Cash für Schokolade – Dealer muss ins Gefängnis

Weiden. Ein 24-Jähriger driftet trotz solidem Elternhaus ins Drogenmilieu ab. Nun musste er sich erneut vor dem Schöffengericht in Weiden wegen diverser einschlägiger Straftaten verantworten.

20230921 Dealer vor Gericht Foto: Martin Stangl
Ein Landkreisbürger stand wegen Abgabe von Rauschgift an Minderjährige vor dem Schöffengericht in Weiden. Staatsanwalt Thomas Wosch vertrat die Anklage. Foto: Martin Stangl

Seine Bekleidung spiegelte das Spannungsfeld, in dem der junge Mann sich befindet, wider: Auf seiner Jacke stand am oberen Rücken „La Familia“ und hinter der Stuhllehne verborgen der Schriftzug „Team Coca“. Vor Gericht stand er als Dealer, der viele Menschen im Grenzland mit Rauschgift versorgte. Wegen Einbruchs, Diebstahls und diverser Drogenvergehen verbüßt er derzeit eine vierjährige Haftstrafe. Das Schöffengericht in Weiden hatte also kein unbeschriebenes Blatt auf dem Anklagestuhl.

Umfangreiche Anklage

Staatsanwalt Thomas Wosch brauchte einen langen Atem, um alle Anklagepunkte vorzutragen. Der aus der Haft vorgeführte Mann hat aus seinen früheren Taten nichts gelernt. Nun wurden ihm Taten vorgeworfen, die seit April 2022 aufgelaufen waren. Im Wesentlichen drehte es sich um Rauschgifthandel und -abgabe im Grenzraum zu Tschechien. Besondere Beobachtung schenkte der Anklagevertreter der Abgabe von Marihuana an drei minderjährige Schülerinnen.

Drogenkarriere beginnt mit 16 Jahren

Durch einen Halswirbelbruch mit 16 Jahren begann die Drogenkarriere des Angeklagten. Seit 2019 ist er wegen seiner chronischen Schmerzen anerkannter Cannabis-Patient. Seine Unterstützung durch die Krankenkasse verliert er jedoch – nach eigenen Angaben – durch eine Gehaltserhöhung: „Damit bin ich aus dem Programm der Krankenkasse herausgefallen und musste mich selbst um die Schmerzmittel kümmern. Das kostete mich im Monat über 1000 Euro.“ Zusätzlich konsumierte er Kokain, um im Alltag einigermaßen zu „funktionieren“.

Abwärtsspirale hat begonnen

Da das Elternhaus mit den Lebensumständen des Juniors Probleme hatte, zog er zur Oma auf den Bauernhof. Die Drogenkarriere nahm Fahrt auf und man wusste im Landkreis, dass er als Dealer gut sortiert war. Nach eigenen Angaben achtete er auf reines Marihuana, das ein Bekannter legal anbaute. So kam es auch zur Abgabe eines Joints an drei 15-Jährigen, die ihn mit permanenten Anfragen „nervten“: „Um die drei Heranwachsenden zu schützen, baute ich ihnen einen relativ leichten Joint aus kontrolliertem Anbau.“

Eltern der Minderjährigen zeigen den Dealer an

Den Fall ins Rollen brachte die Mutter einer der Joint-Mädels mit ihrer Anzeige. Die Vernehmung mehrerer als Zeugen geladener Polizeibeamter ergaben ein erschreckendes Bild: Der Angeklagte war ein in der Szene bekannter Dealer, der neben Marihuana auch Ecstasy und Kokain „im Angebot hatte“. Die Handyauswertung ergab zahlreiche Kontakte im grenznahen Gebiet.

Cash für Schokolade

Schwer belastete den Mann die Zeugenaussage des Polizeibeamten, der die Auswertung des Dealer-Handys zu Protokoll gab. Da war die Rede von „Cash für Schokolade“. Einen Dealer-Kollegen aus dem Landkreis führte er als „Subunternehmer“ im Kontakte-Ordner des Mobiltelefons. Das größte Verkaufsevent war übrigens das Open Air „Große Pause“. Dafür suchte der Angeklagte laut Chatprotokoll sogenannte „Läufer“ für die Verbreitung von Drogen. Sogar für Wechselgeld wurde gesorgt.

Plädoyer von Staatsanwalt

Wenig überraschend vertrat Staatsanwalt Thomas Wosch die Linie, dass Handel und Abgabe von Drogen insbesondere an Minderjährige eine strenge Ahndung haben muss. Gleichwohl würdigte er, dass in vorliegendem Fall überwiegend weiche Drogen abgegeben wurden. Der Umstand, dass die minderjährigen Abnehmerinnen bereits eine gewisse Drogenerfahrung aufwiesen und den Dealer mehrfach zur Joint-Abgabe aufforderten, zog er ebenfalls bei seiner Strafzumessung von einem Jahr und fünf Monaten heran. Eine Aussetzung zur Bewährung verneinte er.

Kluge Strategie der Verteidigerin

Die Strategie von Strafverteidigerin Susanne Karl erwies sich als sehr angemessen. Sie überließ dem Angeklagten weiten Raum für persönliche Einlassungen und beschönigte an den nachgewiesenen Taten nichts. Naturgemäß blieb sie mit ihrer Strafzumessung mit einem Jahr Freiheitsstrafe unter der Forderung der Anklage.

Urteil mit Perspektive für den Angeklagten

Richter Hubert Windisch verhängte mit seinen Schöffen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung. In der Begründung des Urteils führte er aus, dass der Drogenhandel und die Abgabe von Drogen an Minderjährige nicht diskutiert werden müssten: „Allerdings möchten wir dem Verurteilten eine Perspektive auf ein anderes Leben bieten.“

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