Gisela Schneeberger: Faszinierend vorgelesen
Weiden. Bis auf den letzten Platz war Weidens Kultveranstaltungsort "Ring-Kino" besetzt, als Gisela Schneeberger die Bühne betrat. Mit ihrer faszinierenden Vorlesekunst zog sie das Publikum sofort in ihren Bann.

Überaus herzlich begrüßte Sabine Guhl, die Protagonistin des vorletzten Abends der 35. Weidener Literaturtage. Eigentlich brauchte die Leiterin der Regionalbibliothek die in Bayern bestens bekannte Schauspielerin Gisela Schneeberger gar nicht vorzustellen. An der Seite von Gerhard Polt feierte die 75-Jährige ihre größten Erfolge. Zuletzt glänzte sie im Film „Beckenrand Sheriff“, der teilweise auch in der Oberpfalz gedreht wurde, als Bürgermeisterin des fiktiven Ortes Grubberg.
Licht aus – Schneeberger an
Das Ring-Kino war in warme Dunkelheit getaucht, als Gisela Schneeberger die Bühne betrat. Für den ersten Teil der Veranstaltung wählte sie einen nahezu unbekannten Text von Eugen Roth. Leider versäumte sie es, etwas über den Hintergrund der Erzählung zu erwähnen. Denn Eugen Roth ist eher bekannt für seine lyrischen Texte und humorvollen Erzählungen.
Dafür war der einfühlsame Vortrag der Geschichte umso beeindruckender. Jedermann im Publikum konnte wohl die Sorgen und Nöte des „Buben Jakob“ nachvollziehen.
Beeindruckende Geschichte „Der Regenschirm“
Man hätte die berühmte Stecknadel auf den Boden fallen hören, als die Vorleserin die ernste, ja dramatische Geschichte des 8-Jährigen vorlas, der den Regenschirm seiner strengen Mutter bei einem Ausflug vergaß. Die Heimfahrt mit dem Zug geriet dem Kind geradezu zum Martyrium bei dem Gedanken, wie er seiner herzlosen Mutter den Verlust des Regenschirms beichten sollte. In einem Traum sehnte der Junge sich sogar ein Zugunglück herbei, um der herzlosen Mutter zu entgehen. Dieses Unglück trifft dann tatsächlich ein. Jakob verliert dabei sogar sein Leben. Die meisterhafte Schilderung Eugen Roths und der gekonnte Vortrag Gisela Schneebergers hinterließen atemlose Stille beim Publikum.
Motto „Kindheitsgeschichten“
Die zweite Geschichte des Vorlese-Abends, der unter dem Motto „Kindheitsgeschichten“ stand, stammte von Elke Heidenreich. Sie trug den Titel „Die schönsten Jahre“ und behandelte das schwierige Thema einer Mutter-Tochter-Beziehung. Im Gegensatz zur ersten Erzählung des Abends waren aber hier humorvolle Passagen enthalten.
Die meisten Zuhörer erkannten wohl Parallelen in der eigenen Eltern-Kind-Konstellation. Die Aneinanderreihung von Kommunikationspannen wurden von der Schriftstellerin treffsicher erkannt und von Gisela Schneeberger beim Vortrag gekonnt wiedergegeben.
Wenn man die Augen schloss, glaubte man tatsächlich bei den Mutter-Tochter-Dialogen live dabei zu sein. Das Publikum bedankte sich mit lange anhaltendem Applaus für den gelungenen Abend im Kult-Kino.
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