Jahn in Liga 2: Kleines Weihnachtswunder gegen den SV Darmstadt der Stunde?
Regensburg. Noch eine letzte vage Hoffnung für den SSV Jahn am Sonntag, 13.30 Uhr, vor der Winterpause gegen Bundesliga-Absteiger SV Darmstadt 98, der sich unter Florian Kohfeldt zur Mannschaft der Stunde gemausert hat. Einen Vorteil hat die Misere: Tiefer kann Regensburg nicht fallen.

Florian Kohfeldt ist wieder da: Der 42-jährige Siegener ist so was wie der Andi Möller der deutschen Fußballtrainer – das ewige Talent der Übungsleiter, dem nach vielversprechenden Anfängen der große Durchbruch bisher verwehrt blieb. Ob in Bremen, Wolfsburg oder Eupen: Anfangserfolgen, die aufhorchen ließen, folgten Pleiteserien, die zum vorzeitigen Aus des Amazon-Prime-Experten führten.
Jetzt also Darmstadt, wo Thorsten Lieberknecht nach dem Bundesliga-Abstieg den Neuaufbau in der Zweiten Liga begann – und nach ersten Rückschlägen einigermaßen überraschend das Handtuch warf. Seit Kohfeldt Anfang September die Regie bei den Lilien übernahm, verloren die Lilien von neun Partien nur eine – seit sechs Pflichtspielen sind die Hessen ungeschlagen.
Die Offensive ist dabei so richtig ins Rollen gekommen. Im Schnitt schießen die Darmstädter drei Tore, gerne lassen sie aber auch mal 5 gerade sein – wie beim 5:1 gegen Kaiserslautern am vergangenen Samstag, was den SV mit 35 Toren vor dem HSV (34) zur treffsichersten Truppe avancieren ließ. Wird Darmstadt Kohfeldts Durchbruch – oder bleibt’s bei einem Strohfeuer?
Patz: „So ein bisschen in den Rausch gespielt“
Dass „Darmstadt so ein bisschen die Mannschaft der Stunde“ ist, ist auch Jahn-Trainer Andi Patz nicht entgangen. Der Nachfolger von Joe Enochs hat mit einem Sieg, einem Remis und vier Niederlagen bisher keine Wende im Abstiegskampf des Zweitliga-Schlusslichts bewirken können. „Wir wissen, was da auf uns zukommt“, sagt der 41-Jährige – wie schon vor Karlsruhe – über den Gast am Sonntag, 13.30 Uhr, der „sich so ein bisschen in den Rausch gespielt hat“.
Viel individuelle Qualität bringe der mit: „Gerade auch in der Offensive, die viel Tiefgang hat, eine gute Boxbesetzung“, bei zweiten Bällen sehr präsent sei, die Bälle immer wieder reinspiele. Aber auch in der Defensive eine sehr gute Ordnung besitze, wo alle sehr gut gegen den Ball arbeiteten. Nichts Neues also. Das hat man so oder sehr ähnlich schon öfters gehört. Genauso wie die daraus resultierenden Schlussfolgerungen.
Kohfeldt: „Kein sehr grüner Rasen“
„Und da gilt’s, unsere Momente zu nutzen“, sagt Patz, „wo wir das ein oder andere ausgemacht haben, wo wir unsere Stärken einbringen können.“ Da müsse man einfach da sein. „Aber erst mal heißt’s, defensiv gut arbeiten, die Stärken des Gegners wegnehmen, im Kollektiv gut verteidigen.“ Die kuriose Pleite in Karlsruhe mit dem Elfmeterfestival habe aber auch gezeigt, „dass wir mithalten können“. Umgekehrt hätte das Spiel aber auch aufgezeigt, „dass jeder Fahler knallhart bestraft wird. Da müssen wir ansetzen.“
Dafür habe er die Jungs sensibilisiert: „Dass wir den vollen Fokus darauf haben müssen über 90 Minuten.“ Grau ist alle Theorie, aber Grün des Stadions Rasen auch nicht mehr, wie Gästetrainer Kohfeldt beklagt: „Das ist ein schwerer Platz“, sagt der Lilien-Trainer, der mit Werder Bremen – einmal mit der ersten Mannschaft im Pokal, einmal mit der zweiten in der Dritten Liga – schon zweimal dort gespielt hat. „Auf einem solchen Boden braucht es eine hohe Konzentration, wenn man mit vielen Pässen spielen will.“
Kleines Weihnachtswunder ohne Sieben
Das kleine Weihnachtswunder muss Jahn-Coach Patz ohne Sieben in Angriff nehmen: Außer den Langzeitverletzten fallen bekanntlich auch Sebastian Ernst, Nico Ochojski und Dejan Galjen aus. Ob Poldi Wurm, der sich wieder im Lauftraining befindet, am Sonntag dabei sein kann, „muss man schauen“. In der langen Woche habe das Trainerteam „an den Inhalten arbeiten“ und „das Spiel in Karlsruhe aufarbeiten“ können: „Das hat nochmal kurz wehgetan, wenn man dann sieht, wie wir das Spiel unterm Strich verloren haben.“
Da sei mehr drin gewesen: „Wir wollten da was mitnehmen, aber ganz klar auch, die Fehler dürfen so nicht passieren, wenn wir bei so einem Gegner wie Karlsruhe was mitnehmen wollen.“ Nur Mut also? „Wenn man die Leistung sieht, dann ist auch vieles Gutes dabei, wie wir auswärts aufgetreten sind bei so einem Gegner, wie wir uns Chancen erspielt haben.“ Auch wenn man defensiv nicht an die 100 Prozent gekommen sei. Die Basis gegen den SV müsse die Defensive sein: „Aber auch mit der Wucht und ein bisschen Selbstvertrauen in der Offensive“ könne man Darmstadt wehtun.
