Bezirkswahlen in Tschechien: Populistische ANO-Partei kann zulegen
Karlsbad. Bei den Bezirkswahlen in Tschechien legt die populistische ANO-Partei deutlich zu. Kann sie damit bei den nächsten Parlamentswahlen die Oppositionsrolle wieder verlassen?

An diesem Wochenende fanden in Tschechien die traditionell zweitägigen Wahlen in die Bezirksvertretungen statt. Landesweit wurde in 13 von 14 Bezirken gewählt – mit Ausnahme von Prag. In Prag werden die regionalen Vertreter nicht gewählt, da der aus 65 Mitgliedern bestehende Prager Stadtrat dort eine ähnliche Funktion wie die Bezirksvertretungen ausübt.
Wir haben uns genauer angeschaut, wie die Wahlen in den beiden Bezirken ausgefallen sind, die an die Oberpfalz grenzen (Bezirk Karlsbad und Bezirk Pilsen) und was sich dort verändert hat.
In Karlsbad kein Koalitionspartner erforderlich
In beiden Bezirken wurde die populistische ANO-Partei des ehemaligen tschechischen Premiers und Milliardärs Andrej Babiš stärkste Kraft. Landesweit gelang ihr das in 10 von 13 Bezirken.
Im Bezirk Karlsbad gewinnt die ANO-Partei mit ihrer Spitzenkandidatin Jana Mračková Vildumetzová (die bereits von 2016 bis 2019 Regionalpräsidentin des Bezirks Karlsbad war) mit so großem Vorsprung, dass sie für die nächsten vier Jahre über die absolute Mehrheit im dortigen Bezirkstag verfügt und nicht mal einen Koalitionspartner braucht. Sie muss also keine Wiederholung der Situation nach den letzten Bezirkswahlen vor vier Jahren fürchten, als zwar die ANO-Partei auch stärkste Kraft geworden war, sich aber nach schwierigen Verhandlungen schließlich die Vertreter von sechs anderen Parteien auf eine Koalition unter der Führung des scheidenden Regionalpräsidenten Petr Kulhánek geeinigt hatten, der 2020 für ein Parteienbündnis aus Bürgermeistern (STAN) und anderen kleineren Parteien gewählt worden war.
Kulhánek bedauerte es gegenüber dem Karlsbader Tagblatt, dass es nun seine damaligen Partner nicht mehr in die Bezirksvertretung geschafft haben und fügte hinzu, dass man mit einem derartigen Zeugnis für die eigene Arbeit der letzten vier Jahre nicht gerechnet habe. Man habe damit gerechnet, zwei Mandate mehr als vor vier Jahren holen zu können.
Die ANO-Partei holte im Bezirk Karlsbad 44,03 Prozent der Stimmen und damit 28 von 45 Sitzen, wodurch sie sich im Vergleich zu den letzten Wahlen von vor vier Jahren um 15 Sitze hinzugewinnen konnte (2020 erreichte sie mit 24,79 Prozent der Stimmen noch 13 Sitze). Zweitstärkste Kraft wurde das Bündnis STAN mit 12,75 Prozent der Stimmen und sieben Mandaten (-1), drittstärkste Kraft die rechtsextreme SPD mit 6,53 Prozent der Stimmen und vier Mandaten, gefolgt von der bürgerlichen ODS mit 5,95 Prozent und drei Mandaten und dem regionalen Bündnis VOK mit 6,07 Prozent und auch drei Mandaten. Die Wahlbeteiligung im Bezirks Karlsbad lag bei 30,01 Prozent.
Schwierige Koalitionsbildung in Pilsen
Auch im Bezirk Pilsen wurde die ANO-Partei stärkste Kraft, erreichte jedoch mit 38,63 Prozent der Stimmen und 24 der insgesamt 55 Sitze nicht die absolute Mehrheit. Zweitstärkste Kraft wurde im Bezirk Pilsen das Bündnis der Bürgerdemokraten ODS mit der Partei TOP 09, sie holten gemeinsam 16,05 Prozent der Stimmen und damit neun Sitzen.
Das Bündnis der Bürgermeister (STAN), das im Bezirk Pilsen eigenständig antrat, holte mit 13,09 Prozent der Stimmen acht Sitze. Ein Parteienbündnis, an dem auch die Kommunisten beteiligt sind, kommt mit 6,68 Prozent der Stimmen auf vier Sitze und die Christlich-Demokratische Union KDU-ČSL darf mit 6,46 Prozent der Stimmen ebenfalls vier Sitze besetzen.
Die Partei des derzeitigen Regionalpräsidenten Rudolf Špoták (Piraten) landete mit 5,90 Prozent der Sitze auf dem letzten Platz und holte nur drei Mandate. Eine Koalitionsbildung ohne die ANO-Partei wäre sehr schwierig, da sich – um eine Koalition mit der rechtsextremen SPD zu vermeiden, die mit 6,09 Prozent der Stimmen drei Sitze in der Pilsener Bezirksvertretung holte – alle anderen Parteien zu einem Fünf-Parteien-Bündnis zusammenfinden müssten. Die Wahlbeteiligung im Bezirk Pilsen lag bei 32,54 Prozent.
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