Urteil im Prozess um Geldtransporter-Raub: Influencerin jetzt Hausmädchen in der JVA Regensburg

Regensburg. Hausmädchen im Knast statt Luxus-Nixe im Hotelpool: Tiefer Fall einer Insta-Influencerin, die zusammen mit ihrer Mutter einen Geldtransporter-Fahrer im Liebeswahn zu einem Millionenraub überredete. Das Landgericht Regensburg bestraft das Trio recht milde.

Petra F. (vorne) überredete zusammen mit ihrer Tochter Stefanie den Angestellten eines Sicherheitsunternehmens zum vorgetäuschten Überfall. Grafik: jrh

Das Gericht verurteilt den 55-jährigen Karl B. und seine vermeintliche Geliebte Petra F. (52) wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten. Deren Tochter, die 28-jährige Stefanie F., muss wegen Diebstahls für 2 Jahre und 6 Monate ins Gefängnis.

Richter Andreas Gietl bleibt mit seinem Urteilsspruch unter der Forderung von Staatsanwalt Oliver Kugler, der in seinem Plädoyer für die „besonders dreiste Tat am helllichten Tag“ für den 56-jährigen Angestellten des Sicherheitsunternehmens wegen „besonders schweren Diebstahls mit Waffen“ eine Haftstrafe von vier Jahren und elf Monaten, für Mutter Petra F. fünf Jahre und für Tochter Stefanie F. (28) drei Jahre und acht Monate Haft beantragt hatte. „Überdies bleiben von der Beute bis heute rund 130.000 Euro verschwunden.“

Der Verteidiger von Geldtransporter-Fahrer Karl B. betont dagegen, dass sein Mandant „blind vor Liebe“ gewesen sei, er nachweislich keine wirtschaftlichen Interessen gehabt und seine Waffe während der Tat abgelegt habe. „Die Beute haben die Frauen mitgenommen.“ Wer in dem Fall die treibende Kraft gewesen ist, sei klar. Dennoch stehe sein Mandant zu seiner Schuld. Alle drei Angeklagten nutzten das Schlusswort für eine Entschuldigung.

Geplatzter Traum vom Luxusleben

Schampus im Hotel-Pool mit Blick auf die Alpen: Ein Luxusleben ohne schnöde Arbeit, das schwebte der gelernten Altenpflegerin Stefanie F. vor. Mit ihren rund 220.000 Instagram-Fans scheint ihr das nur teilweise geglückt zu sein. Deshalb kam Mutter Petra F. auf die unausgegorene Idee, eine Abkürzung zur finanziellen Unabhängigkeit einzuschlagen.

Die seit ihrer Scheidung offensichtlich alkoholkranke Frau wollte sich ihre ungeheure Wirkung auf Männer zunutze machen. Außer dem ihr verfallenen Sicherheitsdienst-Mitarbeiter Karl B. betörte sie offenbar gleichzeitig weitere sieben Herren, die ihr großzügige Geschenke machten. Unter anderem einen niederbayerischen Bürgermeister, bei dem sie einen rosaroten Koffer mit dem Großteil der Beute, rund 800.000 Euro, deponierte.

So hat sich Stefanie F. gerne auf Insta präsentiert. Grafik/Vorlage: jrh/Instagram

Gutachter: Furcht vor Liebesentzug

Karl B. ließ sich nach Überzeugung des psychiatrischen Gutachters Dr. Thomas Wenske aus Furcht vor Liebesentzug von Petra F. zu der Tat manipulieren. Zuvor hatte er bereits 38.000 Euro für Schönheits-Operationen von Tochter Stefanie geblecht. „Ihm sind seine Schuld und seine Verantwortung für den vorgetäuschten Überfall am 17. April in Cham bewusst“, bewertet er B.s Einsicht, der vor Scham immer wieder Tränen vergießt – „nicht aus Selbstmitleid, sondern aus Empathie für seine Angehörigen“.

Bei dem vorgetäuschten Überfall hatte Karl B. seine zwei Begleiter ins Chamer Kaufland geschickt und Petra F.s Tochter Stefanie eine Charge von 1,035 Millionen Euro der Sparkasse übergeben. Zusammen mit der Mutter, die mit ihrem BMW in der Nähe des Supermarkt-Parkplatzes wartete, sei sie anschließend zum gemeinsamen Haus in Ascha gefahren, wo die zwei Frauen einen Teil der Beute an den kuriosesten Stellen versteckten: Im Auto, im Familienstammbuch, in Handtaschen, unter Dessous: „Es ist unüblich, dass man so viel Geld auf einmal findet“, sagte ein Polizist der Ermittlungsgruppe „Regental“ aus, der an der vierstündigen Razzia teilgenommen hatte, bei der die Beamten 86.240 Euro sicherstellten.

Kuriose Geldverstecke wie aus einer Gaunerkomödie, Grafik: jrh

Hausmädchen, Bibliothekarin, Koch

Vor dem Urteilsspruch des Richters kamen die neuen Beschäftigungsverhältnisse der Angeklagten in ihren jeweiligen Haftanstalten zur Sprache. Petra F. arbeitet inzwischen in der Bibliothek des Nürnberger Gefängnisses, Karl B. in der Küche. Influencerin Stefanie F. macht sich als sogenanntes „Hausmädchen“ in der JVA Regensburg nützlich.

An den Beschäftigungs- und Fortbildungsmöglichkeiten in Frauengefängnissen gibt es seit längerem Kritik. Eine Gefangenensprecherin macht deutlich, dass dabei offenbar noch ein überholtes Frauenbild Pate steht: „Im Gegensatz zu Männerhaftanstalten ist das Arbeits- und Ausbildungsangebot beschämend eingeschränkt.“ Es orientiere sich nach dem Hausfrauen-Ideal der 60er Jahre. „So werden die Hausarbeiterinnen hier sogar noch als ,Hausmädchen‘ und ,Waschmädchen‘ bezeichnet.“

Sichergestelltes Geld der Ermittlungsgruppe „Regental“, Bild: Kripo Regensburg

128.976,48 Euro verschollen

So hatte sich Stefanie den Insta-Ruhm sicher nicht ausgemalt. In ihrem Schlusswort sagt die gelernte Altenpflegerin: „Das war der größte Fehler meines Lebens.“ Auch Mutter F. bereue ihre Tat: „Das, was ich getan habe, war Unrecht und ist mit nichts zu entschuldigen.“ Inwieweit unter diese Reue auch die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Karl B. fielen, dazu schweigt sie. Die Nachfrage von dessen Anwalt bleibt unbeantwortet.

Ungelöst ist auch ein weiteres Rätsel dieses kuriosen Falls: Exakt 128.976 Euro und 48 Cent der geraubten 1,035 Millionen Euro sind bis heute verschwunden. Sowohl die beiden Frauen als auch der reuige Geldtransporter-Fahrer beteuern, nichts vom Verbleib des Geldes zu wissen. Vielleicht sollte die Kripo nach weiteren Koffern bei den anderen sechs Liebhabern fahnden.

Am Freitag fiel im Landgericht Regensburg das Urteil gegen das räuberische Trio. Archivfoto: OberpfalzECHO

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