Jahn in der Dritten Liga: Schafft Regensburg bei Angstgegner Halle den fünften Sieg in Folge?

Halle. Wieder mal so ein Spiel, das auf dem Blatt Papier nach einer klaren Sache aussieht: Der Vorletzte Hallescher FC gegen den Zweiten SSV Jahn am Samstag, 14 Uhr. Aber erstens tat sich Regensburg bereits gegen den VfB Lübeck redlich schwer. Und zweitens kommt es gegen Halle meistens anders als man denkt.

Was hecken Sportchef Achim Beierlorzer (links) und Jahn-Trainer Joe Enochs gegen den VfB Lübeck aus? Foto: jrh

Der Hallesche FC, ein ehemals stolzes DDR-Oberliga-Team mit UEFA-Cup-Vergangenheit, tut sich nach dem Ausverkauf der Topspieler nach der Wende wie so viele Ost-Mannschaften schwer, wieder zu alter Stärke zurückzufinden. Gegen den SSV Jahn Regensburg hat die viertgrößte Stadt der neuen Bundesländer (242.000 Einwohner) eine positive Bilanz.

Sechsmal trafen beide Mannschaften aufeinander. Die Oberpfälzer konnten dabei nur ein Spiel gewinnen. Dreimal setzten sich die Hallensern durch, zweimal kam es zu einer Punkteteilung. Das letzte Duell fand im Februar 2017 statt – dort trennten sich die beiden Mannschaften trotz zwischenzeitlicher Führung für den HFC mit 1:1-Unentschieden.

Zwei Jahn-Spieler mit Halle-Expertise

Zwei Regensburger wissen genau, wozu der HFC an einem guten Tag in der Lage ist. „Halle hat spielerische Möglichkeiten und ist deshalb ein sehr schwieriger Gegner“, warnt Stürmer Elias Huth, bei dem in Ingolstadt der Knoten platzte, der aber dennoch gegen Lübeck zuschauen musste. Vorletzte Saison schoss er dagegen Halle mit zehn Rückrunden-Toren zum Klassenerhalt.

Und auch der neue Regensburger Publikumsliebling zwischen den Jahn-Pfosten, U21-Nationalkeeper Felix Gebhardt, hielt die Sachsen-Anhaltiner damals mit Glanzparaden in der 3. Liga. Bei seiner Rückkehr ins Leuna-Chemie-Stadion prophezeit er: „Ich erwartete sie wie immer sehr aggressiv und mit dem Versuch, dominant zu sein. Gutes Stadion, gute Fans, da wird auf jeden Fall was los sein.“

Joe Enochs muss Louis und Sepp ersetzen

Jahn-Trainer Joe Enochs muss nach der überflüssigen Kartenorgie vom Heimspiel gegen Lübeck auf zwei Säulen des Regensburger Mannschaftsgefüges verzichten: Auf den jungen Linksverteidiger Louis Breunig (Gelb-Rot, weil er versehentlich einwerfen wollte) und Andi Geipl, der in Ingolstadt in letzter Sekunde zum 4:2 in leere Tor einnetzte (wofür er immerhin keine Karte sah). „Bisher ist es uns ganz gut gelungen, Ausfälle zu kompensieren“, gibt sich Enochs optimistisch.

„Florian Ballas ist zurück im Training, Robin Ziegele sehr zuverlässig, Alexander Bitroff gut drauf – und Tobias Eisenhut hat das in Ingolstadt auf der 6 ordentlich gemacht.“ Dass Halle wegen des ausgefallenen Spiels in Freiburg außer Tritt geraten sein könnte, glaubt der Jahn-Trainer nicht. „Halle hat ein Testspiel absolviert, ist im Rhythmus.“ Und auch er warnt eindringlich davor, den Gegner wegen seines Tabellenplatzes zu unterschätzen: „Wenn man den Namen, die Mannschaft und auch den Trainer sieht, habe ich größten Respekt.“

Hinten anfällig, vorne Chancentod

HFC-Trainer Sreto Ristić, den man von seinen Stationen als Stürmer bei Union Berlin, VfB Stuttgart oder zuletzt Sandhausen kennt, war als Trainer bisher beim Chemnitzer FC und Kickers Offenbach mäßig erfolgreich. Auch sein Start als Chefcoach beim Halleschen FC fällt bescheiden aus. Nach nur acht Punkten aus zehn Spielen müssen die Sachsen-Anhaltiner bereits den Abstiegskampf ausrufen. Nach der 1:4-Heimpleite gegen den starken Aufsteiger Preußen Münster hätte Halle gerne im Kellerduell beim SC Freiburg II Boden gut gemacht – weil der Breisgauer Nachwuchs aber einen Spieler für ein Länderspiel abstellte, wurde die Partie zum Leidwesen der Geburtsstadt Händels auf den 28. November verlegt.

