Takis Würger überrascht bei Weidener Literaturtagen mit Bonus-Lesung
Weiden. Bei der Eröffnung der Weidener Literaturtage spricht Oberbürgermeister Jens Meyer von Inspirationen und Überraschungen bei der Begegnung mit Autoren. Das bewahrheitete sich bei der Lesung mit Takis Würger beeindruckend.

Es ist ein treues Publikum, das die Weidener Literaturtage seit Jahren begleitet. Und es wird bei der Lesung in der Buchhandlung Rupprecht reichlich belohnt. Was mit viel Selbstironie und humorvollen Anekdoten aus dem Leben des Autoren Takis Würger beginnt, entwickelt sich im Laufe des Abends zu einem stillen und nachdenklichen Event der Extraklasse.
Takis Würger – ein Autor zum Anfassen
Pünktlich um 20 Uhr betritt der 2-Meter-Mann („In Wirklichkeit bin ich nur 1, 98 Meter“) mit der strubbeligen Frisur gemeinsam mit Buchhändlerin Maria Rupprecht die Bühne. Gleich zu Beginn überrascht der 1985 in Niedersachsen geborene Journalist mit einer Liebeserklärung an Weiden: „Vor einigen Jahren war ich schon einmal in Weiden und bin barfuß durch die Fußgängerzone und die Weidener Buchhandlungen spaziert. Schon damals war ich vom Flair der Stadt überaus begeistert.“
So unkonventionell wie die erste Begegnung mit der Oberpfalz, so verläuft auch das bisherige Leben Würgers: Er ist für das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ als Kriegsreporter im Irak, praktiziert Boxen als Lieblingssportart („Ja, meine Nase wurde mehrfach gebrochen –ich habe mich aber revanchiert“), lebt längere Zeit in den USA, studiert in Cambridge Ideengeschichte und verdingt sich nun als freischaffender Buchautor.
Vom „Spiegel“ zum Buchautor
„Nach 13 Jahren in der Spiegelredaktion war es Zeit, etwas Neues zu machen“, beantwortet Würger die Frage nach seinem Beweggrund, die sichere Stelle zu kündigen. „Ein Journalist ist ständig mit dem Notizblock unterwegs und hat permanent den Redaktionsschluss im Nacken. Ein Buchautor dagegen besitzt die Freiheit, einen Gedanken zu entwickeln und kann sich die Zeit weitgehend selbst einteilen.“
Diese Freiheit setzt der Schriftsteller auch für seinen neuen Roman „Unschuld“ ein. Um die Handlung möglichst detailreich schildern zu können, zieht er für mehrere Monate in die USA. Die amerikanische Kleinstadt Rosendale, etwa 2 Stunden von New York entfernt, in der die Geschichte angesiedelt ist, existiert tatsächlich. Etliche Personen, die in dem Buch auftauchen, entspringen der Wirklichkeit. Gerade diese feinen Beobachtungen machen die Qualität dieses Buches aus.
Amerika aus der Sicht eines Deutschen
Trotz aller Sympathie für die aus seiner Sicht großartige multikulturelle Nation spürt man die Zerrissenheit bei aller Bewunderung: „Einerseits gibt es in Nordamerika die besten Universitäten der Welt, andererseits gibt es in vielen Bundesstaaten die Todesstrafe und den ungezügelten Waffenbesitz.“
Genau dieses Spannungsfeld ist das Kernthema des sehr lesenswerten Buches. Gekonnt stellt Würger einige Kapitel seines Buches vor, ohne aber die Neugierde auf das Buch zu zerstören.
Plötzlich wird es still
Takis Würger wäre nicht der Shootingstar der deutschen Literaturszene, wenn er nicht eine Überraschung im Gepäck hätte. Bereits am Vormittag las er aus seinem Buch „Noah – Von einem, der überlebte“ in der Oberstufe des Augustinus-Gymnasiums. Dieses präsentiert er nun auch seinem abendlichen Publikum quasi als Bonus.
Er bezeichnet seine Veröffentlichung als großen Meilenstein in seinem noch jungen Werk. Ähnlich dem zu Beginn der Lesung vorgestellten Roman hat er auch für „Noah“ eine dreimonatige Recherche vor Ort durchgeführt. Um die Lebensgeschichte des Holocaust-Überlebenden Noah Klieger aufzuschreiben, zieht er deshalb nach Tel Aviv. Dort interviewt er den inzwischen verstorbenen, damals 92-jährigen Überlebenden des Konzentrationslagers Ravensbrück.
„Bravo, Würger!“
Mit stockender Stimme liest der sichtlich angefasste Takis Würger Passagen aus diesem Buch vor und verleiht diesem Abend eine ganz besonders eindrucksvolle Note. „Noah Klieger hatte tatsächlich eine Verbindung nach Weiden, denn sein Bruder arbeitete nach dem Krieg als Rabbi in der hiesigen jüdischen Gemeinde. Übrigens leben noch immer Verwandte in der Nördlichen Oberpfalz!“
Besonderen Eindruck hinterlässt der Autor beim Abendpublikum mit der Überraschung, dass er auf das gesamte Honorar seines Weidener Engagements verzichte. Stattdessen spendet er einen Klassensatz des vorgestellten Buches für die Schülerbücherei. Der „echte“ Noah hielt übrigens kurz vor seinem Tod das fertige Buch noch in seinen Händen und lobte es mit den knappen Worten „Bravo, Würger!“
Bemisst man den Erfolg am großen Andrang am Büchertisch, dann haben die Macher der Weidener Literaturtage wieder einen absoluten Volltreffer gelandet.
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