Nach Tötung einer Schülerin (10): Bewegender Abschied in Basilika Waldsassen

Waldsassen. In der Stiftsbasilika in Waldsassen nahmen gestern Familie, Freunde und Mitschüler Abschied von dem zehnjährigen Mädchen, das in einem Kinderheim in Wunsiedel getötet worden war.

Symbol, Trauer, Polizei, Mord, Tot, Tod,
Foto: Sven Zeilmann/oberpfalz_aktuell

Die Trauerfeier hielt Stadtpfarrer Dr. Thomas Vogl. Er sprach von einem viel zu kurzen Leben: „Da sind so viele Spuren in ihrem Leben, die wachsen und groß werden wollten.“ Er erwähnte im Zusammenhang mit dem Tod des Kindes in der Oberpfalz auch die Tötung der zwölfjährigen Luisa in Nordrhein-Westfalen: „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.“

Abschied nahmen auch die Kinder, die mit der getöteten Schülerin in einer Gruppe gelebt hatten. Sie hatten eine Schatzkiste voller Erinnerungen mit in die Kirche verbracht, verteilten Papierblumen und Seifenblasen. Es erklang Peter Maffays „Ich wollte nie erwachsen sein“ aus Tabaluga. Für das Sterbebild wählte die Familie den Satz: „Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot.“

Die Beisetzung hatte bereits vergangene Woche in engstem Familienkreis stattgefunden. Die öffentliche Abschiedsfeier am Samstag in Waldsassen wurde von der Polizei begleitet.

Zwei Tatverdächtige

Es ist noch immer wenig bekannt über die Tötung des Kindes in einem Kinderheim in Wunsiedel. Das Kind, das zuletzt im Landkreis Tirschenreuth gelebt hatte, war seit einigen Monaten in der Einrichtung der Caritas im Nachbarlandkreis untergebracht. Träger ist die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg.

In der Karwoche war ein Großteil der Kinder auf Skifreizeit. Die Zehnjährige war mit anderen Daheimgebliebenen in einer Gruppe zusammengefasst worden. Sie wurde am Dienstagmorgen, 4. April, tot in einem Zimmer gefunden. Die rechtsmedizinische Untersuchung ergab laut Staatsanwaltschaft „Gewalteinwirkung am Hals“.

Aktuell spricht die Polizei von zwei Tatverdächtigen: Spurenfunde wiesen zunächst auf einen elfjährigen Mitbewohner hin. Am Freitag, drei Wochen nach der Tat, informierte die Polizei zudem über die Festnahme eines 25-Jährigen aus dem Landkreis Wunsiedel. Er ist kein Mitarbeiter. Es müsse noch geklärt werden, wie er in die Einrichtung gekommen sei. Der Mann sitzt in Untersuchungshaft. Der Junge (11) befindet sich laut Polizei in einer „gesicherten Einrichtung“.

Neue Erklärung der Katholischen Jugendfürsorge

Die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg veröffentlichte am Samstag eine weitere Stellungnahme. Inhalt: Der Krisenstab habe vor dem Hintergrund der zweiten Festnahme unmittelbar beraten, welche Maßnahmen weiterhin und zusätzlich erforderlich sind. Die Befürchtung ist, dass die neuen Erkenntnisse eine neue Welle an Medienanfragen auslösen werden.

Oberstes Ziel sei der Schutz und die Sicherheit der Kinder. „Seit 26 Tagen leben die Kinder, die Fachkräfte und die Einrichtungsleitung in St. Josef im Krisenmodus, müssen mit extremen emotionalen Belastungen umgehen und das Geschehene verarbeiten.“ Die würden dabei von Kollegen begleitet, die in der Traumapädagogik und Trauerarbeit ausgebildet sind. „Dienste werden doppelt besetzt, damit sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicher fühlen und sich austauschen können.“ So sei es gelungen, den Kindern Stück für Stück Normalität zurückzugeben, ihnen Angst zu nehmen und ein sicheres Umfeld zu schaffen.

Weiter im Wortlaut: „Der KJF-Krisenstab und die Einrichtungsleitung von St. Josef in Wunsiedel blicken auf eine Zeit zurück, in der viele Menschen einfühlsam und sorgsam den Kindern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Seite gestanden sind. Die ermittelnde Behörde, die Kriminalpolizei, die Staatsanwaltschaft, Heimaufsicht und Jugendamt haben Hand in Hand zusammengearbeitet und dabei besonders das Wohl der Kinder im Blick gehabt. Die Einrichtung arbeitete von Anfang an mit allen beteiligten Behörden und Stellen intensiv und transparent zusammen.“

Gelände wird noch immer von Polizei abgesichert

Besonderer Dank gelte der Polizei, die das Gelände bis heute absichere. „Die Kinder fühlen sich damit wohl und nehmen die Polizistinnen und Polizisten sehr positiv wahr, was ebenso für die Mitarbeiter gilt. “

Nach der Veröffentlichung der neuen Erkenntnisse durch die Staatsanwaltschaft werde die KJF weiter darauf achten, die Kinder und Mitarbeiter zu stabilisieren und zu schützen. Die Katholische Jugendfürsorge beantworte Presseanfragen nur im Hinblick auf die Krisenintervention. Alle anderen Fragen seien Sache von Polizei und Staatsanwaltschaft.

Kritik an Boulevardpresse

„Sorge bereiten indes verstörende Darstellungen und reißerische Inhalte in der Boulevardpresse und auf Social-Media-Kanälen.“ Während der letzten drei Wochen im Krisenmodus habe es die Einrichtungsleitung in St. Josef und die pädagogischen Fachkräfte viel Kraft gekostet, mit manchen Veröffentlichungen umzugehen. „Manche Inhalte machten fassungslos, verzweifelt oder wütend.“

Seitens KJF und Einrichtungsleitung stehe auch hier der Schutz der Kinder und das Kindeswohl an oberster Stelle. „Als Anwälte für die ihnen anvertrauten Kinder sensibilisieren sie die breite Öffentlichkeit dafür, dass die Rechte der Kinder respektiert und geschützt werden müssen.“ Unterzeichnet ist die Erklärung von Christine Allgeyer, persönliche Referentin des Direktors der Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg.

Der Stand der Ermittlungen: Am Freitag gab die Polizei überraschend die Festnahme eines weiteren Tatbeteiligten (25) bekannt.

* Diese Felder sind erforderlich.