Zwei Oberpfälzer gründen Eslarn in Amerika

Eslarn. Im 19. Jahrhundert wanderten zwei Oberpfälzer nach Amerika aus, gründeten eine Großfamilie und einen Ort, der ursprünglich Eslarn genannt wurde. Dieser Beitrag zur deutschen Auswanderungsgeschichte wurde beim Seniorenkreis "Goldener Oktober" von Anita Weichselmann mit einem Bildervortrag lebendig gehalten. Die Liebesgeschichte von Johann Adam Kulzer und Franziska Bösl führte zur Gründung von Eslarn in Amerika, der später in Greenwald umbenannt wurde.

Die Eslarnerin zeigt bei ihrem Vortrag ein Bild von der Eslarnerin
Franziska Bösl und vom Saubersriether Johann Adam Kulzer. Beide
wanderten im 19. Jahrhunder nach Amerika aus. Foto: Karl Ziegler
Die Eslarnerin zeigt bei ihrem Vortrag ein Bild von der Eslarnerin Franziska Bösl und vom Saubersriether Johann Adam Kulzer. Beide wanderten im 19. Jahrhunder nach Amerika aus. Foto: Karl Ziegler
Die Sterbebilder von Franziska und Adam Kulzer übermittelte wie die
Bilder der Amerikaner Gregory Dorr. Foto: Karl Ziegler
Die Sterbebilder von Franziska und Adam Kulzer übermittelte wie die Bilder der Amerikaner Gregory Dorr. Foto: Karl Ziegler
Auf einer alten amerikanischen Landkarte ist noch der Ort Eslarn vorhanden. Foto: Karl Ziegler
Auf einer alten amerikanischen Landkarte ist noch der Ort Eslarn vorhanden. Foto: Karl Ziegler

Der Drang nach Freiheit und die unendlichen Weiten in Amerika ließen im 19. und 20. Jahrhundert viele Deutsche auswandern. Vor allem zwischen 1830 und 1860 überschritten die Zahlen der Auswanderer die 200.000er Grenze. Gelenkt von der Hoffnung, in Amerika ein günstiges Land, eine Arbeit, sozialen Aufstieg und Selbstbestimmung zu finden, ließen viele die damaligen sozialen und wirtschaftlichen Nöte in Deutschland hinter sich und suchten in den Vereinigten Staaten ihr Glück und eine neue Heimat. Die Geschichte der Auswandererfamilie Johann Adam Kulzer (geboren 1838, verstorben 1914) aus Saubersrieth und Franziska Bösl (1844-1915) aus Eslarn erzählte beim Seniorenkreis „Goldener Oktober“ mit einem Bildervortrag die ehemalige Leiterin Anita Weichselmann.

Biografie informiert über Liebesgeschichte

Einige der beim Vortrag anwesenden zahlreichen Frauen konnten sich noch an das 1956 abgebrochene „Grubergütl-Haus“ der Familie Bösl am Büchelberg erinnern. Die Familien hatten früher mehrere Kinder, sodass jeder Bauer seinen Hof dem ältesten Sohn vererbte. „Die anderen Kinder bekamen eine Aussteuer, falls überhaupt etwas da war“, so Weichselmann. Reichlich Informationen über die Liebesgeschichte lieferte der ehemalige Auswanderer und Bruder Georg Kulzer in seiner Biografie, die Bezirkspräsident und Landrat Johann Pösl mit Diplom-Handelslehrerin Finemarie Brusch ins Deutsche übersetzte.

Bilder vom Ehepaar, der Grabstelle und einer alten amerikanischen Landkarte mit dem Ort Eslarn übermittelte der Amerikaner Gregory Dorr. Dorr stammt von Franziska Bösls 5. Kind, Joseph Kulzer (1873-1966) ab. Dorr war oft auf der Farm der Tochter Caroline Gully Haring in North Dakota, die die Großmutter von Gregory Dorr war. „Caroline hat Franziska und Johann Adam gut gekannt und ich durfte sie durch Erzählungen kennenlernen.“ Zudem ist diese Gegend voll von Leuten, die von den zwölf Kindern und 93 Enkelkindern von Bösl-Kulzer abstammen, sodass der Bezirk die meisten deutschstämmigen Katholiken von ganz Amerika hat.

