Genossenschaft „Neue Energien West“: Nordoberpfalz soll bis 2030 „grün“ sein

Grafenwöhr. Im September 2010 hat sich die Bundesregierung zur Begrenzung des Klimawandels verpflichtet, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis zum Jahr 2050 stufenweise um 80 bis 95 Prozent unter das Niveau von 1990 zu verringern. Würden alle Menschen dieses Ziel ähnlich ernsthaft unterstützen wie die „Neue Energien West e.G.“ (NEW), ein Zusammenschluss von 17 Kommunen, einem Stadtwerk und einem Kommunalbetrieb im westlichen Landkreis Neustadt/WN, wäre man diesem ambitionierten Ziel schon ein gutes Stück näher.
Von Udo Fürst
25 Dach- und Freiflächen-Photovoltaikanlagen sowie zwei Windräder mit insgesamt 22 Megawatt Peak Leistung bauten oder kauften die Genossen seit ihrer Gründung vor knapp neun Jahren und investierten dafür 36,7 Millionen Euro. Die NEW trägt so einen beachtlichen Teil zur Reduzierung der Treibhausgase bei. 12.000 Tonnen CO2 werden durch die NEW-Anlagen jährlich eingespart. Damit könnten rein rechnerisch rund 4.300 Haushalte mit Strom versorgt werden.
Im Februar 2009 schlossen sich elf Mitgliedsgemeinden (Grafenwöhr, Eschenbach, Pressath, Kirchenthumbach, Neustadt am Kulm, Parkstein, Schwarzenbach, Schlammersdorf, Speinshart, Vorbach und Trabitz) in einem kommunalen Kooperationsprojekt zur NEW zusammen, „um mit gutem Beispiel voranzugehen und ihren Teil zum großen Ganzen beizutragen“, wie Vorstand Helmuth Wächter damals sagte. Dazu beauftragte man das von Markus Brautsch geleitete Institut für Energietechnik an der Hochschule Amberg-Weiden mit der Erarbeitung eines Integrierten Klimaschutzkonzeptes (IKSK).
Bis 2030 unabhängig von fossilen Energieträgern sein
Das Konzept war Basis für konkrete Maßnahmen und dient heute noch als Handlungsleitfaden mit dem Ziel, die Region bis zum Jahr 2030 unabhängig von fossilen Energieträgern zu machen. Neben einer energetischen Bestandsanalyse sind im IKSK Effizienzsteigerungs- und Einsparmaßnahmen ebenso beschrieben wie Potenziale zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Projekte sollen zu einer erheblichen CO2-Minderung und einer Steigerung der regionalen Wertschöpfung führen.
NEW-Geschäftsführer Bernhard Schmidt berichtet von einer weiteren Errungenschaft:
Als erste Energiegenossenschaft in Bayern vermarkten wir den Strom aus dem Solarpark Peising an der A 93 über einen eigenen Regionalstromtarif direkt.
Gemeinsam mit der Grünstromwerk AG aus Hamburg legte man einen eigenen Stromtarif Nordoberpfalz auf. Jeder Bürger aus der Region könne den hundertprozentigen Ökostrom zu „absolut wettbewerbsfähigen Preisen“ beziehen. Bisher beziehen 160 Haushalte NEW-Strom. „Bei steigender Tendenz“, erklärt Schmidt. Er bedauert aber, dass viele Leute immer noch zögerten, von den alten Stromanbietern zu wechseln, auch wenn die teurer seien.
Auch Windparks stehen auf der Agenda
Ein weiteres großes Thema auf der Agenda der NEW sind Windparks. Im Oktober vergangenen Jahres unterzeichnete man die Verträge für eine Beteiligung am Windenergieprojekt Creußen/Neuhof, wo man seither zwei Windräder betreibt. Weitere Anlagen würden derzeit geprüft.
Heute gehören 19 kommunale Mitglieder mit 154 Geschäftsanteilen zu je 5.000 Euro (770.000 Euro) der Genossenschaft an. Sie vertreten die Interessen
von mehr als 80.000 Bürgern der Mitgliedskommunen. Auch die Bürger selbst können sich an der NEW beteiligen. Sie sind aber nicht direkt Mitglied,
sondern erwerben Anteile zu je 500 Euro einer zweiten Genossenschaft, der Bürger Energiegenossenschaft West (BEW), die wiederum vollwertiges Mitglied
der NEW ist. Derzeit halten 1.378 Bürger 32.407 Anteile an der BEW. „Mit dieser Trennung werden einerseits die Entscheidungen über Projekte und
Standorte und andererseits die individuellen Interessen einzelner Bürger auseinandergehalten“, erklärt Wächter.
Aufträge nur an regionale Firmen – Weitere Projekte in Planung
Weiterer Aspekt: Durch die Vergabe von Aufträgen ausschließlich an regionale Firmen und durch die Finanzierung über regionale Banken halte man Wertschöpfung und Erträge in der Region. Ausgleichend wirke sich auch die gleiche Dividende für Bürger und Kommunen aus. Im vergangenen Jahr waren das 2,25 Prozent. Das Vertrauen der Bürger werde auch dadurch gestärkt, dass es keine Nachschusspflicht gibt. Das finanzielle Risiko jedes Einzelnen ist auf die Einlage beschränkt.
Trotz der immensen Investitionen und Errungenschaften legt die NEW die Hände nicht in den Schoß und plant weitere Projekte. Dazu gehören laut Bernhard Schmidt neue PV- und Windkraftanlagen in der Region und die Vermarktung des Regionalstroms mit weiteren Tarifvarianten. Auch den Einstieg in die Speichertechnologie will man prüfen, falls sich das rechnet.
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