Kein Aufstiegsversprechen von Achim Beierlorzer: Der neue Sportchef als ambitionierter Jahn-Psychologe

Regensburg. Die Verantwortung für die nicht ganz so geglückten Personalentscheidungen nimmt Jahn-Präsident Hans Rothammer zähneknirschend auf seine Kappe. Dafür freut er sich zusammen mit der Jahn-Familie umso mehr über das Lob für die Rückkehr des großen Hoffnungsträgers.

Vorstellung eines alten Bekannten als neuen Sportchef: Achim Beierlorzer (links) bei der Pressekonferenz am Montag mit Jahn-Präsident Hans Rothammer (rechts) und Pressesprecher Johannes Liedl. Bild: jrh

Eine knappe Stunde dauert die erste Pressekonferenz mit dem neuen Sportchef. Und sofort spürt man: Es weht wieder ein anderer Wind in der Jahn-Arena. Auch wenn Achim Beierlorzer einen Teufel tut, die Vorschusslorbeeren mit einem voreiligen Wiederaufstiegsversprechen zu verspekulieren – eines macht der forsche Leipzig-Rückkehrer deutlich: „Wir haben einen Vereinswert und der heißt ambitioniert. Und das sind wir, definitiv.“ 

Und das seien auch die neu verpflichteten Spieler: „Sie sind ebenfalls absolut ambitioniert und wollen den nächsten Schritt gehen.“ Der Verein werde ehrgeizig in diese Saison gehen: „Wir wollen das Bestmögliche erreichen, aber definitiv die wichtigsten Ziele sind jetzt zwei: Mannschaft werden und Dritte Liga annehmen.“ Den Kader lobt er jetzt schon in höchsten Tönen (siehe Info-Kasten unten).

Beierlorzer vermeidet Fehler der Arminia

Umgekehrt gelte mit Blick auf Arminia Bielefeld, die von der Ersten in die Dritte Bundesliga durchgereicht wurden: „Der größte Fehler ist, jetzt sofort den Wiederaufstieg als Ziel zu setzen, die Mannschaft, den Verein damit unter Druck zu setzen, weil das ist ja genau der Fehler, den Nürnberg gemacht hat, den Bielefeld gemacht hat, den Aue gemacht hat. Den werden wir nicht machen.“

Und damit auch gleich mal klar ist, wie hier neuer Herr im Jahn-Stadion ist, dreht Beierlorzer bei der provokanten SZ-Frage, wo die großen Neuverpflichtungen bleiben, gleich mal den Spieß um: „Haben Sie unseren Kader schon so intensiv analysiert, dass die Frage berechtigt ist?“ Und dann dekliniert der Fußballlehrer alle Spielernamen auf ihren Positionen durch, um zu der Schlussfolgerung zu gelangen: „Wir brauchen definitiv noch einen dritten Torwart, aber viele Neuverpflichtungen wird es nicht mehr geben müssen.“

Achim arbeitet an Coach-Zurückhaltung

Wie sehr der Mentalitätsmonster-Macher der ersten beiden Zweitliga-Saisons bereits wieder brennt, zeigt die fast schon ehrfürchtige Frage aus dem Fanlager, ob es nicht zu Reibungen mit Jahn-Trainer Joe Enochs komme, wenn er, wie beim Testspiel beim SC Katzbach (7:0, Bezirksliga), derart engagiert an der Seitenlinie mit coache? „Ich werde es definitiv schaffen, dass ich mich da zurückhalte“, muss Beierlorzer lachen. „Das wird mir gelingen, definitiv.“ 

Andererseits sei es schon so: „Wenn man von außen ein Spiel betrachtet, sieht man das als Trainer – und es ist auch gut so.“ Klar wisse er um seine Position und Funktion und müsse da auch an sich arbeiten und zu sich sagen:  „Du bist jetzt nicht der Coach, du gehst nicht an die Linie und sagst irgendwas.“ Aber Beierlorzer und Joe Enochs würden sich ja gut genug kennen: „Wir haben den Lehrgang gemeinsam absolviert.“ Das werde für beide eine Win-win-Situation. „Jetzt schauen halt zwei Fußballlehrer auf die ganze Sache.“

