion Hamburg, 54.000 Zuschauer, ein ehemaliger Bundesliga-Dino, der seit dem Abstieg 2017 immer wieder knapp am Aufstieg scheitert, ein Kulttrainer mit Schiebermütze, der den Kader noch einmal mächtig aufgemotzt hat – und nach einer peinlichen 0:5-Pleite in der Saison 2018/19 gegen Regensburg eine positive Bilanz aufzuweisen hat.
Dazu kommen personelle Sorgen bei den Oberpfälzern: Christian Schmidt ist nach wie vor verletzt, Sturmhoffnung Mansour Ouro-Tagba nach der übertriebenen Roten Karte bei Hertha weiter gesperrt, Alexander Bitroff mit muskulären sowie Bene Saller mit Adduktoren-Problemen für Hamburg krankgeschrieben. Keine allzu guten Vorzeichen also für Sonntag, 13,30 Uhr.
Enochs: „Spielen in der gleichen Liga“
Und dennoch: Jahn-Trainer Joe Enochs ist vor dem großen Namen nicht bange: „Jedes Spiel in der Zweiten Liga ist ein Highlight“, konzentriert sich der Kalifornier auf die „sunny Side“ des Ausflugs. „Wir haben schon nachgewiesen, dass wir gute Auswärtsspiele bestreiten können“, sieht er Regensburg, das von rund 700 Fans begleitet wird, nicht von vornherein auf verlorenem Posten. „Wir spielen in einer Liga mit dem HSV“, sagt er selbstbewusst, „natürlich sind sie favorisiert, sie sind eine ganz starke Mannschaft in der Liga, aber wir glauben an uns.“
Dass der SSV Jahn in der Zweiten Bundesliga mithalten kann, habe das Team über weite Strecken schon bei Hertha BSC unter Beweis gestellt. „Aber wir müssen auch die Gelegenheiten nutzen, die wir uns erarbeiten“, fordert er von seiner Mannschaft. „Das haben wir in Berlin nicht getan, das haben wir auch in Hannover, wo wir zwei, drei gute Momente hatten in der zweiten Halbzeit, nicht getan.“ Das sollte man in Hamburg besser machen, will man nicht wie gegen Fürth erneut unter die Räder geraten.
Schnellstarter: 6 von 7 Toren in Hälfte 1
Vor allem sollten die Regensburger von Minute Null an hellwach auf dem Platz stehen, zumal der HSV mit dem Anpfiff aufs Tempo drückt: „Man hat gesehen, dass sie in den Spielen zuvor gerade in der ersten Halbzeit sehr torgefährlich sind“, warnt Enochs. „Von den 7 Toren haben sie 6 in der ersten Halbzeit geschossen.“ Deshalb sollte man tunlichst Aussetzer wie Bene Sallers verunglückte Ballabschirmung im eigenen Strafraum in der Anfangsphase gegen Fürth vermeiden. Beim 4:1 der Hanseaten gegen Mitaufsteiger Münster hat Enochs aber auch kleine Schwachstellen entdeckt.
„Das war lange ein ausgeglichenes Spiel, aber dann machen sie mit ihrer Qualität halt den Unterschied.“ Die Box sei immer gut besetzt, präzise Flanken führten im Minutentakt zu Chancen. „Sie sind sehr flexibel, mal mit Dreierkette, mal mit Viererkette, der Torwart spielt extrem gut mit.“ Jeder Ballgewinn werde genutzt, um sofort nach vorne zu spielen. „Sie schalten extrem gut um, mit vielen Leuten, deswegen muss man zusehen, dass die Ballverluste, die wir haben, nicht im Zentrum passieren, damit sie uns nicht sofort auskontern können.“
Baumgart: Von wegen unterschätzen
Den Gefallen, das Spiel auf die leichte Schulter zu nehmen, will HSV-Trainer Steffen Baumgart den Gästen aus der Oberpfalz auf keinen Fall tun. „Wir gehen da nicht rein und sagen, wir schlagen Regensburg“, sagt der Mützenmann, „sondern wir gehen rein und sagen, wir wollen mit aller Macht die drei Punkte hier behalten, unser Spiel durchziehen, und uns weiterentwickeln.“ Regensburg sei eine Mannschaft, die sehr kampfstark ist, einen klaren Plan hat. „Sie hat zwar im Moment wenig Tore gemacht, aber wer die Spiele sieht, die musst du erst mal positiv gestalten.“
Für eine Entwarnung, dass man die traditionelle Schwäche gegen Aufsteiger überwunden habe, sei es zu früh: „Ich würde erst einmal vorsichtig sein“, sagt Baumgart, „wir haben erst gegen einen Aufsteiger gespielt und hatten auch in dem Spiel Phasen, die besser und klarer laufen müssen.“ Man habe Münster in der zweiten Halbzeit ins Spiel kommen lassen, „was uns nicht gefallen hat“. Dennoch: „Wir haben die Chance, mit diesem Kader gegen jede Mannschaft erfolgreich zu sein und zu gewinnen.“ Nur sei das bislang nicht immer gelungen.
