Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sieht Abgrund des Menschlichen und Moralischen
Flossenbürg/Neustadt/WN. Hoher Besuch bei den Sozialdemokraten im Landkreis: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht war der Stargast beim Jahresempfang des SPD-Kreisverbands. Zuvor wohnte sie der Kranzniederlegung am Gedenkstein für die ermordeten Sozialdemokraten in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg bei.
„Sie sind die erste Verteidigungsministerin in der Gedenkstätte, aber der erste überhaupt war Manfred Wörner im Jahr 1988″, begrüßte Gedenkstättenleiter Dr. Jörg Skriebeleit die SPD-Politikerin Christine Lambrecht vor dem Verwaltungsgebäude. Er sei sehr froh, dass eine solch hochrangige Politikerin diesem bedeutsamen Ort einen Besuch abstatte. Anschließend führte Skriebeleit die Delegation durch die Anlage und schilderte den Gästen sehr fundiert und eindrucksvoll die Geschichte des einstigen Konzentrationslagers. Im Schlepptau der Ministerin dabei: MdB Uli Grötsch, SPD-Kreisvorsitzende Nicole Bäumler, die Bürgermeister Sebastian Dippold (Neustadt/WN) und Thomas Meiler (Flossenbürg), dessen Vorgänger Hans Kick sowie mehrere Sozialdemokraten aus der Region. „Wir müssen die Erinnerungskultur immer pflegen“, betonte Grötsch, und freute sich, dass die Verteidigungsministerin seinem Unterbezirk diesen Besuch abstatte.
Gedenkstätten wichtig
Tief beeindruckt von den Schilderungen des Gedenkstättenleiters sagte die Ministerin: „Wir blicken hier in unglaubliche menschliche und moralische Abgründe. Mir fehlen die Worte.“ Es sei kaum vorstellbar, wozu Menschen fähig seien. Deshalb sei es so wichtig, dem Hass und der Hetze, die immer mehr aufkäme, Einhalt zu gebieten. „Das geht aber nicht nur durch Bestrafung, sondern erfordere vor allem Prävention und Aufklärung.“ Man müsse aus dem Leid der Vergangenheit und der rechten Gefahr von heute die richtigen Schlüsse ziehen. „Die Demokratie ist in Gefahr. Tun wir alles, um dieses hohe Gut zu verteidigen.“ Auch deshalb seien Gedenkstätten wie Flossenbürg so wichtig, sagte Lambrecht, und lobte sie für ihre Arbeit in der politischen Bildung, vor allem für junge Leute.
Viele Menschen suchten in schwierigen Zeiten wie diesen nach einfachen Antworten zu komplexen Fragen, sagte die Ministerin. „Wir erleben immer öfter, wie meist am rechten Rand versucht wird, Menschen mit vermeintlich einfachen Antworten zu fangen.“
Menschliche Abgründe
Am Gedenkstein der SPD im sogenannten „Tal des Todes“ legten Christine Lambrecht, Nicole Bäumler und Uli Grötsch einen Kranz mit roten Rosen nieder. Die hier von den Nazis verübten Greuel zeigten, was passiere, wenn Meinungsfreiheit, Opposition und demokratische Werte nicht mehr gelebt werden könnten. „Hier tun sich Abgründe des Menschlichen und des Moralischen auf.“
Gedenkstein der SPD
Anlässlich des 50. Jahrestags der Befreiung des KZ Flossenbürg enthüllte die SPD am 2. April 1995 auf dem ehemaligen Lagergelände einen Gedenkstein. Er steht zwischen dem damaligen Appellplatz und dem Lagergefängnis
und soll an die politisch Verfolgten und an andere Flossenbürger KZ-Opfer erinnern.
Der Gedenkstein wurde auf Initiative der Oberpfälzer SPD und des damaligen SPD-Ortsvorsitzenden Albert Schwägerl aufgestellt. Laut Schwägerl soll der Stein „eine ständige Erinnerung für die während der NS-Zeit ermordeten SPD-Mitglieder, genauso aber auch für alle anderen Opfer sein.“
Den Gedenkstein aus Flossenbürger Granit stellte ein ortsansässiger Steinmetzbetrieb kostenlos zur Verfügung und bearbeitete ihn in seinen Werkstätten. Die Gestaltung übernahm Künstler Karl Aichinger aus Weiden. Es handelt sich um einen mehr als zwei Meter hohen und fünf Tonnen schweren Stein mit folgender Inschrift:
„Den Frauen und Männer, die ihr Leben gegeben haben für Menschenwürde, Freiheit und Gerechtigkeit. SPD 1995. 1938-1945“
Ein Bericht über den Jahresempfang der SPD und ein Exklusiv-Interview mit Verteidigungsministerin Christine Lambrecht folgen.
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