Prozess wegen Pflegedienst: 63-Jähriger will aus dem Gefängnis

Regensburg/Kaltenbrunn. Seit Februar 2023 steht Johann R. (63), Geschäftsführer eines Pflegedienstes, in Regensburg vor Gericht. Der Prozess geht auf die Zielgerade. Sein Anwalt versucht, ihn aus dem Gefängnis zu holen.

Justizvollzugsanstalt Weiden Gefängnis Symbolbild
Der Eingang der Justizvollzugsanstalt Weiden. Foto: OberpfalzECHO/David Trott

Seit Januar 2023 befindet sich Johann R. in Untersuchungshaft. Begründet wird dies aktuell mit Fluchtgefahr. Hintergrund: Der 63-Jährige hatte seinen Wohnsitz zuletzt in Swansea, Wales, gemeldet. Verteidiger Michael Haizmann hatte letzte Woche einen Antrag auf Haftverschonung gestellt. Inzwischen ist der Angeklagte wieder in seinem Heimatort im Landkreis Neustadt/WN gemeldet.

Das Landgericht Regensburg hat diesen Antrag abgelehnt. Johann R. bleibt in der Justizvollzugsanstalt. Laut Haizmann werde dies damit begründet, dass nur noch wenige Verhandlungstage anstehen.

Schadensumme inzwischen halbiert

Am Freitag, 16. Juni, hört die Wirtschaftsstrafkammer in Regensburg noch einmal den Sachbearbeiter der Deutschen Rentenversicherung. Er hatte schon einmal ausgesagt. Seine Schadensberechnung war so umfangreich, dass die Verteidiger um einen zweiten Aussagetermin baten. Angeklagt sind 112 Fälle des Veruntreuens und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt.

Auf Betreiben des Gerichts hatte der Sachbearbeiter der Rentenversicherung die Schadenssumme neu berechnet. Ursprünglich lag diese bei einer Million Euro. „Jetzt hat sie sich faktisch halbiert“, so Anwalt Haizmann. Das hängt damit zusammen, dass das Gericht vom Vorliegen einer Nettolohnabrechnung ausgeht.

Möglicherweise kann am Freitag die Beweisaufnahme schon geschlossen werden. Haizmann geht von Plädoyers ab der letzten Juni-Woche aus.

Rund-um-die-Uhr-Pflege muss korrekt abgerechnet werden

Zum jetzigen Prozess führte ein Ermittlungsverfahren des Weidener Zolls, Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2013, wonach Bereitschaft in der 24-Stunden-Pflege vergütet werden muss. Der Pflegedienst Regenbogen beschäftigte bis zu 300 Slowakinnen, die in Haushalten der Region als „Live-ins“ wohnten.

Abgerechnet wurden aber nur die Stunden, die der Medizinische Dienst je nach Pflegegrad veranschlagt. Sprich: 90 bis 300 Minuten pro Senior am Tag, multipliziert mit dem Mindestlohn. Um auf 1.100 bis 1.460 Euro Nettolohn zu kommen, wurde mit einem „Verpflegungsmehraufwand“ aufgefüllt.

Staatsschutz ordnet Johann R. als Reichsbürger ein

Hintergrund für die ungewöhnlichen Maßnahmen (Untersuchungshaft während des laufenden Prozesses, spezielle Eingangskontrollen) ist die politische Einstellung von Johann R. Der Staatsschutz ordnet ihn als Reichsbürger ein. Im Februar 2023 hat ihn das Amtsgericht Weiden wegen Nötigung von Beamten zu einer Haftstrafe von sieben Monaten ohne Bewährung verurteilt: „Johann R. bleibt im Gefängnis: Über mir steht nur der Schöpfer“ und „Reichsbürger Johann R. wieder vor Gericht: Prozessauftakt in Regensburg“.

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