Straftäter mit Ehrgefühl: Gericht zeigt sich beeindruckt
Weiden. Die beiden Bosnier, die sich vor dem Schöffengericht ihrer Verantwortung stellten, beeindruckten Staatsanwaltschaft und Schöffengericht. Das schlug sich auch im Urteil nieder.

Es gibt sie offensichtlich doch, die Straftäter mit einem gewissen Ehrgefühl. Anders ist nicht zu erklären, dass zwei Bosnier aus ihrer Heimat über 1000 Kilometer anreisten, um sich ihrer Verantwortung zu stellen. Immerhin befanden sie sich auf freiem Fuß und die Gerichtsverhandlung hätte eine mehrjährige Haftstrafe nach sich ziehen können. „Das ist durchaus eine nicht alltägliche Situation“, vermerkte Hans-Jürgen Schnappauf, der Vorsitzende Richter des Schöffengerichtes in Weiden.
28 Menschen über die tschechische Grenze geschleust
Wolfgang Voit, Gruppenleiter bei der Staatsanwaltschaft in Weiden, legte den beiden Lastwagenfahrern gemeinschaftliche lebensgefährliche Einschleusung von nicht aufenthaltsberechtigten Personen zur Last. In der Anklageschrift befanden sich Details über den Ablauf der Schleusung: Die beiden Angeklagten wurden demnach von einem kroatischen Fuhrunternehmer beauftragt, türkische Flüchtlinge über die tschechische Grenze nach Deutschland zu bringen. Dazu erhielten sie vom Auftraggeber, der mittlerweile inhaftiert ist, genaue Anweisungen über die Route und das Verhalten gegenüber den 28 Flüchtlingen.
Angeklagte wussten genau über die Schleusung Bescheid
Ausgangspunkt der Schleuserfahrt war die tschechische Bezirksstadt Rokycany an der E50. Laut Auftraggeber hatten die beiden Bosnier an einem Parkplatz Pause einzulegen und sich von ihrem Lastwagen zu entfernen. Zuvor wurden die Planen gelockert, damit die Flüchtlinge auf die Ladefläche klettern konnten. Danach bestiegen 28 türkische Frauen und Männer den Hänger und versteckten sich ungesichert zwischen der Ladung, die aus Maschinenbauteilen bestand. Gerade das Wissen um die lebensgefährliche Unterbringung auf der Ladefläche war für Staatsanwalt Wolfgang Voit besonders strafwürdig.
Verständigung vor der Beweisaufnahme
Hans-Jürgen Schnappauf schlug nach der Verlesung der Anklage ein Rechtsgespräch vor. Dieses ergab, dass Staatsanwaltschaft und Gericht sich ein Strafmaß von 18 bis 25 Monaten vorstellen könnten, das zudem zur Bewehrung ausgesetzt werden könnte. Die beiden Schleuser nützen dieses Angebot und machten reinen Tisch. Sie gestanden die Schleuserfahrt im September 2022, nannten den Hintermann und zeigten sich mit dem Einzug des Schleuserlohns in Höhe von 5000 Euro einverstanden.
Geständnis erleichtert Gerichtsverfahren
Die beiden zur Beweiserhebung vernommenen Polizei- beziehungsweise Zollbeamten bestätigten die erhobenen Vorwürfe. Der Zugriff erfolgte auf einem Parkplatz bei Wieselrieth/Leuchtenberg. In der Lastwagen-Röntgenanlage in Wernberg-Köblitz zeigte sich schnell, dass sich zwischen den Ladungsteilen insgesamt 28 Menschen saßen. Nachdem das vollumfängliche Geständnis zu Beginn des Verfahrens gegeben wurde, das nun zusätzlich durch die Einlassungen der ermittelnden Beamten erhärtet wurde, verzichteten alle Prozessbeteiligten auf weitere Zeugenvernehmungen.
Bewährungsstrafe als Anerkennung
In seinem Plädoyer hob Staatsanwalt Wolfgang Voit hervor, dass für vergleichbare Schleusungen ein Strafmaß zwischen sechs Monaten und zehn Jahren im Gesetz verankert sind. Gerade die potenzielle Lebensgefahr für 28 Menschen wiege besonders schwer.
Andererseits lobte er den bemerkenswerten Umstand, dass sich die beiden Bosnier nach ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft dem Risiko einer Haftstrafe stellten. Als straf- und schuld angemessen nannte er eine Strafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden könnte.
Die Pflichtverteidiger Stephan Schütz und Rouven Colbatz sowie Wahlverteidiger Alois Kovac (Offenbach) plädierten dafür, das Strafmaß von 18 Monaten zur Bewährung nicht zu überschreiten.
Richter Hans-Jürgen Schnappauf verhängte mit seinen Schöffen eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Die beiden Bosnier verließen unter Bewährungsauflagen den Gerichtssaal in Richtung Heimat.
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