SPD-Delegation besucht Dornrose e. V. und fordert flächendeckendes Beratungsnetz
Weiden. Es sind erschreckende Zahlen, die sich die SPD-Delegation bei einem Besuch der Hilfsorganisation Dornrose e. V. anhören musste. Unter anderem stieg 2022 die Zahl sexualisierter Gewalt gegen Frauen gegenüber 2020 um 22 Prozent.

Anlass des Informationsgesprächs war die Auseinandersetzung im SPD-Kreisvorstand mit speziellen Frauenthemen. Sozialpädagogin Angela Frank von Dornrose e. V. führte die Delegation, zu der neben der Kreisvorsitzenden und Landtagskandidatin Nicole Bäumler auch SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzender Günter Stich sowie die SPD-Kreisvorstandsmitglieder Maria Sauer, Eli Dreßler und Adrian Kuhlemann gehörten, durch die Räume der Beratungsstelle. Die Stellenbesetzung bei Dornrose bezifferte sie auf 2,5 Vollzeitstellen (eine Person Leitung und Prävention, drei Beraterinnen, eine Verwaltungskraft).
Erschreckende Zahlen
Dornrose-Vorstandsmitglied Dr. Sema Tasali-Stoll gewährte Einblicke in die Statistik der Jahre 2020 bis 2022. Man habe einen enormen Anstieg der Fälle sexualisierter Gewalt feststellen müssen, bei denen Dornrose in Anspruch genommen wurde: von 149 im Jahr 2020 auf 181 im vergangenen Jahr. „Das sind erschreckende 22 Prozent mehr“, sagte Tasali-Stoll. Noch stärker gestiegen sei die Zahl der bei Dornrose in Anspruch genommenen Gespräche von Frauen: von 429 (2020) auf 594 (2022), was eine Zunahme von 38 Prozent bedeute. „Es gab auch eine Zunahme schwerer Fälle sexualisierter Gewalt, die mehr Betreuung brauchen, sowie eine deutliche Zunahme folgender drei Tätergruppen: Gleichaltrige, Stiefväter/Lebensgefährten der Mutter, Profis (Männer, die in einem beruflichen Kontext zu den Opfern stehen: zum Beispiel Trainer und Lehrer).“
Vielfältiges Aufgabengebiet
Die Sozialpädagogin Angela Frank berichtete von einer starken Zunahme vor allem bei sexualisierter Gewalt im digitalen Kontext. „Oft realisieren die Opfer anfangs gar nicht, was passiert.“ Sie erläuterte die Aufgabengebiete von Dornrose e. V.:
- Beratung für Opfer sexualisierter Gewalt und für Angehörige von Opfern sexualisierter Gewalt
- Prozessbegleitung für Opfer sexualisierter Gewalt (vor allem Vorbereitung auf den Prozess)
- Stabilisierung, um den Alltag wieder bewältigen zu können
- Selbsthilfegruppe
- Anlaufstelle für Kinder und Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt wurden
- Präventionsprojekte
- Auch männliche Opfer werden beraten und Kontakt zu spezialisierten Einrichtungen hergestellt
Laut Frank sei die Öffentlichkeitsarbeit für die Beratungsstelle sehr wichtig. „Wir müssen die Sichtbarkeit erhöhen, um Opfern sexualisierter Gewalt zu zeigen, wo und wie sie Hilfe bekommen können. Dazu gehört auch die Berichterstattung in den Medien, was leider manchmal immer schwieriger wird.“ Frank wies auch noch auf das Jubiläum 30 Jahre Dornrose e.V. hin, was unter anderem mit einer Veranstaltung in der Regionalbibliothek Weiden gefeiert wird.
Wie finanziert sich Dornrose e. V.?
- Personalkosten: 50 Prozent durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, 40 Prozent durch die Stadt Weiden und die Landkreise Neustadt/WN und Tirschenreuth, zehn Prozent Eigenanteil (Mitgliedsbeiträge, Förderpatenschaften, Spenden, Bußgelder und Einnahmen aus Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen)
- Sach- und Haushaltskosten: Stadt Weiden, Landkreise Neustadt/WN und Tirschenreuth
Corona hatte Einfluss
Maria Sauer fragte, ob die Corona-Pandemie einen Einfluss auf die Zahlen gehabt haben könnte, was Frank eindeutig bejahte: „Die Fallzahlen in den Corona-Jahren sind deutlich gestiegen. Gründe dafür waren vermutlich, dass die Opfer mehr Zeit im Umfeld der Täter verbrachten. Aber es haben sich auch mehr Opfer getraut, Hilfe in Anspruch zu nehmen.“ Nicole Bäumler wollte wissen, wie die Erstkontakte zur Beratungsstelle zustande kommen. „Meist telefonisch, sehr oft auch über E-Mail. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene nehmen immer mehr auch Kontakt über die sozialen Medien zu Dornrose auf“, erklärte die Pädagogin. Dazu kämen noch Hinweise durch andere Stellen wie das Frauenhaus oder die Kripo.
Flächendeckendes Beratungsnetz
Abschließend zog Nicole Bäumler das Fazit, dass ein flächendeckendes Netz an Beratungsstellen, Notruf-Hotlines und Frauenhäusern dringend auf- beziehungsweise ausgebaut werden müsste. Günter Stich folgerte aufgrund der Entwicklung, dass der Bedarf für den Ausbau der Beratungsangebote bei Dornrose e.V. sehr deutlich sei.
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