Eine Lesung, die in Erinnerung bleibt: „Zerrissene Leben“ von und mit Pavla Plachá
Flossenbürg. Pavla Plachá stellt am Dienstag um 18.30 Uhr im Saal im Bildungszentrums in der KZ-Gedenkstätte ihre umfassende Studie „Zerrissenen Leben“ vor, eine wirklichkeitsnahe und historisch abgesicherte Darstellung zu Strukturen in der Gruppe sowie den Schicksalen und Überlebenswegen der tschechoslowakischen Ravensbrückerinnen.

Von den knapp 5000 Ravensbrücker Häftlingen sind eher Milena Jesenská (1896 Prag, † 1944 Ravensbrück) oder die Überlebende Hana Housková (1911 Prag, † 1995 Prag) öffentlich bekannt. Die erstere als Journalistin und Adressatin zahlreicher Briefe von Franz Kafka in den 1920er Jahren. Die letztere überlebte die KZ-Haft, wurde Aktivistin des sogenannten Prager Frühlings in den 1960er Jahren, verließ 1969 die Kommunistische Partei und sah sich anschließend heftiger Denunziation ausgesetzt. Ihr Text „Monolog“ (1993) weckte das Interesse am Schicksal ihrer Leidensgenossinnen.
Von 1939 bis 1945 wurden etwa 123.000 Frauen und Kinder in das nationalsozialistische Konzentrationslager Ravensbrück (KZ) verschleppt. Früh, nach der Zerschlagung der Tschechoslowakei, gehörten auch ihre Staatsangehörigen zu seinen Opfern. Diese Häftlingsgruppe hat eine wesentliche Bedeutung für die Geschichte des KZ, zumal neben den politisch Verfolgten der rassistische Terror hier auch Jüdinnen, Sintezze und Romni aus Böhmen, Mähren, der Slowakei und der Karpaten-Ukraine erfasste.
Vorherrschendes Bild revidiert
Mit der umfassenden Studie „Zerrissene Leben“ von Pavla Plachá (Übersetzung aus dem Tschechischen: Marika Jakeš) liegt nun eine wirklichkeitsnahe und historisch abgesicherte Darstellung zu Strukturen in der Gruppe sowie den Schicksalen und wie Überlebenswegen der tschechoslowakischen Ravensbrückerinnen vor. Dabei wird das seit 1948 von realsozialistischen Deutungen geprägte und herrschende Bild der Erinnerung umfassend revidiert.
Zerrissene Leben
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Mehrere Schnittstellen zum KZ Flossenbürg
Zum ehemaligen Konzentrationslager Flossenbürg gibt es mehrere Schnittstellen. So werden im April 1944 knapp 700 nichtjüdische Häftlinge (Polinnen, sowjetische Staatsangehörige und Tschechoslowakinnen) aus dem KZ Ravensbrück in ein Außenlager von Flossenbürg (Helmbrechts) gebracht, um als Zwangsarbeiterinnen in der Rüstungsproduktion (Metallwerk Neumeyer, Nürnberg) eingesetzt zu werden.
Pavla Plachá

Geboren 1976 in Ústí nad Labem, Studium der Germanistik und Geschichte an der Prager Karlsuniversität mit Abschluss im Jahr 2000. Tätigkeit im Büro für die NS-Opfer des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds.
2019 hat sie an der Universität Hradec Králové mit einer Dissertation zum Thema tschechoslowakische Frauen im Konzentrationslager Ravensbrück promoviert. Derzeit ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für das Studium totalitärer Regime in Prag und Leiterin der Abteilung für die Erforschung des Widerstandes 1938–1989.
Seit langem arbeitet sie mit deutschen Gedenkstätten (Flossenbürg, Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, Gedenkstätte Münchner Platz Dresden) zusammen und war an mehreren tschechisch-deutschen Forschungs- und Ausstellungsprojekten beteiligt.
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