Hans im Glück: Lob für des Präsidenten geschundene Seele

Bei so viel neuem Schwung kann sich Vorstandsvorsitzender Hans Rothammer vergnügt die Hände reiben. „Mit dem Tag, als Achim Geschäftsführer Sport wurde, ist eine emotionale Wende eingetreten“, hat er beobachtet. „Ich habe so das Gefühl, dass der sich anbahnenden Depression im Umfeld wegen des Abstiegs, wegen der Situation mit der Trainerfrage und der Position des Sportgeschäftsführers, als sich so ein Schleier über die Jahn-Familie gelegt hatte, hat dieser Schleier mit der Bekanntgabe des Namens Achim Beierlorzer Risse bekommen und in den letzten Wochen kann ich von diesem Schleier nichts mehr entdecken.“ 

Großes Vertrauen setze man „in den Achim, dass das eine gute Saison wird, dass er diese Position ausfüllt, dass wir eine gute Mannschaft bekommen und er den Jahn in eine gute Zukunft führen wird, was das Sportliche betrifft“. Die kaufmännische Chefposition sei ja mit Philipp Hausner ohnehin hervorragend besetzt.

Hat wieder gut lachen: Jahn-Präsident Hans Rothammer bei der Vorstellung des neuen Sportchefs Achim Beierlorzer. Bild: jrh

Beierlorzer nutzt das lange Sabbatical

Nachdem bei den beiden Vorgängern der aufwändige Auswahlprozess zu suboptimalen Ergebnissen geführt hat, habe sich Rothammer gedacht: „Jetzt ruf’ ich den halt mal einfach an, den Achim, und frage ihn, ob er Interesse daran hat – das hatte er, und dann ist der Prozess ins Laufen gekommen.“ Da man Beierlorzer anders als Roger Stilz und Tobias Werner bereits gut kenne, „mit seinem sportlichen Sachverstand, da haben wir nicht lange herumdiskutieren müssen, ob das der richtige Mann ist“. Die Gremien hätten ihre Zustimmung einstimmig gegeben.

Beierlorzer habe nur eine Bedingung gestellt: „Dass, wenn er am 1. Juli hier anfängt, schon mindestens 20 Spieler da sind.“ Er habe ja vor diesem Datum nicht aktiv werden können. „Und wie Sie sehen, haben wir diese Bedingung auch erfüllt.“ Dass Beierlorzer, der die anderthalb Jahre Freistellung von RB Leipzig „sinnvoll bei Sky-Matchplan, mit Sichtungen, beim Austausch mit Kollegen, aber auch privat genutzt“ habe, keinen Einfluss auf die Kaderplanung hatte, darf freilich bezweifelt werden.

Neuer Jahn-Sportchef schwärmt vom Drittliga-Kader

„Der erste ganz wichtige Ansatz, war eine Struktur reinzukriegen“, erklärt Sportchef Achim Beierlorzer die Herangehensweise beim Regensburger Neuaufbau in Liga 3. „Wir haben mit Felix Gebhardt (Hallescher FC) einen sehr guten Torwart verpflichtet, wir haben sehr stabile Innenverteidiger, wir haben mit Andi Geipl einen zentralen Mittelfeldspieler verpflichtet, der den Jahn kennt, wie kaum ein anderer – ich sage kaum, weil Bene Saller noch länger da ist.“ Gesucht werde noch ein dritter Torwart, „da wir momentan mit zwei Torhütern unterwegs sind und die anderen beiden Torhüter sind aus der Jugend mit dabei“. 

