Die TikTok-Schleuser: Landgericht Weiden verhängt insgesamt über 28 Jahre Haft

Weiden/Waidhaus. Das Landgericht hat am Montag einen Rumänen (29) zu 5 Jahren Haft verurteilt. Nicolae F. ist Kopf einer Schleuser-Gruppierung, die mindestens 52 Syrer, Iraker und Libanesen in Schlafkabinen von Klein-Lastern nach Vohenstrauß gebracht hat. Seine Aufträge bekam er per TikTok.

Schleuser TikTok
So werden per TikTok Schleuserfahrer angeworben. Eine Hand blättert 100-Dollar-Scheine auf den Tisch. Der Text lautet: „Wir gehen Risiken ein und verdienen damit Geld, 3000 bis 6000 Dollar als Fahrer. Wenn Sie wollen, schreiben Sie privat.“ Screenshot: Christine Ascherl

Sein Auftraggeber betrieb einen Account auf TikTok unter dem Namen „CurseEmigranti“. Er bot 2000 Euro für jeden Migranten, der von Rumänien nach Deutschland gebracht werde. Nicolae F. ging auf das Angebot ein. Nach seinem ersten Auftrag übergab ihm der TikTok-Mann in Timișoara 10.000 Euro in bar – ein rumänischer Jahresverdienst, wenn nicht sogar ein doppelter.

Fortan lockte das Geld. Beweisbar sind vier Touren mit bis zu drei Fahrzeugen. Nicolae F. versammelte mindestens sechs Mittäter um sich. Sie sind bereits abgeurteilt: Fahrer, Beifahrer, Begleitfahrer und andere Organisatoren, etwa von „Safe-Houses“ an der Strecke. Das Amts- und Landgericht Weiden hat damit für diese Schleuser-Gruppierung Gefängnisstrafen von insgesamt 28 Jahren und 4 Monaten verhängt, wie Oberstaatsanwalt Christian Härtl zusammengerechnet hat.

Zusammenarbeit mit Tschechien und Rumänien

Der Erfolg ist ein internationaler. Die Ermittlungen lagen in der Hand der Bundespolizei Waidhaus unter Federführung der Staatsanwaltschaft Weiden. Die Ermittler arbeiteten eng mit Tschechien und Rumänien zusammen. Die tschechischen Kollegen lieferten beispielsweise Maut-Daten. Diese bewiesen, dass die Klein-Laster im Konvoi auf der A6 nach Deutschland fuhren – und nach dem Abladen sofort zurückkehrten. Die rumänische Polizei recherchierte die Identität eines Mittäters anhand eines Facebook-Profils. Auch Großbritannien war involviert: Dort konnte der 29-Jährige im Frühjahr festgenommen und ausgeliefert werden.

Als Motiv nannte Verteidiger Stephan Schütz finanzielle Not. Der 29-Jährige hat in Rumänien zwei Kleinkinder. Das Haus der Familie, in dem auch seine Eltern leben, sei abgebrannt. Seit er 18 Jahre alt ist, verdient sich Nicolae F. sein Geld als Arbeitsnomade innerhalb der Europäischen Union: Er arbeitete auf Baustellen in Schweden, später als Fahrer in Deutschland. Zuletzt war er auf Arbeitssuche in England.

Schleusung Schleuser
Der wegen Schleusung angeklagte Nicolae F. (Mitte) mit einem Übersetzer und seinem Verteidiger Stephan Schütz. Im Hintergrund Staatsanwältin Antonia Heitmann-Gordon. Foto: Christine Ascherl

Bundespolizist: „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie eng das ist“

Ein Bundespolizist schilderte, wie eng es in den Schlafkabinen zuging. Bis zu acht Personen waren für die 13-Stunden-Fahrt in der Koje über dem Fahrer versteckt: auf 2 mal 1 Meter, 80 Zentimeter hoch. „Das kann man sich gar nicht vorstellen, wie eng das ist.“ Es gibt keine Belüftungsmöglichkeit, keine Sicherungsvorrichtungen. „Und es war August.“ Schleusungen sind teuer geworden. Nach Einschätzung des Bundespolizisten liegt der Preis aktuell bei 10.000 Euro pro Migrant von der Türkei nach Deutschland.

Staatsanwältin Antonia Heitmann-Gordon forderte aufgrund der Gefährlichkeit des Transports 5 Jahre und 3 Monate Haft sowie die Einziehung von 12.000 Euro.

Die Strafkammer unter Vorsitz von Richter Peter Werner verhängte letztlich 5 Jahre wegen banden- und gewerbsmäßigen Schleusens. Berücksichtigt wurde eine Strafe aus Ungarn, die der 29-Jährige auch noch was verbüßen muss. Das wirkt sich durch einen Härteausgleich als leicht strafmildernd aus.

Im Konvoi brachten die Schleuser in diesen Klein-Lkw Syrer und Iraker ins Land. Foto: Bundespolizei

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