Hamburgs Luxuskader
Überhaupt der Kader: Bis auf den verletzten Bakery Jatta sind alle anderen am Start. „Im Moment ist das ein großer Luxus.“ Man habe einen breiten Kader, den man auch brauche, um in die Bundesliga aufzusteigen. „Wir haben in den vergangenen Jahren oft erlebt, was passiert, wenn dir Schlüsselspieler wegbrechen.“ Darauf habe man mit der Transferpolitik reagiert.
Dazu komme die gute Nachricht, dass Jonas Meffert dem HSV erhalten bleibt. „Wir haben sehr lange um ihn gekämpft in der Sommerpause“, sagt Baumgart, „meine Meinung habe ich sehr klar kundgetan und bin froh, dass dem der Verein auch gefolgt ist.“
Luxusprobleme auch im Sturm
Deshalb ist die Variante vom Testspiel gegen Kiel mit Robert Glatzel und Davie Selke eher unwahrscheinlich. „Da habe ich das Problem, dass es Ransford Königsdörffer momentan zu gut macht.“ Deshalb gehe er momentan davon aus, dass es bei der Konstellation von Münster bleibt. Klar ist auch, wer als Nummer 1 im Kasten steht: „Ferro ist die Nummer 1“, stärkt der Trainer Daniel Heuer Fernandes den Rücken.
Und als würde dieses Aufgebot gegen den SSV Jahn, der die Hamburger in den vergangenen Jahren zweimal richtig ärgern konnte, zweimal ein Remis erzwang und sechsmal den Kürzeren zog, nicht reichen, verleibte sich der HSV, kurz bevor sich das Transferfenster schloss, noch schnell mal zwei international erfahrene Neuzugänge ein: Emir Sahiti von Hajduk Split (Erste kroatische Liga) und Lucas Perrin von Racing Straßburg (Frankreichs Ligue 1) – beide kommen für einen Einsatz infrage.
Testspiel-Kantersieg und gute Vorbereitung
Verglichen mit dem 1:1 im Auftaktspiel der 3. Liga vergangene Saison gegen die SpVgg Unterhaching, klingt das 5:1-Testspielergebnis in der Länderspielpause vielversprechend. Es ist ja nicht so, dass der SSV Jahn niedrigklassige Gegner oft aus dem Stadion schießen würde. „Es ist ein gutes Testspiel-Ergebnis“, sagt Jahn-Trainer Joe Enochs zurückhaltend, „das war wichtig fürs Selbstvertrauen.“
Vor allem aber habe man allen Akteuren, die bislang nicht so viel Spielzeit bekamen, wie Noah Ganaus, Eric Hottmann, Robin Ziegele, Bryan Hein oder auch Rasim Bulic, Gelegenheit gegeben, „90 Minuten durchzuackern: Schon deswegen war es Gold wert.“ So hat der Trainer jetzt auch die Qual der Wahl nach der Verletzung Bene Sallers auf der Rechtsverteidiger-Position: „Nico Ochojski hat seine Sache immer sehr gut gemacht, wenn wir ihn eingewechselt haben“, nennt Enochs eine Alternative. „Aber auch Robin Ziegele kommt infrage.“
Apropos ackern: Für die Video-Analyse nach der 0:4-Eistonne gegen Fürth habe man sich viel Zeit genommen – nicht nur, um Fehler aufzuarbeiten, sondern auch „um gute Szenen in der ersten Hälfte, wo wir etwas unglücklich waren im Torabschluss“ als Arbeitsauftrag in Erinnerung zu rufen. „Die Jungs haben Gas gegeben“, lobt Enochs, „und haben ein gutes Spiel abgeliefert gegen Unterhaching.“ In der verbliebenen langen Woche hatte man Gelegenheit, sehr viele Einheiten einzustreuen. Und man konnte angeschlagenen Spielern eine kleine Pause gönnen. „Jetzt gilt es, die Feinheiten genau in Hinblick auf das Spiel zu verfeinern, sodass wir ein gutes Spiel abliefern können.“
* Diese Felder sind erforderlich.