„Wir haben in alle Richtungen vernünftig gearbeitet“, beschreibt Ristić die Aufarbeitung der Fehler in allen Mannschaftsteilen. „Mit dem Ball und gegen den Ball.“ Der HFC hat die meisten Gegentore (23 in 10 Spielen) kassiert. Und wer schon hinten anfällig ist, sollte zumindest vorne den Rückstand kompensieren können. Dem ist bislang nicht so. Der 47-Jährige bemängelt die magere Ausbeute von 14 Treffern.

Ristić: „Zu wenig Tore für den Aufwand“

Dabei stehe der Ertrag in keinem Verhältnis zu den gezeigten Leistungen: „Wenn man nur das Ergebnis sieht, dann würde man sagen, wir können gar keinen Fußball spielen, aber das ist nicht so.“ Sein Team spiele gut, sogar dominant, arbeite sich in jedem Spiel hundertprozentige Chancen heraus: „Aber wir schießen zu wenig Tore für den Aufwand, den wir betreiben“, analysiert der Trainer. Zu sehr sei man auch von den beiden Topscorern Dominic Baumann (6 Tore) und Tunay Deniz (3 Tore, 4 Vorlagen) abhängig.

Ganz anders sei das beim SSV Jahn: „Bei uns ist die Konsequenz in beiden Sechzehner nicht so vorhanden wie bei Regensburg“, sagt Ristić. „Sie brauchen relativ wenig für ganz viel.“ Von der Effizienz der Regensburger könne sich seine Mannschaft einiges abgucken: Mit auch nur 16 Treffern habe der Tabellen-Zweite dank der besten Abwehr (9 Gegentore) bereits 22 Punkte gesammelt.

Nietfeld sucht nach einem Flow wie beim Jahn

Von Regensburg lernen, heißt siegen lernen, findet auch HFC-Kapitän Jonas Nietfeld: Angesichts der frustrierenden letzten Zeit wollen man sich darauf besinnen, Ergebnisfußball zu spielen. „Wir müssen selbst mal in einen Flow reinkommen, wie ihn die Regensburger gerade haben“, sagt der Ex-Regensburger. „Wir müssen die Grunddinger über 90 Minuten auf den Platz bekommen.“

Beim klaren 4:1-Testspielsieg gegen Regionalligisten Altglienicke am vergangenen Wochenende konnten sich Andor Bolyki, Meris Skenderovic, Timur Gayret und Marco Wolf schon mal warm schießen – Baumann wurde wegen Adduktorenproblemen geschont. Der bisher einsatzlose Enrique Lofolomo empfahl sich mit einem engagierten Auftritt in der letzten Reihe. Gut für ihn: „Es ist eine Überlegung, einen Defensivspieler mehr zu bringen“, sagt Ristić.

Im Sturm dagegen sei der Einsatz der angeschlagenen Skenderovic und Eric Berko fraglich. Immerhin: Sommerneuzugang Besar Halimi, der wegen seines Syndesmosebandanrisses erst 68 Minuten zum Einsatz kam, sei seit Mitte der Woche wieder voll im Mannschaftstraining. Der offensive Mittelfeldspieler somit auch eine Option für den Kader.

Kleine Geschichte des Halleschen FC

  • DDR-Oberliga: Der Hallesche FC Chemie spielte von 1965 – mit einer Saison Unterbrechung – bis 1984 sowie zwischen 1987 und 1991 in der DDR-Oberliga, der höchsten Spielklasse im DDR-Fußball.
  • UEFA-Pokal: Der größte Erfolg der Hallenser war der dritte Platz in der Saison 1970/71 und die damit verbundene Qualifikation für den UEFA-Pokal. In der letzten Spielzeit der nunmehr NOFV-Oberliga erreichte man den vierten Tabellenplatz und zog damit ebenfalls in den UEFA-Pokal ein.
  • Nach dem Mauerfall: Bis auf die Saison 1991/92, in der der Verein, als erster aus Sachsen-Anhalt, in der 2. Bundesliga antrat, spielte man bis 2012 nur unterklassig. In der Saison 2011/12 gelang dem Halleschen FC, ebenfalls als erstem sachsen-anhaltischen Klub, der Aufstieg in die 3. Liga. Zum Lohn bekam die Mannschaft ab der Saison 2012/13 ein neues Logo.

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