Im Suff in Wohnung randaliert – wirklich 4,2 Promille?

Weiden. Wieder einmal war unmäßiger Alkoholkonsum der Anlass für einen Gerichtstermin. Angeklagt war ein Weidener (29), der völlig betrunken diverse Sachbeschädigungen verursachte und möglicherweise seine Freundin verletzte.

Im Suff in Wohnung randaliert Foto: Martin Stangl
Schwer alkoholisiert randaliert ein 29-Jähriger Ende Februar in der Wohnung seiner Freundin. Als diese ihn nach Hause fährt, verursacht der Betrunkene einen Sachschaden am Wagen von 750 Euro. Zusätzlich steht der Verdacht einer Körperverletzung im Raum. Foto: Martin Stangl

Wieder einmal kam ein Fall von massiver Alkoholisierung vor das Amtsgericht Weiden unter Vorsitz von Richterin Corina Särve. Dieses Mal ging es jedoch um einen Alkoholisierungsgrad, der jegliche Grenzen sprengt. Angeblich sollen bei dem jungen Mann am Tattag 4,2 (!) Promille festgestellt worden sein.

Ende Februar 2023 begann es mit einem Telefonanruf. Der Angeklagte bat seine Freundin, ihn abzuholen, um in deren Wohnung gemeinsam etwas zu essen. Der Abend eskalierte. Staatsanwalt Oliver Kugler warf nun dem Mann Vollrausch nach Paragraf 323a mit Sachbeschädigung und Körperverletzung vor.

Drei Sixpacks Bier und acht Halbe intus

Über seinen Anwalt Marc Steinsdörfer teilte der Angeklagte mit, dass er sich an nichts erinnern könne. Lediglich die Mengen des Alkohols wusste er erstaunlich genau zu beschreiben: „Ich habe am Tattag drei Sixpacks 0,3 Liter Bierdosen und acht Halbe Bier getrunken. Für die Zeit danach habe ich einen Blackout und kann mich an gar nichts erinnern. Am nächsten Tag habe ich mich bei der Frau, die ich liebe, entschuldigt. Es war dann alles wieder gut.“

Widersprüchliche Zeugenaussagen

Die Vernehmung der Geschädigten ergab, dass die Frau schnell bemerkte, dass ihr Partner erheblich geladen hatte: „Er war an diesem Abend unglaublich wütend, schrie herum und warf Gegenstände durch die Wohnung.“ Schübe wurden herausgerissen, ein Schrank beschädigt. Um dem Spuk ein Ende zu bereiten, überredete die junge Frau ihren Partner, ihn nachhause zu fahren.

Zunächst stimmte er zu, randalierte aber im Auto weiter. Dabei ging ein Display zu Bruch. Die Rechnung der Reparatur betrug etwa 750 Euro. Die entscheidende Frage, ob der Betrunkene gezielt nach seiner Freundin schlug, wurde widersprüchlich beantwortet. Bei der polizeilichen Vernehmung unmittelbar nach der Tat gab die Geschädigte an, mehrere zielgerichtete Schläge ertragen zu haben. Davon wollte sie nun vor Gericht nichts mehr wissen.

Blaue Flecken von der wütenden Katze

Die polizeilich dokumentierten blauen Flecken schrieb sie ihrer „manchmal wütenden“ Katze zu. Im Übrigen sei die Beziehung aktuell besser als zuvor. Das ließe sich einfach beweisen:
„Ich habe ihn nach seinen Ausrastern auf der Hälfte der Fahrt aus dem Auto geschmissen, später aber aus Sorge die Polizei angerufen. Die sollten nachsehen, ob mein Freund heil zu Hause angekommen ist.“

Tatsächlich 4,2 Promille?

„Normalerweise ist eine derartige Dosis tödlich“, berichtete Gutachter Dr. Bruno Rieder. Auf eine weitere Ungereimtheit wies er auch noch hin: „Nur mit Bier bringt man das fast nicht hin.“ Daraus entstand für den Sachverständigen großer Zweifel, ob die von der Polizei protokollierte Alkoholisierung von 4,2 Promille tatsächlich stimmt. „Der Angeklagte ist bereits mit dem Gesetz einschlägig in Konflikt gekommen. Selbst wenn er alkoholgewöhnt ist, kann man sich nicht vorstellen, dass in diesem Zustand noch großartig kontrollierte Aktionen, die aber zweifelsfrei stattgefunden haben, möglich sind.“

Zeugen krank

Um die Frage des Zustands des Angeklagten zu klären, sollten eigentlich die mit der Tat befassten Polizeibeamten vernommen werden. Diese waren jedoch wegen Krankheit nicht zur Verhandlung erschienen. Bei einem weiteren Prozesstag werden sie nun vernommen. Von diesen Aussagen hängt ab, wie der Angeklagte und seine Taten einzustufen sind.

Bewährungshelferin sagt aus

Um die Persönlichkeit und vor allem die Zukunftsaussichten des Angeklagten zu ergründen, befragte Richterin Särve zum Schluss des Verhandlungstages die Bewährungshelferin. Diese berichtete, dass der Arbeitslose mehrere Ausbildungen abgebrochen hat und seinen Frust mit Alkohol ertränkt. „Außerdem hat er seinen Alkoholkonsum während der Bewährungszeit sehr geschickt vor mir verschleiert.“ Sehr deutlich wurde sie mit dem Satz: „Da hilft nur engmaschige Überwachung mittels permanenter Haarproben. Sein Wille allein reicht nicht.“

Spannend wird der 22. August um 13 Uhr bei der Fortsetzung der Verhandlung. Sicher gibt die Auskunft des Bundeszentralregisters Aufschlüsse über das strafrechtlich relevante Vorleben des Angeklagten, der sich schon einmal im Maßregelvollzug befunden hat.

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