Kultstück „Der Watzmann ruft“ verbindet Klamauk und Tiefgang

Wunsiedel. Es liegt wohl an Sänger Wolfgang Ambros, dass viele den „Watzmann“ für einen österreichischen Berg halten. Da passt es ins Bild, dass „Der Watzmann ruft“ bei den diesjährigen Luisenburg-Festspielen ebenfalls zwei Österreicher – Peter Hohenecker und Robert Draxler – in Szene setzen. Die Premiere am Donnerstagabend wurde von den Besuchern frenetisch gefeiert.

Fulminant geriet der Auftritt des Gailtaler-Tim, an dem auch die Damen der Kreismusikschule Tirschenreuth beteiligt waren. Foto: Miedl/Luisenburg-Festspiele
Fulminant geriet der Auftritt des Gailtaler-Tim, an dem auch die Damen der Kreismusikschule Tirschenreuth beteiligt waren. Foto: Miedl/Luisenburg-Festspiele
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Als Knechte überzeugten Manuel Karadeniz (l.) und Peter Hohenecker. Foto: Miedl/Luisenburg-Festspiele
Als Knechte überzeugten Manuel Karadeniz (l.) und Peter Hohenecker. Foto: Miedl/Luisenburg-Festspiele
Der Vater kann den Bua nicht davon abhalten, es mit dem Watzmann aufzunehmen. Foto: Miedl/Luisenburg-Festspiele.
Der Vater kann den Bua nicht davon abhalten, es mit dem Watzmann aufzunehmen. Foto: Miedl/Luisenburg-Festspiele.
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„Watzmann, Watzmann, Schicksalsberg, du bist so groß und i nur a Zwerg“, heißt es in einem Lied aus dem sogenannten „Rustical“ von Wolfgang Ambros, Manfred O. Tauchen und Josef Prokopetz. Zumindest aufführungstechnisch lässt sich dieses Szenario auch problemlos aus dem Berchtesgadener Land ins Fichtelgebirge verlegen. Vom ersten Moment an wird deutlich, dass die „Macher“ des Stückes einen unschlagbaren Partner an ihrer Seite haben – und diesen intelligent einsetzen: die Bühne und die Kulisse, die sich im Felsen auftun. Bereits die Ouvertüre zieht die Besucher tief hinein in die Schicksalswelt rund um den Watzmann. Und wenn der Berg sein „Hollaröhdulliöh“ ruft, dann wird jedem klar, dass Unheil in der Luft liegt und der Watzmann respektive das Fichtelgebirge ein neues Opfer sucht.

Stück bekommt auf der Luisenburg zusätzlichen Tiefgang

Der Inhalt des Original-Stückes gilt gemeinhin aufgrund der Überdrehtheit und klamaukigen Szenen des gesamten Werkes als vernachlässigbar, auf der Luisenburg bekommt das Stück zusätzlichen Tiefgang verliehen. Echte Volkstheater-Themen wie die Rebellion und Emanzipation des Bua gegenüber dem Vater oder der Verlust des Kindes werden in der Inszenierung gut herausgearbeitet, was auch an zwei Hauptakteuren auf der Bühne liegt: Peter Hohenecker und Manuel Karadeniz glänzen nicht nur als von Weisheit verschont gebliebene und verschrobene Knechte („Ich bin a Knecht!“) mit viel Wort- und Aktionswitz, sondern sie geben den Figuren Vater und Bua spielerisch und gesanglich auch eine erkennbare Tiefgründigkeit und Entwicklungslinie.

Optischer und musikalischer Höhepunkt der Inszenierung ist freilich der Auftritt der „ausgschamten Person“, in diesem Fall allerdings nicht der berühmt-berüchtigten „Gailtalerin“, sondern des nicht weniger anrüchigen „Gailtaler-Tim“, erneut dargestellt von Peter Hohenecker. Dieser Kniff der Regisseure mag vielleicht den ein oder anderen „Watzmann“-Puristen leicht verstören, fügt sich aber perfekt in ein modernes Gewand des Kultstückes ein – genauso übrigens wie die gekonnte musikalisch-komödiantische Ankündigung durch die ebenfalls neue Rolle des Mariachi (Dante Sáenz).

Frivole Schauspiel- und Musicalmomente

Testosterongesteuert und sexuell nach allen Seiten hin offen, sorgt der Gailtaler-Tim für frivole Schauspiel- und Musicalmomente, die man als Zuschauer nicht so schnell vergessen wird. Dass bei seinem Auftritt dann sogar auch ein echtes Feuerwerk gezündet wird, passt ins Bild. Und weil wir schon beim Neuen sind: Eingeführt wird die Rolle des „Watzmann Junior“, die vom bekannten Fernsehschauspieler Andreas Hoppe übernommen wird. Er verleiht dem Berg das Lebendige, er mischt sich ins Geschehen ein, er lenkt in eine bestimmte Richtung und er mimt den subjektiven, fast manipulativen Erzähler.

