Statt Heizungsaustausch: Immer mehr Orte setzen auf Fernwärmenetz

Neustadt/WN. Das neue Heizungsgesetz ist so gut wie beschlossen. Die alten Gas- und Ölheizungen müssen irgendwann raus. In der Kreisstadt ist für die Siedlung Gramau eine Alternative auf dem Weg: ein Fernwärmenetz. Sprich: eine große Heizung für alle.

Fernwärme
Gerhard Alwang und Arthur Weber wollen Fernwärme für Neustadt forcieren. Foto: Christine Ascherl

Was ist das? So könnte das aussehen: Auf einem Grundstück nahe der Gramau wird eine große Hackschnitzelheizung gebaut. Von diesem Heizwerk gehen Rohre in die Gramau. In ihnen fließt heißes Wasser in die angeschlossenen Häuser. Dort wird die Hitze über einen Wärmetauscher an den Heizkreislauf des Hauses übertragen.

Bisher ist das alles Fantasie. Angestoßen haben die Idee schon vor über einem Jahr Gerhard Alwang und Siedlervorsitzender Arthur Weber. „Das ist nichts Neues, das ist keine revolutionäre Erfindung“, betont Alwang. Fernwärmenetze gibt es beispielsweise in Seßlach bei Coburg, Gößweinstein, aber auch in Bärnau und Vohenstrauß.

Ja, sogar in Neustadt/WN teilen sich schon mehrere Gebäude eine Wärmequelle. Die BayWa betreibt in der Bildstraße auf dem Felixberg eine Hackschnitzelanlage, mit der unter anderem die Schulen geheizt werden. Mit einer Verlängerung der Rohre über die Floß sollen künftig noch Sparkasse, Stadthalle und Schloss angeschlossen werden.

Vorbild Vohenstrauß: Dort wird erweitert

Gute Erfahrungen macht auch Vohenstrauß. Hier schürt man zentral in einem Biomassekraftwerk neben dem Sportzentrum Restholz aus den umliegenden Wäldern ein. Das erhitzte Wasser wird an die halbe Innenstadt von Vohenstrauß geliefert. Angeschlossen sind 27 Abnehmer: alle Schulen, Caritas-Altenheim, Krankenhaus, Pfarrhof, Rathaus, etliche Privathaushalte. Und: „Wir planen die Erweiterung“, sagt Markus Schaller, Geschäftsführer der „Naturenergie Eslarn-Vohenstrauß GmbH“.

Woher kommt’s, dass Vohenstrauß schon so weit ist? Die Anfänge liegen im Jahr 2008. Damals kündigte E.ON an, eine Biogasanlage für die Schulen errichten zu wollen. Landwirt Schaller kontaktierte seine Kollegen von der Waldbesitzervereinigung: „Leute, das können wir uns nicht entgehen lassen. Das machen wir selbst.“ Unbrauchbares Holz falle sowieso an: ob durch Käfer oder Sturm. Bei den Bürgermeistern Josef Zilbauer und später Andreas Wutzlhofer stießen die Waldbesitzer auf offene Ohren. „Für uns war das damals eine Chance.“

Notkessel mit Öl für alle Fälle

Das Gelände nahe dem Sportzentrum in Vohenstrauß wurde klug gewählt: nämlich groß genug. 2012 folgte die erste Erweiterung. Aktuell ist eine weitere große Erweiterung geplant. Es sind schon zu viele Abnehmer angeschlossen, sodass im letzten Jahr aus dem Notkessel 100.000 Liter Öl verheizt werden mussten. Mit der Straßenmeisterei und Baugenossenschaftshäusern haben weitere große Interessenten um einen Anschluss angefragt. Die Erweiterung soll erst 2024 erfolgen, weil das Genehmigungsverfahren ab 1000-kw-Leistung etwa ein Jahr dauert.

