Bewegende Trauerfeier für Clemens Fütterer

Vohenstrauß. Die Oberpfalz verabschiedet sich von einem Ausnahmejournalisten: Bei kaum einem Trauergast in der vollen Vohenstraußer Stadtpfarrkirche bleiben bei den bewegenden Abschiedsworten von Reinhard Fütterer und Stadtpfarrer Alexander Hösl die Augen trocken.

Erntedank und ein großer letzter Dank an unseren Freund und Wegbegleiter Clemens Fütterer. Foto: Jürgen Herda

Clemens Fütterers trauernde Witwe Claudia Biller-Fütterer bringt die immense Leerstelle in uns allen, die mit ihm befreundet waren, am Rande der Trauerfeier auf den Punkt: „Er wird fehlen, der Region, der Politik, der Wirtschaft – uns allen für immer.“

Trost zu spenden, ist in diesen Tagen nicht einfach. Stadtpfarrer Alexander Hösl tut sein Bestes: „Wer von uns ist nicht erschüttert von diesem schrecklichen Unfall, diesem unerwarteten Tod, der ein Leben beendete, das von Freude und Optimismus geprägt war?“ Sprachlos und ratlos stehe man vor diesem plötzlichen Tod. „Alle gemeinsamen Pläne der Frau, der Familie zerschlagen.“ Unser Leben sei ärmer geworden. „Das tut weh.“

„An jenem Montagabend hat dieses Leben ein tragisches Ende gefunden“, konstatiert Hösl. „Wie groß das Loch, das klafft, durch seinen Verlust ist, das zeigt auch diese große Trauergemeinde.“ Der schreckliche Unfall zeige auf, wie brüchig unser Planen sei: „Wir wünschen uns einen schnellen Tod ohne Schmerzen“, sagt der Priester, „wenn man dann aber auf diese Weise aus dem Leben gerissen wird“, stelle sich die Frage: „Warum ließ Gott das zu?“

Erschüttert vom Unfalltod des Ehemanns, Bruders, Vaters und Opas: Die Familie von Clemens Fütterer. Foto: Jürgen Herda

Quälende Fragen: Was wäre, wenn?

Natürlich wissen wir alle um die Endlichkeit des Lebens. „Aber wir verdrängen oft den Gedanken an den Tod“, sagt der Pfarrer. Wer denkt schon an Tod, wenn er es mit einem lebensfrohen Menschen wie Clemens zu tun hat? „Der mit Elan, Abenteuerlust und Freude dem Leben auf der Spur war.“ Man kann sich kaum vorstellen, dass das alles vorbei sein soll.

Es bleiben quälende Fragen: „Warum ist er nach der Arbeit im Haus nochmal Rad gefahren?“ Ach, hätte er doch lieber noch ein Glas Wein mit seiner Claudia getrunken, dann wäre das alles vielleicht nicht geschehen! „Diese Fragen quälen unser Herz“, sagt Hösl, „sie machen die Sinnlosigkeit noch schmerzlicher.“ Die Worte des Priesters dokumentieren lange, intensive Gespräche mit der Witwe.

Stadtpfarrer Alexander Hösl findet tröstende Worte. Foto: Jürgen Herda

Wir durften ihn begleiten

Behutsam führt die Musik zu anderen Gedanken: „Meine Zeit steht in deinen Händen, nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir. Du gibst Geborgenheit“, schweben die Verse des Theologen Peter Strauch von der Empore. „Es ist ein erster Schritt auf dem langen Weg ins Freie – für ihn und für andere.“ Und Pfarrer Hösl zitiert den libanesischen Dichter Khalil Gibran – ein Appell ans Loslassen: „Unsere Mitmenschen, unsere Liebsten, gehören uns nicht – wir dürfen sie eine Zeit lang begleiten, aber jeder geht letztlich seinen eigenen Weg.“

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und die Töchter der Sehnsucht,
des Lebens, nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.

Hunderte Oberpfälzer verneigen sich vor dem Ausnahmejournalisten Clemens Fütterer in der Stadtpfarrkirche Vohenstrauß. Foto: Jürgen Herda

Zweite Heimat in den Bergen

Doch das ist Zukunftsmusik. Im Hier und Jetzt dominiert die gegenwärtige Trauer, die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit, der Schmerz über den Verlust der Brüder Stefan und Reinhard, die gemeinsam mit Clemens in bescheidenen Verhältnisse aufwuchsen, geprägt durch ein christliches Elternhaus „Es sind die Werte, die er gelebt hat“, sagt Hösl, „und diese Ideale versuchte er an seine Tochter Katharina, seinen Sohn Johannes und die Enkel Emil, Jakob und Wilma weiterzugeben.“

