Rupprecht im Echo-Interview (5): Mit vernetzter Medizin zur Gesundheitsregion der Zukunft

Weiden. Die CSU will die Krankenhaus-Reform an die Bedürfnisse des ländlichen Raums anpassen. Dennoch wird sich die Krankenhauslandschaft verändern. Das muss nicht von Nachteil sein, argumentiert der Weidener Bundestagsabgeordnete Albert Rupprecht.

Minister Albert Füracker im Gespräch mit Landrat Roland Grillmeier und MdB Albert Rupprecht. Bild: Jürgen Herda

Wie geht es mit der Krankenhausreform weiter?

Rupprecht: Es ist mein Job, dafür zu sorgen, das Lauterbach-Gesetz so zu modifizieren, dass es für uns praktikabel ist – in Absprache mit dem Klinikum und Anregungen daraus in die Landesgruppe einzubringen. Wir haben uns auf Punkte verständigt, die geändert werden müssten. Inwieweit die noch in das in 100-Tage-Programm der Union aufgenommen werden, weiß ich nicht. Erstens ist eine Brückenfinanzierung des Bundes, die nicht beschlossen wurde, zwingend. Zweitens sind Lauterbachs Qualitätskriterien zu zentralistisch, sie passen zu ländlichen Regionen gar nicht. Drittens sind die Vorhaltepauschalen so gestrickt, dass sie nicht ausreichen – sie müssen angepasst werden. Ich bin gerade dabei, die Auswirkungsanalyse des Bundes, die wir nicht vorliegen hatten, auszuwerten. Sie liegt jetzt auch den Ländern vor.

Ich habe in Rücksprache mit den Landräten und dem Klinikvorstand vereinbart, mit ihnen zu besprechen, welche Forderungen wir daraus ableiten. Albert Rupprecht

Wo sehen Sie Handlungsbedarf in Bezug auf die KNO?

Rupprecht: Ich bin in Austausch mit einem Medizinunternehmer, der auch die Situation in der Nordoberpfalz kennt. Er empfiehlt, die neuen technischen Möglichkeiten ergänzend noch besser zu nutzen. Viele Patienten sind oft skeptisch, was die Telemedizin betrifft. Dabei führt sie oft zu besseren Diagnosen, weil die jeweiligen Spezialisten mit draufschauen. Der Unternehmer kennt sowohl MVZ als auch Krankenhäuser, er kann die Qualität vergleichen.

Seit 1. April gibt es am Tirschenreuther Krankenhaus anstelle der Notaufnahme eine Notfallambulanz. Foto: Theo Kurtz

Die Stimmung bei den KNO ist nicht die beste – wie wollen Sie da eine gemeinsame Aufbruchstimmung erzeugen?

Rupprecht: Alles, was wir tun, wird scheitern, wenn wir nicht die Beschäftigten mitnehmen. Sie müssen sich da wiederfinden, weil wir einen Fachkräftemangel bekommen, dass es kracht. Wir müssen mit den Leuten gemeinsam eine Konzeption entwickeln, damit sie sagen:

Das ist der Arbeitsplatz, den ich mir vorstelle, die Arbeit, die ich machen möchte. Albert Rupprecht über die Erwartungshaltung der Pflegekräfte

Die Akzeptanz für Veränderungen hält sich in der Bevölkerung in Grenzen, wie man an den Protesten gegen die Maßnahmen am Tirschenreuther Krankenhaus gesehen hat …

Rupprecht: Für Senioren ist natürlich eine medizinische Versorgung in der Region auf hohem Niveau ein existentieller Baustein. Um im Zuge der demografischen Entwicklung die steigenden Gesundheitskosten zu bewältigen, müssen wir beim Technologie-Transfer eine Schippe drauflegen. Ich bin bei diesem Thema in ständigem Austausch mit einem Unternehmer aus der Gesundheitsbranche, der in allen Details von Kliniken über MVZs bis Arztpraxen engagiert ist.

Bisher haben die Patienten vor allem den Eindruck, dass sie immer weitere Wege zur nächsten Klinik zurücklegen müssen …

Rupprecht: Es muss nicht alles in der Region stattfinden, dafür gibt es für einige Operationen, die man planen kann, hoch spezialisierte Zentren. Eine derart hohe Spezialisierung und Qualifizierung kann nicht überall stattfinden. Wir brauchen in der Region eine angepasste Struktur, bei der alle Elemente ineinandergreifen. Die Akutversorgung vor Ort ist gewährleistet. Was wir aber an Möglichkeiten in den nächsten Jahren dazu bekommen werden, ist eminent.

Wir müssen den Prozess aber so organisieren, dass alle Bereiche aufeinander abgestimmt sind. Albert Rupprecht

Alle Parteien schreiben sich den Bürokratieabbau auf die Fahnen, gelungen ist er noch keiner Partei. Auch, weil in Jahrzehnten gewachsener Demokratie, die Mitwirkungsrechte etwa bei Bauprojekten gestärkt wurden, weil Umweltschutz, Verbraucherschutz und Datenschutz einen höheren Stellenwert bekamen und Gerichte Verstöße dagegen reglementierten. Wie wollen Sie diesen gordischen Knoten durchschlagen?

Rupprecht: Das ist tatsächlich das dickste Brett, das wir bohren müssen. Im Abbau sind bisher alle gescheitert. Wir schaffen das nur, wenn wir rechtssystematisch andere Wege gehen. Etwa im Baurecht: Wenn eine Behörde gegen einen Bauplan nicht innerhalb einer bestimmten Frist interveniert, gilt er als genehmigt.

Ist das realistisch: Wird es dann nicht Klagen hageln, etwa weil der Brandschutz nicht eingehalten wurde oder bestimmte Umweltstandards?

Rupprecht: Das geht an die Substanz der Gewaltenteilung und gewachsener demokratischer Strukturen. Aber andererseits, wie oft wird gesagt: Das Bundesverfassungsgericht würde etwas nicht mittragen. Aber kein Richter entscheidet im luftleeren Raum. Das allermeiste, ist im parlamentarischen Verfahren beschließbar. Vor allem, wenn gut gemeinte umweltpolitische Maßnahmen das Gegenteil erreichen.

Sollen Richter entscheiden, welche Umweltschutz-Maßnahmen sinnvoll sind?

Rupprecht: Ich versuche es, an einem Beispiel zu erklären, auch wenn das Heizungsgesetz bereits mehr als auserzählt ist. Habeck versuchte damit, zumindest in der ursprünglichen Fassung, alle über den gleichen Kamm zu scheren. Und er erreicht damit das genaue Gegenteil seines Klimaziels für den Bausektor.

Das Heizungsgesetz bringt 0,0 CO₂-Einsparung, aber führt zu einer Bürokratie, die dramatisch ist. Albert Rupprecht

Dasselbe gilt für die EU-CSR-Direktive, wonach das ESG-Reporting – [Anm. d. Red.: Environmental Social Governance, zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung] – für viele Unternehmen zur Pflicht wird. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist purer Wahnsinn. Für 15.000 Unternehmen bedeutet das 1500 Datenpunkte zusätzlich, die sie veröffentlichen müssen. Die Ampel hat es nicht mehr verabschiedet, was zu einem Verfahren gegen Deutschland führt. Es braucht deshalb sofort ein Moratorium, nicht weil ich gegen Umweltschutz bin, im Gegenteil, sondern weil es gar nichts bringt.

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