Bad Neualbenreuths Bürgermeister Klaus Meyer: Aus Schreinerholz geschnitzt
Bad Neualbenreuth. Die Echo-Bürgermeisterserie geht in die zweite Runde: Klaus Meyer, Holz-Ästhet unter den Rathauschefs, pflegt Bad Neualbenreuth als industriefreie Ruheinsel mit Sibyllenbad, Egerländer Fachwerk und ambitioniertem Kulturbetrieb in der ehemaligen Badehalle.

Auf den ersten Blick kommt Klaus Meyer (CSU) etwas knorrig daher. Mehr hemdsärmliger Macher als großer Redner. Wenn Bad Neualbenreuths Bürgermeister aber auf seine Steckenpferde zu sprechen kommt, ist der 58-Jährige kaum mehr zu bremsen.
Am 1. Mai nächsten Jahres sitzt der Spross einer Möbelschreinerei, vormals zweiter Bürgermeister und Marktbereichsleiter bei der Raiffeisenbank im Stiftland, seit einem Jahrzehnt im Rathaus-Chefsessel. Nichts Besonderes für eine Gemeinde, die lange Amtszeiten schätzt. Vorgänger Albert Köstler lenkte 30 Jahre die Geschicke des knapp 1400 Einwohner zählenden Marktes.
Halbtags in der Bank? Undenkbar!
Und schon der setzte durch, dass der Kurort an der tschechischen Grenze – Mýtina alias Altalbenreuth liegt bereits auf westböhmischem Terrain – von einem hauptamtlichen Bürgermeister regiert wird: „Sonst hätte ich es nicht gemacht“, sagt Meyer klipp und klar. „Es gibt so eine informelle Regelung, dass je 100.000 Übernachtungen wie 1000 Einwohner zählen“, lässt der Kurbetrieb das seit 2019 staatlich anerkannte Heilbad in dieser Hinsicht wachsen.
„Meiner Ansicht nach gehört sich ein Bürgermeister immer hauptamtlich“, erklärt er weiter. „Wenn du nicht im Öffentlichen Dienst bist, ist das ansonsten untragbar.“ Halbtags in der Bank, das sei undenkbar. „Ich bin so eingespannt“, sagt Meyer, „wir sind gerade mal dreieinhalb Köpfe in der Verwaltung – andere haben da noch einen hauptamtlichen Geschäftsführer.“ Umso wichtiger seien für einen Markt dieser Größe interkommunale Zusammenschlüsse wie die Ikom Stiftland.
Tillenberg als Europas Mittelpunkt
Die Hoffnung auf ein Bad vor dem Ortsnamen geht auf die 1960er Jahre zurück. Seit dem Wende-Jahr 1989 entwickelte sich der Gemeindeteil Sibyllenbad zum Gesundheitszentrum mit Kurmittelhaus, Kurpark, dem Badehaus Maiersreuth, einem Bade-Tempel und dem Therapiepfad. Die staatliche Anerkennung als Heilquellen-Kurbetrieb folgte 1998. Am 13. November 2019 wurde Neualbenreuth als zweites Heilbad in der Oberpfalz anerkannt und darf seitdem den Titel Heilbad führen – der Gemeindename wurde zu Bad Neualbenreuth veredelt.
Seit die Grenze zu den böhmischen Nachbarn offen ist, liegt Neialwaraad nicht mehr am Ende der Welt, sondern in einer hügeligen Landschaft um den 939 Meter hohen Tillenberg, der als Mittelpunkt Europas errechnet wurde. Statt Eiserner Vorhang nur noch Natur und Kulturidyll mit den schmucken Fachwerkhäusern im Egerländer Fachwerkhausstil, der Pfarrkirche St. Laurentius (18. Jahrhundert) und dem vom Weidener Bildhauer Günter Mauermann gestalteten Sagenbrunnen vor dem Rathaus – mit der sagenhaften Wahrsagerin Sibylle von Prag als Namensgeberin des örtlichen Heilbades.
Sibyllenbad profitiert von den Welterbe-Bädern
„Dass die drei tschechischen Bäder als Welterbe anerkannt wurden, ist eine wesentliche Aufwertung“, freut sich Meyer über den Ruhm der Königs-Bäder. „Die haben eine wahnsinnige Tradition.“ Und die Nähe bringe Vorteile: „Die Heilwasser machen ja keinen Stopp vor der Grenze“, sagt der Bürgermeister, „unsere Radonquellen sind auch einzigartig.“ Man pflege beste Kontakte zu Franzensbad und Marienbad, ein Alleinstellungsmerkmal unserer Region.