Und Hoppe singt mit markanter Stimme nicht nur ein grandioses „Oh St. Hubertus“, sondern intoniert mit seiner Duett-Partnerin Lilia Höfling ein bewegendes „Abwärts und bergauf“.
Zum Gelingen des Luisenburg-Konzepts des „Watzmann“ tragen noch bei: Das gesamte Kreativteam mit Choreografin Anita Holm, Musikalischen Leiter Stefan Wurz, Resident Choreographer Anastasia Troska, Kostümbildnerin Evelyn Thell und Dance Captain Josephine Kindl sowie die furios aufspielende sechsköpfige All Female Band, zu der auch eine DJane gehört.

Performance, die schwer zu toppen ist

Eine weitere positive Überraschung des Abends sind die mitwirkenden Amateure: Die Damen der Kreismusikschule Tirschenreuth liefern im Ballett (Leitung: Sylvia Brauneis) und im Chor eine Performance ab, die auch von Profis schwer zu toppen ist: Die Tänzerinnen trotzen bei ihren Choreografien dem regennassen Bühnenboden und geben ein stimmiges Bild ab. Zum Schluss bleibt die bekannte Erkenntnis: Wen oder was der Watzmann einmal in seinen Klauen hat, lässt er nicht mehr los. Viel Applaus für eine gelungene Premiere.

„Der Watzmann ruft“ wird noch bis einschließlich 18. August gespielt. Weitere Informationen unter www.luisenburg-aktuell.de.

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6 Kommentare

Karl-Heinz Gahn - 08.08.2024

Wir sind seit 20 Jahren Gäste der Luisenburg Festspiele. So auch gestern in der Vorstellung „der Watzmann ruft“. Uns so ein Stück zu präsentieren, war für uns enttäuschend. Flach ohne Handlung, Einlagen völlig unpassend, nein danke. Die 62 € für die Karte wären als Spende besser investiert. So will man neue Wege gehen und seine alten Kunden verlieren. Da sehnt man sich nach Herrn Lerchenberg zurück.

Stefan - 04.08.2024

Von stimmgewaltig (Rainer Hoppe) kann nicht die Rede sein, ich weiß nicht in welcher Vorstellung der Kolumunist war bzw das Original schon mal gehört hat. Das ganze Stück war gut inszeniert Gute Alternative Idee war der Gailtaler Tim 4.3.24 Stefan Wein

Stefan - 29.07.2024

So ganz nachvollziehen kann ich die Lobhudelei in diesem Artikel nicht. wir haben die Vorstellung am 25.07.2024 besucht und waren dann doch eher gemischt in unseren Gefühlen nachher. Dass hier nun ein Gailthaler-Tim unterwegs sein muss – ok – kann man geteilter Meinung sein, aber störte für mich die Sache nicht wirklich. Gute gemacht hat das Ensemble seine Sache – da kann man nicht viel aussetzen. Was allerdings Herr Hoppe hier sollte ist für mich völlig unverständlich – der Watzmann sollte mE nicht eingehochdeutscht werden – das ist schlichtweg schlecht. Herr Hoppe ist somit für mich eine absolute Fehlbesetzung an dieser Stelle und es verwundert mich wirlich warum die Festspiele hier nicht schon längst nachgebessert haben. Gehts um den „großen“ Namen evtl. ? Ganz abgesehen davon dass sein „Gesang“ schon eher … naja .. und lustlos wirkte er zudem. Schade fand ich zudem dass „Nackt und Bloß“ auf eine Minirapversion gekürzt wurde .. das raubt mE viel von der Bedeutung des Liedes für das Stück.

Martina - 18.07.2024

Was sagt Wolfgang Ambros dazu, dass der Watzmann plötzlich „preisisch “ spricht. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten und die Inszenierung hat ihre Höhen und Tiefen ,aber der Berg bleibt in Bayern. Der beeindruckende Schluss.als der Bua fallt ,wird durch ein Hiatamadl zunichte gemacht. Wenn ich das gewusst hätte…..

Manuela - 08.07.2024

Eine wundervolle Inszenierung Klamauk mit Tiefgang- besser lässt es sich nicht beschreiben. Und ja ich kann mir vorstellen, dass die Szene mit dem Gailtaler Tim für den ein oder anderen leicht verstörend sein könnte. Für uns war es ein gelungener Abend, der lange in Erinnerung bleiben wird.

Juli H - 06.07.2024

Was in dieser Kritik, als tolle Performance gefeiert wird, ist leider ein Stück, welches mit dem Titel „Watzmann“ nicht mehr allzuviel zu tun hat. Eher dem momentanen Zeitgeist geschuldet. Alles muss ein Problem (Vater-Sohn) aufzeigen. Oder eine sexuelle Note enthalten welche nicht der altbekannten Rollenverteilung entspricht. Anscheinend müssen solche Komponenten drin sein um mehr aus den Fördermitteltöpfen zu bekommen. Einfach ein Stück zu inszenieren, welches von der Lust am Spiel der Worte und dem Spiel mit schrägen Figuren lebt, das scheint nicht mehr möglich zu sein. Für mich ist es in gewisser Hinsicht Etikettenschwindel. schade um die weite Anreise (270 km) und das Eintrittsgeld.