Bösl/Kulzer musste viele Hürden überwinden

Als Jugendlicher hat Dorr in Greenwald leidenschaftlich Baseball gespielt und sich über die seltsame Sprache der Dorfjugend mit einem deutlichen Deutsch-Akzent gewundert. Die Stadt wurde früher als Eslarn gegründet und später in Greenwald umbenannt. Aber bis zur Ausreise von Deutschland nach Amerika musste Bösl/Kulzer noch manche Hürden überwinden. Durch strengere Vorschriften wollte man in Deutschland der Auswanderungslawine Einhalt gebieten. Es durften keine Briefe von Auswanderern zugestellt werden, eine Voraussetzung für eine Auswanderung waren die abgeleistete Wehrpflicht, keine Schulden, keine Straftaten und der Nachweis von 200 Reichsmark. Die Vorschriften konnten ein Liebespaar aus Eslarn und Saubersrieth von der Ausreise nicht abhalten.

Die Geschichte begann in der Kirche in Moosbach, wo sich ein Sohn der Familie Kulzer mit der Tochter von Bösl zufällig trafen und sich verliebten. Die liebgewordene Franziska Bösl (16 Jahre) arbeitete bei einer wohlhabenden Familie in Moosbach als Köchin und der sechs Jahre ältere Georg Kulzer als Steinhauer im Bergbau in Schwandorf. Da wegen der Mittellosigkeit die Eltern, die aufgrund von Schulden in schlechten finanziellen Verhältnissen lebten, gegen die Heirat und weitere Treffen waren, konnte das Paar nur eine Auswanderung näher zusammenführen. „Früher musste das Sach zampassen“, stellte Weichselmann in ihrem Vortrag fest. Die Eltern begannen erst später die Liebe zu respektieren und beide erhielten den Segen der Eltern nach Amerika auszureisen.

Keine Pässe zum Verlassen des Landes

Schwierig machte es eine Anordnung der Regierung, dass jungen Leuten wegen Kriegsgerüchten keinerlei Pässe zum Verlassen des Landes genehmigt wurden. Für die Reise brachten beide Familien jeweils 200 Reichsmark auf. Angekommen in Hamburg schmuggelte sich Johann Adam Kulzer im März 1864 aufs Schiff, da er nicht den erforderlichen Wehrpass vorweisen konnte. Mit 600 Menschen ging es mit dem Segelschiff in Richtung Amerika. Die Segeltour dauerte ungefähr 6 Wochen, sodass Pittsburgh Ende Mai am Horizont auftauchte. Die Verlobten erhielten bei einer Familie, die sie zufällig auf dem Boot getroffen hatten, ein Quartier. „Als erstes wollten wir in der katholischen Kirche heiraten und wandten dafür unsere letzten 2 Dollar auf“, stand in der Biografie.

Zum Aufbessern des Taschengeldes strickten beide Strümpfe und später arbeitete Kulzer für 1 Dollar täglich im Eisenbergwerk. „Am 14. März 1855 wurde uns das erste von zwölf folgenden Kindern geboren und wir nannten sie Philomena nach der Kirche, in der wir getraut worden waren.“ Im Februar 1856 folgte die deutsche Familie, die aus der Heimat Geld bekam, einem Landsmann, der in Illinois Land kaufen wollte. Mit einem Dampfer ging es von Pittsburgh in Richtung Illinois und weiter nach Minnesota. Auf dem Boot schlossen sie sich einigen Benediktinermönchen an, die in Minnesota ein Kloster errichten wollten. Da ohne Barmittel kein Land zu haben war, zog das Paar in die Wildnis, wo man Land kostenlos erhielt. Sie rodeten den Wald und bauten ein Haus.

