Sexuelle Nötigung und „Gesäßbeleidigung“
Weiden. Wegen sexueller Nötigung und mehrfacher Beleidigung von Polizeibeamten stand ein 23-jähriger Mann vor dem Schöffengericht. Ihm fehlten sämtliche Erinnerungen an den Tathergang.

An der Nationalität des Angeklagten lag es ganz bestimmt nicht, dass sich der stellvertretende Amtsdirektor Hubert Windisch zunächst mit dem jungen Deutschen nicht verständigen konnte. Vielmehr lag es daran, dass dieser der mehrfachen dringenden Bitte nicht nachkam, etwas lauter zu sprechen. Ganz pragmatisch ordnete der Richter daraufhin das Heranrücken von Tisch und Stühlen an das Richterpodium an.
Vorwurf sexuelle Nötigung
Erst nach dem Ausräumen der akustischen Verständigungsprobleme konnte Staatsanwalt Christoph-Alexander May mit dem Verlesen der Anklageschrift beginnen. In dieser wurden dem Angeklagten vorgeworfen, dass dieser noch vor Mitternacht seine damalige Freundin auf dem Gelände der OTH zum Beischlaf zwingen wollte. Die junge Frau konnte sich befreien und rief die Polizei. Die Beamten nahmen den 23-Jährigen am Tatort fest und brachten ihn zur Untersuchung des Sachverhalts zur Polizeidienststelle in die Regensburger Straße. Dort beleidigte er eine Polizistin und einen Polizisten, die daraufhin Strafantrag stellten.
Totalausfall des Gedächtnisses unglaubwürdig
Strafverteidiger Jonathan Mirus erklärte im Namen seines Mandanten, dass dieser die Anschuldigungen vollumfänglich einräume, sich aber an nichts mehr erinnern könne. Sowohl Richter als auch Staatsanwalt warfen dem Angeklagten daraufhin vor, dass der komplette Erinnerungsausfall sehr unglaubwürdig sei: „Die in den Polizeiakten protokollierten 1,26 Promille Alkohol im Blut führen normalerweise nicht zu einem kompletten Gedächtnisverlust. Damit machen Sie es sich viel zu leicht“, meinte Richter Hubert Windisch. Selbst das im Körper nachgewiesene THC, das auf Konsum von Cannabis, rückschließen lässt, führt nicht zu einem Totalkollaps des Erinnerungsvermögens.
Opfer schildert Eifersucht des Angeklagten
Um die Tatnacht besser einordnen zu können, wurde die damalige Freundin des Angeklagten in den Zeugenstand gerufen. Sie bescheinigte ihrem Ex-Freund für diesen Abend einerseits eifersüchtiges Verhalten, weil ein Freund sie mehrfach ansprach. Andererseits stellte sie eine starke Alkoholisierung ihres Begleiters fest. Noch vor Mitternacht wurde die 19-Jährige vom Täter in ein Dornengebüsch bei der OTH geworfen und mit einem Faustschlag ins Gesicht traktiert. Zusätzlich riss der Mann der sich heftig Wehrenden die Oberkleidung vom Körper. „Um mich zu retten, ging ich scheinbar auf den Sexwunsch ein, konnte aber bei der nächsten Gelegenheit flüchten und die Polizei rufen.“
Polizeibeamte beleidigt
Als die in den Zeugenstand geladene Polizeibeamtin von der Tatnacht beziehungsweise von der Vernehmung des Beschuldigten berichtete, konnte man es fast nicht glauben: Vor Gericht leise murmelnd, blass, keinerlei Regung im Gesicht, hat der junge Mann im Polizeigewahrsam „den großen Hammer“ herausgeholt. Deshalb durfte der Beschuldigte bei der Vernehmung des Polizeigebäudes Handfesseln genießen. Aus dem Protokoll geht ein ganzes Arsenal von Schimpfworten hervor, das sich die Polizeibeamtin anhören musste.
Danach übernahmen zwei Polizisten und brachten ihn ein Geschoss tiefer, wo die Abkühlzelle für renitente Gäste der Polizei liegt. Dort angekommen, passte sich der Verhaftete verbal dem Geschossniveau des Polizeikellers an. Er spreizte seine Backen und hielt diese mit unflätigen Bemerkungen den Beamten ins Gesicht. Diese revanchierten sich mit einer Strafanzeige wegen Beleidigung. Den Vorgang nannte der Vorsitzende Richter eine „Gesäßbeleidigung“, die sich ein Polizeibeamter nicht bieten lassen muss.
Keine Regung bei der Urteilsverkündung
Staatsanwalt May forderte in seinem Plädoyer eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Er sah den Tatbestand der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie Beleidigung erfüllt. Etwas darunter – mit einem Jahr und acht Monaten – lag der Strafantrag von Strafverteidiger Jonathan Mirus. Ohne sichtliche Regung nahm der Mann den Urteilsspruch von Richter Hubert Windisch entgegen. Dieser verhängte ein Jahr und acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie nachweisliche Drogen-Abstinenz, die in Zusammenarbeit mit dem Bewährungshelfer drei Jahre lang überprüft wird. Nachdem alle Parteien auf Rechtsmittel verzichteten, wurde das Urteil rechtskräftig.
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