[Update] Staatsanwalt: Elfjähriger Junge wohl am Tod des Mädchens beteiligt
Wunsiedel. Wie Staatsanwaltschaft Hof und Kripo bekannt gaben, soll ein Elfjähriger mutmaßlich tatbeteiligt gewesen sein am Tod des zehnjährigen Mädchens, das am Dienstag leblos in einer Jugendbetreuungseinrichtung gefunden wurde.
Elfjähriger tatbeteiligt
Ergebnisse der Spurensicherung lassen diesen Rückschluss zu, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Karfreitag gemeinsam mit: „Da der elfjährige Junge nicht strafmündig ist, wurde er in einer gesicherten Einrichtung präventiv untergebracht.“
Wie berichtet, fand eine Mitarbeiterin des Kinder- und Jugendhilfezentrums St. Josef am Dienstag gegen 9 Uhr ein zehnjähriges Mädchen tot in ihrem Zimmer. Die Staatsanwaltschaft ging von einem Tötungsdelikt aus; eine 40-köpfige Soko namens „Park“ startete die Ermittlungen. Dabei haben die Einsatzkräfte sofort Spuren am Tatort gesichert und dem Landeskriminalamt zur Auswertung überlassen. Eine Anhörung des elf Jahre alten Jungen stand nach Polizeiangaben vom Freitag noch aus. Die weiteren Maßnahmen würden in enger Abstimmung mit den Jugendbehörden erfolgen.
Obduktion angeordnet
Um die Todesursache aufzuklären, ordnete die Staatsanwaltschaft eine rechtsmedizinische Untersuchung an. Wie die Polizei mitteilte, ergaben sich Anzeichen für ein Fremdverschulden am Tod des Mädchens. Mittlerweile hat die zuständige Staatsanwaltschaft Hof bestätigt, dass das Mädchen durch Gewalteinwirkung ums Leben kam. Die Zehnjährige war auf amtlichen Beschluss im Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef der Diözese Regensburg untergebracht. Unbestätigten Meldungen zufolge soll das Mädchen aus Waldsassen (Landkreis Tirschenreuth) stammen. Die Staatsanwaltschaft wollte das nicht bestätigen.
Drei Jungen beteiligt?
Der Verdacht, dass am Tod des Mädchens zwei Jungen im Alter von elf Jahren und ein 16-Jähriger beteiligt gewesen sein sollen, habe sich laut Staatsanwalt Matthias Goers nicht bestätigt. Bereits am Mittwoch hatten Staatsanwaltschaft und Kripo dieser zunächst von der „Bild“ und DPA verbreiteten Darstellung widersprochen. Es gebe derzeit weder Beschuldigte noch Tatverdächtige in dem Fall. Man spreche mit allen Betreuern und Bewohnern des Kinderheims.
Sicherheitskreise sprachen zwar von Indizien auf eine Beteiligung der drei minderjährigen Jungen an einem Vorfall. Es sei aber unklar, inwieweit diese Beteiligung ursächlich für den Tod des Mädchens sei und ob es sich um einen Unfall gehandelt haben könnte.
Krisenstab kümmert sich um Kinder
Einen Tag nach Bekanntwerden ermittelt die Polizei weiter im Fall der in einer Kinder- und Jugendhilfe in Wunsiedel aufgefundenen toten Zehnjährigen. Seit 7 Uhr morgens sind die Polizeibeamten dabei wieder im Einsatz, wie eine Sprecherin der Polizei auf Anfrage von BR24 bestätigte. Demnach werden mitunter weitere Zeuginnen und Zeugen vernommen und Spuren ausgewertet.
Der Träger der Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung will das Geschehen mithilfe eines Krisenstabs aufarbeiten. Die Kinder und Jugendlichen aus der Einrichtung benötigen in dieser Situation vertraute Menschen, die sich weiterhin um sie kümmerten, teilte die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg (KJF) mit.
