Christine Lambrecht genießt willkommenes „Bad“ an der SPD-Basis

Neustadt/WN. Am Rande ihres Besuchs in der nördlichen Oberpfalz nahm sich Verteidigungsminiserin Christine Lambrecht Zeit für ein Gespräch mit dem OberpfalzEcho.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht im Gespräch mit MdB Uli Grötsch. Foto: Udo Fürst

Es ist sozusagen ein Heimspiel für Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Zunächst der Rundgang durch die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, wo sie mit ihrem Fraktionskollegen Uli Grötsch und der SPD-Kreisvorsitzenden Nicole Bäumler einen Kranz am SPD-Gedenkstein niederlegte (siehe auch: https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/verteidigungsministerin-christine-lamprecht-sieht-abgrund-des-menschlichen-und-moralischen), dann der Auftritt beim SPD-Jahresempfang in der Stadthalle, wo sie von den circa 160 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mit Standing Ovations begrüßt wurde. Das bereitete der in Mannheim geborenen und aufgewachsenen 57-Jährigen nach dem offensichtlich an die Nieren gehenden Gang durch das ehemalige KZ viel Freude: „Besuche an der Basis machen mir immer Riesenspaß“, ruft sie den Besuchern zu und lobt den SPD-Kreisverband mit Nicole Bäumler an der Spitze für die eindrucksvolle Veranstaltung. „Über 150 Leute an einem Freitagnachmittag. Das ist großartig.“

Eine andere Dimension

Justiz-, Familien- und seit knapp einem Jahr Verteidigungsministerin: Von manchen unterschätzt, ist Christine Lambrecht eine der vielfältigsten und erfahrensten Politikerinnen der SPD im Lande. Entsprechend gelassen, wenn auch der großen Verantwortung des Amtes bewusst, sieht sie ihre derzeitige Aufgabe. „Das ist schon nochmal eine andere Dimension“, antwortet sie auf die Frage, welches Ministeramt das forderndste sei. Schließlich trage sie hier die Verantwortung für 260.000 Menschen, deren Leben im schlimmsten Fall gefährdet sei.

Präzise und fundiert

Die gelernte Rechtsanwältin antwortet im vorherigen Exklusiv-Interview mit OberpfalzECHO präzise, aber nicht ausschweifend und sehr fundiert. Über die zu Beginn ihrer Amtszeit geäußerten Vorwürfe, dass sie in ihrem Amt überfordert sei, lächelt sie vielsagend. Als wolle sie das Gegenteil beweisen, kommt sie zum umstrittenen Punkt Waffen für die Ukraine. Zählt detailliert auf, was Deutschland schon geliefert habe: Panzerabwehrwaffen, Flugabwehrraketen, Maschinengewehre, Munition, Fahrzeuge und andere militärische Güter. „Und zuletzt das neue IRIS-T. Dieses hochmoderne Luftabwehrsystem hat noch nicht mal die Bundeswehr selbst.“ Bei der immer wiederkehrenden Forderung nach Kampfpanzern wie den Leopard bleibt Lambrecht strikt auf der Linie von Bundeskanzler Scholz „und auch unserer Partner“, wie sie sagt. Bisher habe kein Land solche Kampfpanzer geschickt. „Vielmehr setzen wir weiter auf den Ringtausch, durch den die Ukraine bisher 100 Kampfpanzer sowjetischer Bauart bekommen hat.“

Kontakt mit ukrainischem Kollegen

Sie halte auch nicht viel von den ständigen Forderungen aus allen Ecken, mehr und andere Waffen in die Ukraine zu liefern. „Ich spreche da lieber direkt und sehr vertrauensvoll mit meinem ukrainischen Amtskollegen Oleksij Resnikow. Der weiß genau, was sie brauchen und wenn irgend möglich, bekommen sie genau das dann auch.“ Andererseits achte man peinlichst genau darauf, keine Kriegspartei zu werden. „Genau deshalb bin ich heilfroh, einen solch besonnenen Kanzler zu haben wie Olaf Scholz.“

Nein zu Verhandlungen

Was sagt die Verteidigungsministerin zu den Forderungen nach Verhandlungen mit Russland? „Gespräche wie zum Beispiel über die Getreidelieferungen oder Gefangenenaustausch ja, Verhandlungen über das große Ganze nein. Das ist die ureigenste Angelegenheit der Ukraine. Nur wenn die bereit ist, kann es dazu kommen.“ Sie sehe dies aber ohnehin als sehr schwierig an, weil Putin sehr brutal und völlig unzuverlässig sei. „Niemand weiß, was er wirklich will.“

Christine Lambrecht bei ihrer Festrede. Foto: Udo Fürst
Christine Lambrecht bei ihrer Festrede. Foto: Udo Fürst
Für ihre 20-minütige Rede spendeten die circa 150 SPD-Mitglieder der Verteidigungsministerin Standing Ovations. Foto: Udo Fürst
Für ihre 20-minütige Rede spendeten die circa 150 SPD-Mitglieder der Verteidigungsministerin Standing Ovations. Foto: Udo Fürst
Der Eintrag der Ministerin ins Goldene Buch der Stadt durfte nicht fehlen. Mit auf dem Foto Nicole Bäumler, Uli Grötsch, Bürgermeister Sebastian Dippold und MdB Marianne Schieder (von links). Foto: Udo Fürst
Der Eintrag der Ministerin ins Goldene Buch der Stadt durfte nicht fehlen. Mit auf dem Foto Nicole Bäumler, Uli Grötsch, Bürgermeister Sebastian Dippold und MdB Marianne Schieder (von links). Foto: Udo Fürst
Grüße im Goldenen Buch der Stadt Neustadt/WN. Foto: Udo Fürst
Grüße im Goldenen Buch der Stadt Neustadt/WN. Foto: Udo Fürst
Die Damen-Bigband Waidhaus sorgte für beste Stimmung in der voll besetzten Stadthalle. Foto: Udo Fürst
Die Damen-Bigband Waidhaus sorgte für beste Stimmung in der voll besetzten Stadthalle. Foto: Udo Fürst
Udo Fürst
Udo Fürst
Udo Fürst
Udo Fürst
Udo Fürst

Höherer Verteidigungsetat

Das vom Bundestag für die Verteidigung bereitgestellte 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen sei genau das, was die Bundeswehr dringend brauche. „Es gibt, verursacht vor allem von meinen Vorgängern, einen enormen Investitionsstau bei der Bundeswehr. Alleine, wenn wir unseren Verpflichtungen in der NATO nachkommen wollen, sind dafür bis 2031 alleine für Munition 20 Milliarden Euro erforderlich. Dazu kommt noch die Nachfolge für den Tornado.“ Deshalb helfe das Geld sehr gut, um Lücken zu schließen, aber auf Dauer führe kein Weg an einer dauerhaften Erhöhung des Verteidigungsetats vorbei.
Die Bundeswehr sie eine Bündnisarmee und müsse darin ihrer Verantwortung nachkommen. Lambrecht: „Unsere Partner erwarten das von uns. Das hat was mit unserer Größe, unserer Lage und unserer Wirtschaftskraft zu tun. Wir wollen eine Allroundarmee sein und deshalb müssen alle Bereiche abgedeckt sein.“ Dazu gehöre auch die hybride Kriegsführung mit ihrer Digitalisierung, eine der größten Herausforderungen der Zukunft.

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