Wenn der Postmann zweimal klingelt: Oberpfälzer lässt sich Kokain per Paket liefern
Weiden. Die Zollfahnder überrascht die Methode nicht. Ein junger Mann aus dem Landkreis ließ sich Kokain per Postbote liefern. Inzwischen ist das ein gängiger Weg des Drogenhandels.

Immer öfter kommt das Rauschgift mit der Post, meist auf Bestellung im Netz. Das ist eine Erkenntnis des Bundeskriminalamtes im „Lagebild Rauschgiftkriminalität 2023“. Demnach wird Kokain auf dem Seeweg ins Land geschmuggelt. Der Vertrieb innerhalb der Bundesrepublik erfolgt dann per Internet-Versandhandel (siehe Infokasten).
Am Donnerstag steht ein 31-Jähriger vor dem Schöffengericht Weiden. Der Angeklagte kommt zu spät zur Verhandlung. Er hat den Termin verwechselt und war an seinem Arbeitsplatz. Ohnehin: Der übliche „Junkie“ ist das nicht. Der 31-Jährige verdient gut, ist sozial eingeordnet. Warum er mit Drogen gehandelt hat, will Richter Hans-Jürgen Schnappauf wissen. „Blöde Phase, falsche Freunde.“
Eine „Line“: 10 Euro
Recht viel mehr sagt er nicht vor Gericht. Verteidiger Jürgen Mühl hat sich mit dem Schöffengericht und Staatsanwältin Magdalena Stahl auf ein volles Geständnis und eine bewährungsfähige Strafe (unter zwei Jahren) verständigt.
Sprich: Der 31-Jährige gibt zu, in den Jahren in etwa einem Dutzend Fällen Kokain per Post bestellt zu haben. Die Ware schnupfte er dann selbst oder kaufte sie – zur Finanzierung des Eigenbedarfs – an unbekannte Kunden weiter. Die größten Bestellungen umfassten zehn Gramm. Außer dem teuren „Schnee“ (10 Euro für eine „Line“ von 0,1 Gramm) hatte er auch etwas Marihuana, Crystal und Extasy-Tabletten im Portfolio.
Die Ermittler des Zollfahndungsamtes München (Dienstsitz Weiden) waren im Zuge von Ermittlungen gegen einen Barbetreiber aus dem westlichen Landkreis auf den 31-Jährigen gestoßen. Es lief eine Telefonüberwachung, in der er auflief. In der Folge kam es auch bei ihm zur Hausdurchsuchung.
Lieferant und Kunden bleiben unbekannt
Wertvollste Quelle war das Mobiltelefon des Angeklagten. Es waren noch einige Chats per „Threema“ erhalten. Zudem hatte er sich selbst, die Ware plus Waage und jede Menge Geld fotografiert. Sein Lieferant und die Kunden bleiben dennoch unbekannt. Der Angeklagte firmierte unter dem Namen „Wäschespinne“. Ein Kunde, der regelmäßig Kokain abholt, nennt sich „Max“. Das war’s auch schon.
Die Chats wurden „relativ konspirativ“ geführt, berichtet die Zollfahnderin. Die Ware wird „Coke“, „Cola“ und „Schnee“ genannt. Der Postbote in dem Ort im Landkreis Neustadt/WN dürfte keinen Schimmer haben, was er da regelmäßig zugestellt hat.
Der 31-Jährige kommt mit einem mittelblauen Auge davon. Das Schöffengericht verhängt 1 Jahr und 7 Monate Haft, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Es wird ein Wertersatz von rund 3000 Euro eingezogen.
Auf dem Seeweg ins Land, per Post zu den Kunden
Der Einfuhrschmuggel von Betäubungsmitteln auf dem Seeweg nach Deutschland hat weiterhin eine sehr hohe Bedeutung. Dies bestätigen Großsicherstellungen von Kokainlieferungen im ein- oder auch zweistelligen Tonnenbereich, insbesondere im Hamburger Hafen.
Der Bezug von Betäubungsmitteln über das Internet (Clearnet, Darknet, Messenger-Dienste, SocialMedia-Seiten etc.) ist mittlerweile fest etabliert. Der Nachrichtenaustausch zur Abwicklung des Rauschgiftgeschäfts erfolgt meist verschlüsselt und weist einen hohen Anonymisierungsgrad auf. Hierdurch ist die Identifizierung von Täterinnen und Tätern anspruchsvoll und mit einem hohen Aufwand verbunden.
Vermehrt wird der Handel von Rauschgift auch über Messenger-Dienste festgestellt, wobei häufig offen zugängliche Chat-Gruppen zum Bewerben von Betäubungsmitteln genutzt werden. Die tatsächlichen Verkaufsgespräche finden dann zumeist in privaten Chats statt. Die große Nutzerzahl von Messenger-Diensten und die dortige umfangreiche Auswahl an Betäubungsmittelangeboten spricht möglicherweise Personenkreise an, die vorher keine Berührungspunkte zum Drogenkonsum hatten.
Zudem hat sich der Handel von Rauschgift auf Social-Media-Plattformen etabliert. Diese Plattformen werden überwiegend von jungen Erwachsenen und Jugendlichen genutzt. Ohne aktiv nach Rauschgift zu suchen, geraten diese Personengruppen frühzeitig und umfassend an professionell präsentierte Rauschgiftangebote. Die Anbahnung der Drogengeschäfte läuft dabei über zahlreiche offene Accounts und wird den Kunden somit sehr leicht gemacht. (Quelle: Bundeslagebild Rauschgiftkriminalität BKA 2023)
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