Und die Kosten? Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Eine Leitungsverlegung „im Grünen“ kommt laut Schaller auf rund 200 bis 250 Euro pro Meter, im Gehwegbereich auf bis zu 600 bis 800. Wichtig sei zudem eine gewisse Abnehmerdichte, um Leitungsverluste zu vermeiden und die Kosten zu senken. „Aber man bringt immer nur die Hälfte unter einen Hut.“ Pro Kilowattstunde verlange die Naturenergie 7 bis 8 Cent. Schaller ist überzeugt: „Gerade in älteren Siedlungen, wo alle das Problem mit ihren alten Heizungen bekommen, da lohnt sich das.“

Eventuell auch Anschluss des Blumenviertels denkbar

Zurück zur Gramau: Das Siedlungsgebiet wäre eine solche „ältere“ Siedlung. Kaum einer, der hier nicht mit Gas oder Heizöl heizt. In einer Umfrage von 2022 mit gut 130 verteilten Fragebögen zeigten 66 Hauseigentümer Interesse. Die Initiatoren Alwang und Weber sehen viele Vorteile in einem gemeinsamen Nahwärmenetz: Die Hauseigentümer müssten sich keine Gedanken über einen Tausch mehr machen. In das Gebiet fallen auch 50 Eigentumswohnungen, verwaltet von der Stadtbau, für die das Gleiche gilt: Ihre Gasheizung ist 25 Jahre alt.

Weitere Vorteile: Ein Kaminkehrer sei künftig nicht mehr nötig. Man sei weitgehend unabhängig von Energie-Importen. Als Lage schwebt den Ideengebern ein Standort nahe der Gramau vor. „Eventuell könnte man das Blumenviertel auch noch anschließen.“

Aktuelle Informationen in Bürgerversammlung

Wie geht es weiter? Der Stadtrat Neustadt hat 2022 den Ingenieur Karl Meier zum Energiereferenten ernannt. Er hat eine weitere, detaillierte Befragung der Siedler gestartet und auf die alte Gramau ausgeweitet. 220 Fragebögen wurden verschickt, die das Interesse ermitteln sollen. Je mehr, desto besser. „Wir brauchen eine gewisse Anschlussdichte. Das muss für die Bürger bezahlbar sein.“ Die BayWa nenne als Hausnummer 20.000 Euro Anschlusskosten und 6,5 Cent für die Kilowattstunde. Ziel sei die maximal Förderung, so Meier.

Der Energiereferent will sich auf Nachfrage in der Bürgerversammlung am Mittwoch (19 Uhr, „Weißes Rößl“) zum Thema äußern. So viel vorab: Man arbeite inzwischen mit dem Institut für Energietechnik an der OTH Weiden-Amberg zusammen. Nächster Schritt ist der Förderantrag für eine Machbarkeitsstudie. „Wir sind drüber.“

Auch in Parkstein Fernwärme-Projekte

Auch in Parkstein gibt es die Idee, mit einem gemeinsamen Fernwärmenetz Wohngebiete (Hammerles und Parkstein-Süd) zu heizen. Die Marktgemeinde lässt sich vom Energie-Technologischen Zentrum (ETZ) Nordoberpfalz unterstützen.

Im Mai waren die Berater zu zwei Bürgerversammlungen in Hammerles und Parkstein vor Ort, um die grundsätzlichen Vorteile einer Fernwärmeversorgung zu erläutern.

Bis Mitte Mai lief eine Erhebung der Marktgemeinde. In Fragebögen wurden Interesse und Bedarf abgefragt.

Der Aufruf der Marktgemeinde Parkstein: „Machen Sie mit! Nur wenn sich genügend Bürger an die Nahwärmeversorgung anschließen, sind ein wirtschaftlicher Betrieb und ein günstiger Wärmepreis möglich.“

Wie in der Marktgemeinderatssitzung im Juni unter „Sonstiges“ bekannt wurde, könnte ein Nahwärmenetz für Hammerles umgesetzt werden, eventuell als Bürgerenergie-Genossenschaft. Die Beteiligung läge bei 80 Prozent.

(Anmerkung: Nah- und Fernwärme sind das Gleiche, nur werden mit Nahwärmenetz eher dezentrale, kleinere Leitungsnetze mit wenig angeschlossenen Haushalten bezeichnet.)

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