Eine zweite Heimat habe Clemens in den Bergen Südtirols gefunden. „Er war sportlich durch und durch“, referiert der Priester anerkennend, „Radfahren, Skifahren, Klettern und Claudia war immer dabei.“ Durch seinen Beruf, in dessen Ausübung er auch Leserreisen organisierte, hatte er Gelegenheit, viele Persönlichkeiten kennenzulernen. „Er durfte eine Woche mit dem österreichischen Bergsteiger Peter Habeler verbringen, traf Reinhold Messner und Markus Wasmeier.“

Clemens Fütterer in seinem Element: Der letzte klassische Chefredakteur der Tageszeitung war seiner Region zutiefst verbunden und hielt vor Ort Augen und Ohren offen. Foto: jrh

Vor dem Ja-Wort: Jedes Wort überlegt

In 33 Jahren Ehe mit der großen Liebe seines Lebens, durch alle Höhen und Tiefen, hat er genauso eine Heimat gefunden wie zuletzt in Vohenstrauß. Dabei hätten Parteifreunde bei der ersten Begegnung der beiden bei einer Veranstaltung der Jungen Union gewarnt: „Sei vorsichtig Claudia, da kommt der Fütterer, da musst du dir jedes Wort genau überlegen.“

Die Annäherung von Politik und Journalismus gelang auch deshalb, weil Clemens nie auf Sensationsmache aus war. „Das Kürzel cf steht für einen unserer profiliertesten Mitarbeiter seit Jahrzehnten“, sagte Verleger German Vogelsang beim Abschied des scheidenden Chefredakteurs vor fünf Jahren. „Dass bei ihm investigativ und seriös zusammengehörten, ist das höchste Lob, das man einem Journalisten aussprechen kann.“

Hunderte Oberpfälzer verneigen sich vor dem Ausnahmejournalisten Clemens Fütterer in der Stadtpfarrkirche Vohenstrauß. Foto: Jürgen Herda

Clemens tiefsinnige Kommentare

Pfarrer Hösl schätzte die „tiefsinnigen Kommentare“ des Ausnahmejournalisten, der seine Laufbahn 1978 beim „Waldnaab Anzeiger“ begann, und nach Banklehre und Volontariat bei den „Oberpfälzer Nachrichten“ ab 1981 einen steilen Aufstieg beim „Neuen Tag“ als Lokalchef und schließlich Chefredakteur hinlegte.

„Da schreibt ein Mensch mit einem Wertefundament“, lobt der Geistliche. Das vermisse man in der derzeitigen Medienlandschaft. „Das würde man sich zurückwünschen.“ Clemens habe darunter gelitten, wie sich der Journalismus entwickle, in dem allzu oft nur noch die Klicks zählten: „Nicht selten wird der Fokus auf Sensationen gelegt, das war bei Clemens anders.“

Reinhard Fütterers bewegende Abschiedsworte an seinen Bruder Clemens. Foto: Jürgen Herda
Reinhard Fütterers bewegende Abschiedsworte an seinen Bruder Clemens. Foto: Jürgen Herda
Erntedank und ein großer letzter Dank an unseren Freund und Wegbegleiter Clemens Fütterer. Foto: Jürgen Herda
Erntedank und ein großer letzter Dank an unseren Freund und Wegbegleiter Clemens Fütterer. Foto: Jürgen Herda
Hunderte Oberpfälzer verneigen sich vor dem Ausnahmejournalisten Clemens Fütterer in der Stadtpfarrkirche Vohenstrauß. Foto: Jürgen Herda
Hunderte Oberpfälzer verneigen sich vor dem Ausnahmejournalisten Clemens Fütterer in der Stadtpfarrkirche Vohenstrauß. Foto: Jürgen Herda
Hunderte Oberpfälzer verneigen sich vor dem Ausnahmejournalisten Clemens Fütterer in der Stadtpfarrkirche Vohenstrauß. Foto: Jürgen Herda
Hunderte Oberpfälzer verneigen sich vor dem Ausnahmejournalisten Clemens Fütterer in der Stadtpfarrkirche Vohenstrauß. Foto: Jürgen Herda
Reinhard Fütterers bewegende Abschiedsworte an seinen Bruder Clemens. Foto: Jürgen Herda
Erntedank und ein großer letzter Dank an unseren Freund und Wegbegleiter Clemens Fütterer. Foto: Jürgen Herda
Hunderte Oberpfälzer verneigen sich vor dem Ausnahmejournalisten Clemens Fütterer in der Stadtpfarrkirche Vohenstrauß. Foto: Jürgen Herda
Hunderte Oberpfälzer verneigen sich vor dem Ausnahmejournalisten Clemens Fütterer in der Stadtpfarrkirche Vohenstrauß. Foto: Jürgen Herda