Anstrengung und viele Rückschläge

In der Wildnis traf die Familie 1857 auf Indianer, wilde Tiere, bauten mit körperlicher Anstrengung und nach Rückschlägen verschiedene Produkte an. „Eines Tages schwärmten die Heuschrecken ohne jegliche Warnung auf uns nieder und nicht ein grünes Blatt oder ein grüner Stängel ließen sie übrig“, schrieb Kulzer in seiner Biografie. Als Kulzer beim naheliegenden Dammbau auch noch Arbeit für 35 Cent am Tag erhielt, schien sich die Geschichte ins Positive zu entwickeln. Nach erneuten Rückschlägen konnte sich die Familie mit nachgereisten Familienmitgliedern und nächsten Verwandten und vor allem mit Geld aus der ehemaligen Heimat eine Existenz aufbauen. Die Familien gründeten im Bundesstaat Minnesota eine zweite Heimat und brachten das Oberpfälzer Brauchtum ins Land.

Aufschwung brachte die gebaute Eisenbahn 1907 – 1908, die zum Laden von Getreide direkt an der Grenze der Kulzers eine Haltestelle hatte. „Da die Dampflok insbesondere Wasser brauchte, wurde an der Grundstücksgrenze ein Wasserturm gebaut“, so die Zeitzeugen. Es entstand eine neue Kirche, ein Marktplatz, und Kulzer spendete Flächen für einen Friedhof. Da das Ehepaar Kulzer in ihrer neuen Heimat für seine gerechte Art und sein Wissen bekannt war, wurde Kulzer zum Ortsschreiber und Ortspolizisten gewählt. Dagegen war die beliebte Franziska Bösl-Kulzer als leidenschaftliche Tänzerin und wie ihr Vater eine exzellente Bäckerin. Die leckeren Obsttorten waren vor allem bei Tauf-, Hochzeitsfeiern und Geburtstagen, sowie nach Einbringen der Ernte sehr begehrt. Sie zauberte aus ihrem Lehmofen im Freien so manche Köstlichkeit. Zudem hatten die Kulzers auch einen Musiker in den eigenen Reihen.

Eslarn in Minnesota

Da die neu entstandene Ortschaft einen Namen brauchte, schlug Franziska Kulzer-Bösl den Namen ihres Oberpfälzer Heimatortes Eslarn vor. „Eslarn in Minnesota ist noch auf einigen alten Dokumenten und Karten zu finden“, fügte Gregory Dorr in seiner E-Mail an. Die Familie lebte 50 Jahre lang auf ihrem Bauernhof im Zentrum von Minnesota, brachten zwölf Kinder zur Welt und trauerten um einen verlorenen Sohn. Zudem nahm die Familie zwei Waisenkinder auf und ihre Kinder schenkten ihnen 93 Enkel. Damit waren die Oberpfälzer in Amerika gut vertreten und ihre Leistungen wurden durch die niedergeschriebene Lebensgeschichte nicht vergessen. In den Jahren gewährte die Familie vorbeikommenden Leuten ein Quartier und bei „Frances Bayzl“, wie Frau Kulzer-Bösl genannt wurde, erhielten auch arme Menschen ein Essen. Außerdem war sie der „Manager“ und die Wirtschafterin und die Familie lebte wie die wohlhabenden Leute in Deutschland, hatten auch ein Pferde-Gespann.

Auch nach dem Tod von Johann Adam Kulzer 1914, Franziska Kulzer-Bösl folgte ein Jahr später, entwickelte sich das amerikanische Eslarn weiter und aus Eslarn wurde der aktuelle Ortsname „Greenwald“. Dabei vermischte sich nicht nur die Bevölkerung, sondern mit dem Ortsnamen das Englische mit dem deutschen Begriff „Wald“. Im Jahr 2020 lebten insgesamt 98 Familien im Ort, was bewohnermäßig nicht viel, aber flächenmäßig sehr groß war. Der Amerikaner Gregory Dorr befasste sich in den Jahren mit der Geschichte. „Ich war im Rahmen eines Besuchs meines Sohnes, der in Weiden Eishockey spielte, auch bereits dreimal in Eslarn.“ Zudem hat Dorr als junger Mann in Greenwald Baseball gespielt. „Sie haben mit starkem deutschen Akzent ein sehr komisches Englisch gesprochen.“

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