„Die Stadt Eger war schon früher unser Oberzentrum, meine Mutter fuhr dort immer zum Einkaufen hin“, erinnert Meyer an die traditionell guten nachbarschaftlichen Beziehungen. „Jetzt haben wir das gemeinsame Oberzentrum Waldsassen-Cheb – mit Theater, Schulen, Ärzten und einer Versorgungsinfrastruktur.“ Es wird nie wieder so wie früher, es werde anders: „Unsere Nachbarkommune Lipová u Chebu (Lindenhau) kam auf uns zu, man will den Kontakt pflegen, auch damit grenzüberschreitende Gelder reinkommen.“
Party am neuen Freizeitgelände
Um die großen Projekte in Bad Neualbenreuth ging es auch in der jüngsten Marktratssitzung: Die Umgestaltung des Raiffeisenareals zu einem Freizeitgelände befindet sich auf der Zielgeraden. „Derzeit wird der Wasserspielplatz gebaut“, erklärt Meyer, „mit den Arbeiten für den Backofen demnächst begonnen.“ Das über Städtebaufördermittel finanzierte neue Dorfteichareal mit Kneipp-Becken wird am 16. Juli bei einer Sommer-Party eingeweiht.
Im historischen Lagerhaus mit großer Halle, Küche und barrierefreien WCs für Feste können sich die Vereine künftig ausbreiten – und die Jugendlichen am Wasserspielplatz, an einer Bolderwand, am Kicker oder der Tischtennisplatte austoben. Auch bei Meyers zweitliebstem Projekt, dem Dorfladen, gibt es Fortschritte: „Bisher sind Anteile im Wert von 90.000 Euro gezeichnet“, freut er sich, „das hat meine Erwartungen weit übertroffen.“ Derzeit laufe die Vorbereitung für die Gründung einer GmbH beim Notar.
Badehaus Maiersreuth sogar in München ein Begriff
Abgesehen vom Freizeitareal schätzt der Bürgermeister besonders das ehemalige Badehaus Maiersreuth, ein Kunstprojekt, das aufwändig saniert wurde und nun als Spielstätte für Theater- und Musikvorführungen dient. „Wir hatten schon Konzerte mitten auf der Baustelle“, sagt Meyer lachend, „eine logistische Herausforderung, aber jetzt freuen wir uns auf die Einweihung am 23. Juli.“ Ein Schmuckstück sei das, eine Wahnsinnsbereicherung für die ganze Region: „Wir sind glücklich, dass wir’s in der Gemeinde haben.“
Das Publikum sei dankbar, dass es dieses Angebot gebe. „Das Projekt wird auch von außerhalb wohlwollend begleitet“, sagt Meyer mit dankbarem Verweis auf das Amt für ländliche Entwicklung, „wir sind einer von drei Kreativorten in Bayern.“ Eine Riesenauszeichnung sei das: „Wir sind mittlerweile in der Kunstszene von München und Nürnberg ein Begriff.“ Besonders freut den Bürgermeister aber, dass es auch die Einheimischen annehmen. „Natürlich gibt es auch welche, die es für Spinnerei halten“, sagt er achselzuckend, „aber die meisten sind schon stolz darauf.“
Klaus Meyer, der Meister Eder der Bürgermeister
„Mein Elternhaus ist eine Bau- und Möbelschreinerei”, erklärt Klaus Meyer seine Liebe zum nachwachsenden Rohstoff. „Ich habe mich immer zu Holz hingezogen gefühlt.“ Am Weihnachtsmarkt hat Meyer immer seinen Bürgermeisterstand mit Holzarbeiten: „Drechseln, Sägearbeiten, Sterne für Kinder“, erzählt er beseelt, „da kommen Spenden für die Gemeinde zusammen.“
Und überhaupt: „Unser Weihnachtsmarkt ist der schönste weit und breit“, sagt er strahlend, „weil er eben nicht auf Kommerz ausgerichtet ist.“ Gemeinde und Bürger zelebrierten ihn mit Herzblut: „Sie wollen Traditionen und Bräuche anbieten.“ Der Marktplatz biete aber auch ein ganz besonderes Ambiente: „Der Tourismusverein gestaltet immer ein Märchen, zum Beispiel einen Turm aus Holz mit Rapunzel oder ein Lebkuchen-Haus mit einer lebendigen Hexe, die den Kindern Lebkuchen gibt.“
Oder auch das Fest der Blasmusik, ja geradezu ein „Woodstock der Bläser“, scherzt Meyer. „Die Leute kommen von überall her in Bayern und sagen uns ‚so was gibt es nirgends anders’“. 120 ehrenamtliche Helfer seien mit dabei. „Dann kommt das Erdäpfelfest, der Weihnachtsmarkt, die Laternenwanderung zu Silvester mit selbstgemachtem Punsch aus selbst gepflücktem Holler.“ Wie ein roter Faden ziehe sich die lebendige Brauchtumspflege durch die Heimatgemeinde.
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