Abschied vom geliebten Bruder, Freund und Kameraden

Stadtpfarrer Alexander Hösl nutzt die Trauerfeier auch, um an die Einsatzkräfte am Unfallort zu erinnern, die die schlimmen Bilder erst einmal verarbeiten müssten: „Im Namen der Ehefrau ein herzliches ,Vergelt’s Gott‘ an die Unfallhelfer.“ Clemens Tod habe keinen Abschied ermöglicht. „Diese Geschichte ist zu Ende.“ Auch deshalb lässt er jetzt Raum für die intimen Gedanken der Brüder, Freunde und Vereinskameraden.

„Lieber Clemens“, trägt Reinhard Fütterer für sich und seinen Bruder Stefan vor, „wir haben nicht nur einen Bruder, sondern auch einen Freund verloren, den wir nicht vergessen werden.“ Das Leben sei von Zufällen bestimmt: „Wer hätte beim letzten Abschied gedacht, dass wir uns nie mehr sehen“, erinnert er erschüttert an die letzte Begegnung. Es bleiben die Erinnerungen an 40 Jahre gemeinsame Ausflüge in die Berge: „Wir erklommen manche Gipfel, aber besonders denke ich an die wunderbaren Abende danach.“ Der gemeinsame Lebensweg sei geprägt von vielen schönen Momenten: „Daran soll man sich erinnern.“

Spätestens jetzt dürfte jedem bewusst sein, dass alles im Leben an einem seidenen Faden hänge. „Es gibt nichts, was den Verlust ersetzen kann“, sagt Reinhard und kämpft mit den Tränen. „Man muss es aushalten, durchhalten, das Leben ist nicht immer fair – aber du lebst in uns weiter.“ Vor über 50 Jahren habe Clemens die Pfadfinder Neuhaus mitgegründet und geleitet. Deshalb passe an dieser Stelle nichts besser als das Pfadfinderlied:

Nehmt Abschied, Brüder, ungewiss
Ist alle Wiederkehr,
Die Zukunft liegt in Finsternis
Und macht das Herz uns schwer.

Nehmt Abschied Brüder schließt den Kreis,
Das Leben ist kein Spiel.
Nur wer es recht zu Leben weiß,
Gelangt ans große Ziel.

Ein besonders rührender Moment sind die Abschiedsworte von Enkel Jakob: „Wir verabschieden uns von unserem Opa, wir hätten ihn gerne noch länger gehabt, aber sind dankbar für die gemeinsame Zeit.“ Assistiert vom Chor auf der Empore mit Dietrich Bonhoeffers tröstenden Versen: „Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Gefolgt von Henry Scott Hollands Worten: „Der Tod ist nichts. Ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen. Ich bin ich, ihr seid ihr. Das, was ich für euch war, bin ich immer noch. Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt.  … Warum soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein, nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin? Ich bin nicht weg, nur auf der anderen Seite des Weges.

Den bitteren Anlass nimmt auch der Kirchenchor Pleystein zum Anlass, um sich mit den Worten Immanuel Kants bei Clemens zu verabschieden: „Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern. Tot ist nur, wer vergessen wird.“ Man werde ihn aber nicht vergessen.

Das gilt auch für seine Lions-Brüder Wolfgang Würschinger und Harald Märtin, die sich im Duett von ihm verabschieden: „Wir trafen uns regelmäßig am Freitag im Hennaloch, ein Wirtshaus, das eigentlich schon fast vergessen ist – dich vergessen wir niemals.“ 27 Jahre habe man gemeinsam mit ihm den Lions-Club gestaltet. „Es war schön, mit ihm zusammen sein zu können.“ Ein herzensguter Wegbegleiter sei er gewesen. „Es war fast unheimlich, wie freudestrahlend er gerade in letzter Zeit durchs Leben ging – und dann wird er auf einmal abberufen.“

Clemens habe den Weidener Löwen die urigsten Zoiglstuben gezeigt. „In den ausgeräumten Wohnungen der Zoiglwirte haben wir viele lustige Abende verbracht.“ Oft habe man dort auch Clemens‘ Vater Otto getroffen: „Jetzt bist du wieder bei deinem Vater, aber hier unten fehlst du uns.“ Ein wenig müsse man den Freund aber auch tadeln, sagt Märtin: „Du hast uns beigebracht, dass man sich immer bedächtig, langsam und vorsichtig bewegt – warum hast du das am Montag nicht gemacht?“

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