Konjunktur: Trüber Blick in den Herbst
München. Der Wirtschaftsdampfer Deutschland kommt nicht vom Fleck. Es herrscht absolute Flaute. Die Konjunkturaussichten für heuer sind trübe, sagen die Forscher des Münchner ifo Instituts. Erst 2024 könnte es rosiger aussehen.

Der Blick in den Herbst. Er könnte kaum trüber sein. Die konjunkturellen Aussichten sind alles andere als rosig. Die Wirtschaft wird bis zum Ende des Jahres um 0,4 Prozent schrumpfen. Das geht aus der jüngsten Quartals-Prognose des Münchner ifo Instituts hervor, die ifo-Konjunkturchef Professor Dr. Timo Wollmershäuser in Berlin vorstellte.
Prognose nach unten korrigiert
Waren die Aussichten im Frühjahr noch sonniger, so mussten die Wissenschaftler jetzt ihre Prognose nach unten korrigieren. „Wir haben damals nicht mit einem so großen Einbruch der Weltkonjunktur gerechnet“, gibt Wollmershäuser zu. Die erwartete Erholung im zweiten Halbjahr ist also ausgeblieben. Die Situation? Nichts für schwache Nerven: Der Industrie geht aktuell die Luft aus, die Baubranche arbeitet ihre letzten Aufträge ab, ohne so richtig auf „Nachschub“ hoffen zu können. „Erst wenn die Baupreise sinken, geht es mit der Branche wieder aufwärts“, prognostiziert der Konjunkturchef.
2023: ein schwieriges Jahr
2023 – jetzt schon aus wirtschaftlicher Sicht ein Jahr zum Vergessen. Erste Bremsspuren machen sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Aktuell liegt die Arbeitslosenquote bei 5,6 Prozent. Insolvente Betriebe setzen ihre Belegschaften frei, gebeutelte Branchen bauen Arbeitsplätze ab und gesunde Unternehmen stoppen beim Einstellen. Hoch ist nach wie vor die Inflation: Sie liegt bei sechs Prozent. Das senkt die Kaufkraft der Verbraucher.
Große Unsicherheit bei den Unternehmen
Zudem macht sich im Unternehmerlager Unsicherheit breit. Der Arbeitskräftemangel, die Energiepreise, aber auch noch immer bestehende Lieferketten-Probleme machen der Wirtschaft zu schaffen. Dazu die hohe Steuerlast. In keinem anderen Land auf der Welt langt der Fiskus so kräftig hin wie in der Bundesrepublik. Da sinkt die Lust, zu investieren. „Wir brauchen eine grundlegende Unternehmenssteuerreform“, mahnt Professor Dr. Andreas Peichl an. Er ist Leiter des ifo Instituts für Makroökonomik und Befragungen.
Bürokratie bremst zu vieles aus
Was dem Volkswirtschaftler Peichl auch sauer aufstößt, ist die überbordende deutsche Bürokratie. Obwohl bislang nahezu von jeder Bundesregierung angekündigt, ist nichts besser geworden. „Vielleicht hat man mal zwei Stellen beim Bundesamt für Statistik eingespart“, scherzt er. Für ihn steht fest: „Prozesse in Deutschland dauern nach wie vor zu lange“. Beispiel Bau: Aufgrund einer Vielzahl von Regelungen und Vorschriften ziehen sich Projekte in die Länge. Dazu die Zusatzkosten wie Notargebühren oder – schon wieder eine Steuer – die Grunderwerbssteuer. Es geht auch anders und schneller. In den USA zum Beispiel, die Deutschland außerdem noch bei der Steuerlast und den Energiepreisen ungemein alt aussehen lassen. „Die Bundesrepublik wird für Unternehmen immer unattraktiver“, bedauert Peichl.
Fehlende Arbeitskräfte drücken Wirtschaftswachstum
Dazu kommt hierzulande noch der demografische Wandel. Das Fehlen von Erwerbstätigen wird sich schon bald negativ beim Wirtschaftswachstum bemerkbar machen. „Wir rechnen ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts dann nur mehr mit einem Anstieg von einem halben Prozent“, erklärt Wollmershäuser. Zum Vergleich: 2024 geht man noch von einem Plus von 1,4 Prozent aus. Peichl sieht aber Arbeitskräftepotenziale. Bei den Frauen etwa, die in Teilzeit oder als Minijobberinnen arbeiten. Und bei Bürgern, die zum Beispiel staatliche Grundsicherung beziehen und nur ein paar Euros dazuverdienen dürfen. „Man müsste die Transferentzugsrate senken, damit es sich für diese Menschen lohnt mehr zu arbeiten“, so sein Vorschlag. Doch auch hier müsste der Staat in die Gänge kommen.
Lichtblicke gibt es erst 2024
Trotz einer Menge an Trübsinn, es gibt einige Hoffnungsschimmer. Ende dieses Jahres könnte sich die Inflationsrate auf vier Prozent absenken. 2024 soll sie dann auf 2,6 Prozent, ein Jahr später sogar auf 1,9 Prozent zurückgehen. Ende des kommenden Jahres könnte es deswegen sogar die ersten Zinssenkungen geben. Dann könnte der Traum vom Eigenheim vielleicht nicht mehr in ganz so weite Ferne rücken. Auch die Arbeitslosenquote wird leicht, auf 5,3 Prozent zurückgehen und die Wirtschaft wird um 1,4 Prozent zulegen.
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