Regionale Geschichte(n): Nach Probepredigt wird Kaspar Michel Pfarrer in Grafenwöhr
Grafenwöhr. Der Mitteilung von Hermann Schenkl ist es zu verdanken, dass sich Pfarrer Kaspar Michel und Pfarrer Leonhard Nefzer um die evangelisch-reformierte Pfarrei Grafenwöhr bewarben.
Im Rahmen der Feierlichkeiten rund um das 100-jährige Jubiläum der evangelischen Michaelskirche referierte Heimatpflegerin Leonore Böhm über „Pfarrer Kaspar Michel und die Friedhofskirche von Grafenwöhr – eine Spurensuche“.
Die beiden Pfarrer, die sich bewarben, mussten eine Probepredigt halten. Kaspar Michel (1545 bis 1613, geboren in Dinkesbühl) wurde danach von 1577 bis 1601 der erste reformierte Pfarrer von Grafenwöhr. Von seiner Predigt wurde vernommen, „dass seine Erwürden/ein gelerte person/das heilige und allein seligmachende wort gottes /nach Prophetische und Apostolische schrift/uns und ganzer Kirchmenig (Kirchengemeinde) unverfelscht zum treulichsten vorgetragen hat, daran wir ein Gefallen gehabt.“
Vollendung des Baus 1595
Es dauerte 13 Jahre bis die Friedhofskirche entstand. Bereits 1580 heißt es im Visitationsprotokoll: „Auf dem Friedhof ist ein Predigtstuhl. Vor dem Oberen Tore ist eine Kapelle (= die alte Kirche), die eingeht. Es wird angeordnet, sie abzubrechen und das Material zu verwenden, um auf dem Friedhof einen Plan zu machen, damit Kirchendiener und Zuhörer bei Regenwetter ihren Unterstand haben.“ 1593 erfolgt der Abbruch der sogenannten „Alten Kirche“, einer Ursulakirche. 1595 war der neue Bau vollendet.
Christo servat diß Kirch/jenseit der Stadt vor zeit / In Nam S. Ursula geweiht! – Hatt jetzt ein Gmein Christo zu ehrn / herbaut, sein wort darinn zu lehrn / im Tausent und fünfhundertiar, / als neinzigfünf die khleinr zal war. / O Gott, dein Christlich kirch bewar. Inschrift über dem Portal der Friedhofskirche
„Der Verfasser war sicher der Bauherr selbst. Die Alte Kirche war wohl die Kirche des mysteriösen Hertwigshofs gewesen und vor 1326 errichtet worden“, resümierte Böhm.
Relief eines Christushauptes
Oberhalb der Erbauungsinschrift gibt es noch ein weiteres Kunstwerk zu bestaunen: das Relief eines Christushauptes. Laut Dr. Fuchs (verstorben) der Diözese Regensburg entstand es in den Jahren 1410 bis 1420 (10.11.2006). Bei der Betrachtung des Reliefs denkt man an den Philipperbrief: „Gott hat ihn über alle erhöht und ihm einen Namen verliehen, der größer ist als alle Namen. Darum soll jeder Mund bekennen: Jesus Christus ist der Herr.“
Gemälde hinter dem Nothelferaltar
In evangelischen Kirchen gibt es nur einen Altar. Deshalb gab es viel freie Wandflächen, die in der Friedhofskirche mit Gemälden von Johannes Krapp versehen hat. Die Technik war Malen auf trockenem Putz. Bemalt wurde mit biblischen Themen. In der neuen Chronik gibt es auf Seite 297 eine Abbildung des Gemäldes hinter dem heutigen Nothelferaltar. Auf diesem Gemälde betet der Erbauer der Friedhofskirche vor dem auferstandenen Herrn, dargestellt im mandelförmigen Heiligenschein, einem Kunstgriff, um die ganze Person gut abbilden zu können (im Amberger Pfarrerbuch und im Bischöflichen Zentralarchiv).
16 Kinder
Zu den Familienverhältnissen erklärte die Referentin, dass Pfarrer Michel 16 Kinder hatte. Zwei Söhne wurden in Bayreuth geboren und beerdigt. Die in Grafenwöhr geborenen Kinder hat der Vater im Taufbuch einfach von 1 bis 14 durchnummeriert. Das Kind Nummer zwei erhielt den Namen „Ursula“, wie auch seine Mutter hieß.
Diese Tochter, geboren 1579, erreichte das Erwachsenenalter und wurde die Ehefrau des reformierten Pfarrers Glaser von Freihung. Wenn ein Mädchen verstarb, erhielt ein später geborenes Mädchen den Vornamen der Schwester. „Unbewusst war dies wohl eine Selbsthilfetherapie, um den Verlust des zuvor verstorbenen Kindes besser zu bewältigen“, mutmaßt die Heimatpflegerin. Drei Mädchen der Familie Michel erhielten den Vornamen Margarete.
Jörg Rosner
1976 war das Jahr der großen Entdeckungen in puncto Friedhofskirche. Malermeister Albert Hößl bemerkte bei der Renovierung, als die vordere Fensternische an der Südseite gestrichen wurde, rechts oben eine Unebenheit. Mit Meißel und Hammer wurde das Relief von ihm freigelegt. Zum Vorschein kam der Name: „Jörg Rosner“ und eine stilisierte Rose. Hößl legte auch das Christushaupt und die Bauinschrift frei.
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