Der zweite Aspekt: Gebt Gas, er will Spaß! „Und da haben wir sehr viele Spieler mit Tempo verpflichtet. Auch etliche Spieler – und das erinnert mich dann schon wieder an unsere damalige Mannschaft – die eine kleine Delle hatten, die ihren zweiten Ansatz versuchen wollen, da helfen wir intensiv.“ 

Denn auch das müsse man in diesem Zusammenhang hervorheben: Das Trainingszentrum sei ein weicher Standortfaktor, wenn es darum gehe, Spieler vom Jahn zu überzeugen. „Das, was jetzt dasteht, ist einfach sensationell für einen Verein, der sagt, wir investieren nicht nur in Spieler, sondern wir investieren auch in Infrastruktur, weil der Verein länger da sein wird als die Spieler. Was wir da zeigen können, da sind die Spieler völlig begeistert.“

Apropos Beine: Die Einkaufstour sei weitgehend abgeschlossen. „Im Abwehrbereich sind wir eigentlich komplett, und zwar sehr gut besetzt.“ Mit Bryan Hein (HSV-Nachwuchs) habe man einen sehr schnellen Linksverteidiger verpflichtet, mit Luis Breunig (Leihe vom 1. FC Nürnberg) einen talentierten Links- und Innenverteidiger. Mit Florian Ballas (KSC) und Alexander Bittroff (Energie Cottbus) zwei sehr stabile Innenverteidiger und mit Robin Ziegele (FSV Zwickau) einen Drittliga-erfahrenen 26-Jährigen. Extrem stabil sei man auf der rechten Seite mit Bene Saller und Konrad Faber doppelt besetzt: „Wo wir ja schon überleben müssen, wenn wir die beste Mannschaft auf den Platz bringen – gut, mit zwei Rechtsverteidigern werden wir nicht spielen, da wird einer vielleicht eine andere Position einnehmen.“ 

Im Zentrum warte man nicht nur mit den jungen Talenten Christian Schmidt und Yannik Graf vorne (beide Jahn II) auf, sondern mit Andi Geipl (FC Heidenheim) und Christian Viet mit zwei veritablen Zweitliga-Spielern – ergänzt mit Talenten wie Rasim Bulić (FSV Mainz 2) oder Tobias Eisenhuth (Energie Cottbus): „Da sind wir jetzt mit Schmidt fünffach besetzt im Zentrum.“ 

Auf dem linken Flügel verfüge man mit Noel Eichinger (FSV Zwickau) und Dominik Kother (Waldhof Mannheim) über zwei pfeilschnelle Spieler – „einer auch noch trickreich, der nach innen ziehen kann“. Man habe mit Niclas Anspach zudem einen zentralen Zehner verpflichtet: „Das ist auch toll, dass wir solche Spieler kriegen können. Wir waren bei vielen Transfers sicher nicht die einzigen und bestimmt auch nicht diejenigen, die das meiste Geld bieten konnten, aber wir haben ein Gesamtpaket schnüren können, da sind unser Trainingszentrum, Joe Enochs und ich dabei – und auch einfach der familiäre SSV Jahn.“ 

Auf der rechten Seite sei es sensationell, dass man Oskar Schönfelder halten konnte. Im Sturmzentrum haben man mit Elias Huth (Erzgebirge Aue), Joel Zwaarts und Noah Ganaus (VfB Stuttgart II) drei absolute Stoßstürmer. Derzeit befinde sich außerdem Agyemang Diawusie (SpVgg Bayreuth) als Testspieler in Regensburg: „Da sind wir in sehr guten Gesprächen, das könnte auch nochmal ein Punkt sein.“ 

Auch das Trainerteam sei komplett neu aufgestellt worden. Neben Cheftrainer Joe Enochs kümmert sich Andreas Patz als Co-Trainer auch um die Video-Analyse, was er bereits fünf Jahre im Ausland erfolgreich getan habe. Neu im Team sind als Torwarttrainer Philipp Tschauner und Philipp Paintner als Co-Trainer Athletik und Reha. „Ich bin da sehr zufrieden“, sieht Beierlorzer optimistisch in die Jahn-Zukunft.

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