Familienministerin reist nach Wunsiedel
Bayerns Familien- und Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) wird derweil am Donnerstag nach Wunsiedel reisen und vor Ort ihre Anteilnahme aussprechen. Den Tod der Zehnjährigen nannte die Ministerin in einer Mitteilung an die Presse einen unglaublich schmerzhaften Verlust „für uns alle“. „Ich bin erschüttert“, so Scharf. Sie sei in Gedanken bei den Angehörigen, denen sie ihr tiefes Mitgefühl aussprach. Sie forderte, offene Fragen zügig aufzuklären und die Hintergründe und Motive zur Tat zu ermitteln.
Wie eine Festung
Aus ermittlungstaktischen Gründen hat die Polizei die Öffentlichkeit 24 Stunden nicht über das Auffinden der Leiche informiert, um der Spurensicherung die Arbeit zu erleichtern und die in dem Heim untergebrachten Kinder und Jugendlichen zu schützen. „Die Ermittlungen sind im vollen Gange“, sagte Julia Küfner, Sprecherin des Polizeipräsidiums Oberfranken, die selbst vor Ort ist. „Zurzeit laufen Zeugenbefragungen. Die Sonderkommission ermittelt auf Hochtouren“, erklärte Küfner. Mit schnellen Ermittlungserfolgen sei in dem Fall allerdings nicht zu rechnen.
Circa 90 Kinder und Jugendliche leben in der Regel in dem Heim, wegen der Osterferien sind es derzeit aber wahrscheinlich weniger. Für die Betreuung der Kinder sei gesorgt. Der Tatort ist weiterhin abgesperrt. Dutzende Bereitschaftspolizisten aus Bamberg und Nürnberg sowie Beamte der Polizei Wunsiedel – deren Dienststelle sich nur circa 50 Meter vom Jugendhilfezentrum befindet – und der Kripo Hof ließen auch am Tag danach das Kinderheim und deren Umgebung wie eine uneinnehmbare Festung erscheinen.
Bestürzung und Trauer
In der Einrichtung und in der 9.000-Seelen-Stadt im Fichtelgebirge herrschen derweil Trauer und Entsetzen über die Tat. „Die Bewohner der Stadt sind geschockt“, sagt Manfred Söllner, Zweiter Bürgermeister von Wunsiedel, „genauso, wie ich selber auch.“ Seine Gedanken seien bei Angehörigen, Bewohnern und dem Personal der Kinder- und Jugendeinrichtung St. Josef. Eine Mitarbeiterin des Kinderheims sagte: „Wir sind alle total geschockt und können es noch gar nicht begreifen.“
Rudolf Voderholzer, Bischhof von Regensburg, zu dem auch das Dekanat Wunsiedel gehört, zeigte sich tief betroffen von dem Tod des Mädchens. Er sicherte den Angehörigen und den Mitbewohnern sowie dem Personal der katholischen Einrichtung Unterstützung zu und bedankte sich bei denjenigen, die sich um die Betroffenen kümmern.
Das Kinder und Jugendhilfezentrum
Im Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef in Wunsiedel betreuen derzeit 92 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 80 pädagogische Fachkräfte, 89 Jungen und Mädchen im Alter von drei bis 19 Jahren, wenn diese nicht mehr oder nicht dauerhaft in ihrer Familie leben können. Gründe dafür sind zum Beispiel körperliche und seelische Gewalt, Vernachlässigung oder eine Suchterkrankung in der Familie.
Zwei Heilpädagogische Tagesgruppen, ein psychologischer, sozial- und heilpädagogischer Fachdienst, ein differenziertes stationäres und teilstationäres Angebot gehören zu St. Josef ebenso wie flexible ambulante Hilfen und eine Frühförderstelle. Aufgabe und Verantwortung der Fachkräfte in St. Josef ist es, junge Menschen intensiv bei ihrer Schul- und Berufsausbildung zu fördern und sie darin zu begleiten, dass sie ihr Leben selbstständig und eigenverantwortlich in die Hand nehmen können.
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