Die Freude wäre ganz unsererseits …
„Man hat auch gesehen, dass wir mithalten können.“ Auch das „ein oder andere Lob“ habe man bekommen. „Nur für das Lob können wir uns nichts kaufen.“ Aber in besagter langer Woche habe er die Jungs wieder in die Spur bringen können. Denn schließlich: „Wir wollen das letzte Spiel nochmal mit Freude angehen, gerade zu Hause auch noch mal genießen, und den Fans und dem Verein was zurückgeben.“
1300 Fans begleiten den SV Darmstadt 98 zum letzten Spiel des Jahres. Fehlen werden den Gästen neben den Langzeitverletzten Klaus Gjasula (krank), ein Fragezeichen steht noch hinter dem zuletzt ebenfalls erkrankten Tobias Kempe. Besonders schmerze Trainer Kohfeldt der Ausfall von Isac Lidberg, der wegen einer Muskelverletzung im Oberschenkel auch die ersten Spiele der Rückrunde verpassen wird.
Kohfeldt nimmt die Favoritenrolle gerne an
Mit breiter Brust erwartet Lilien-Coach Florian Kohfeldt den SSV Jahn, der von den vergangenen fünf Spielen vier verloren und einmal mit 0:0 in Braunschweig teilgepunktet hat, wohl eher nicht. „Es wäre ein bisschen albern zu sagen, dass wir von der Papierform her nicht der Favorit sind“, sagt der Lieberknecht-Nachfolger.
„Aber das waren wir gegen Ulm und Münster auch.“ Und gegen die bessere Aufstiegsverwandtschaft der Regensburger blieben die erhofften Dreier aus. „Ich werde nicht müde zu betonen, dass das gar nichts heißt für Sonntag. Unsere innerliche Beschäftigung mit dem Gegner nötigt uns Respekt vor ihm ab.“
Schließlich sehe der Darmstädter Fußballlehrer beim Jahn durchaus eine fußballerische Entwicklung: „Sie haben vor allem ihr Defensivverhalten verbessert“, findet er, „vom wilden und tiefen Verteidigen hin zu gut organisiertem Pressing.“ Und dass in Karlsruhe für Regensburg mehr drin war, ist ihm ebenfalls nicht entgangen: „Sie haben zwei Tore erzielt, und sie hatten durchaus die Möglichkeit, dort etwas mitzunehmen.“
Das Ziel sei dennoch eindeutig: „Wir wollen das Spiel gewinnen und das Jahr so beenden, dass es sich gut anfühlt für uns.“ Er erwarte, dass Regensburg defensiv agieren werde: „Ich hoffe und bin aber auch sicher, dass wir in den letzten Wochen versucht haben, weitere Lösungen gegen solche Gegner zu finden.“ Es sei ja auch irgendwie schön, „30 Meter vor dem gegnerischen Tor den Ball zu haben“. Den adventlichen Schlusspunkt muss der Coach ohne Matthias Bader und Paul Will setzen.
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1 Kommentare
Liebes Oberpfalz Echo, recherchieren für euch leicht gemacht: Darmstadt hat unter Kohfeldt von insgesamt 14 Pflichtspielen zwei verloren (Liga und Pokal)und ist seit neun Ligaspielen ungeschlagen. Letzte Niederlage in Bremen, vor drei PFLICHTspielen. Ist doch eigentlich gar nicht so schwer. Lilien-Grüsse und frohes Fest!