AWO kann trotz Insolvenz optimistisch in Zukunft schauen

Mitterteich. Was sich lange angedeutet hat, wurde heuer bittere Realität: Der Arbeiterwohlfahrt (AWO)-Kreisverband Tirschenreuth ist insolvent. Am 1. Juli wurde das Insolvenzverfahren vom Amtsgericht Weiden eröffnet. Welche Folgen hat das für die Betroffenen?

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Das Haus der Pflege der AWO in Mitterteich. Foto: Archiv Udo Fürst

Edwin Ulrich kann nicht nein sagen. Der Vorsitzende des Arbeiterwohlfahrt-Kreisverbands Tirschenreuth ist ein „Guter“. Engagiert im BRK-Kriseninterventionsteam, Seniorenbeauftragter der Marktgemeinde Fuchsmühl, Organisationsleiter des SPD-Ortsvereins, -Kreisverbands und -Unterbezirks, früher langjähriger Vorsitzender des AWO-Ortsvereins, der Feuerwehr und des SPD-Ortsvereins – der 66-Jährige ist sich für keine Aufgabe zu schade. Ob er sich allerdings nochmal den AWO-Kreisvorsitz antun würde, darf bezweifelt werden.

„Wurde allein gelassen“

„Ich bin damals allein gelassen worden“, erinnert sich Ulrich an das Jahr 2019, als der damalige AWO-Kreisvorsitzende Thomas Döhler mitsamt seinen Stellvertretern zurückgetreten sei (siehe auch Zoff im Wohlfahrtsverband). Als Begründung gab der Pechbrunner damals ein „zerrüttetes Vertrauensverhältnis“ mit AWO-Kreisgeschäftsführerin Angelika Würner und mit dem AWO-Bezirksverband Regensburg an.

Ulrich: „Das war für mich ein Schock. Weil ich die AWO nicht im Stich lassen wollte, habe ich es halt kommissarisch gemacht.“ Aus dem kommissarischen Vorsitz wurde dann der reguläre, als sich der Fuchsmühler bei der Neuwahl im Herbst des gleichen Jahres gegen Susi Bittner aus Schönkirch durchsetzte.

Nicht förderlich war wohl auch die nicht gerade glückliche Zusammenarbeit mit den zwei vorerst letzten Geschäftsführerinnen. Von Würner (Juni 2021) trennte man sich vor dem Arbeitsgericht und auch deren Nachfolgerin Heike Laube ist seit Ende Juni nicht mehr bei der AWO.

Ein Bild aus besseren Zeiten: AWO-Kreisvorsitzender Edwin Ulrich bei einer früheren AWO-Zusammenkunft. Mit auf dem Foto die langjährige, mittlerweile verstorbene Kreis-Geschäftsführerin Hannelore Bienlein-Holl. Foto: Archiv Werner Männer

Seit Jahren ein Verlustgeschäft

Über all die Jahre wurde deutlich, dass die AWO mit immer größeren Verlusten zu kämpfen hat. Vor allem das Mehrgenerationenhaus (MGH) erwies sich als „Geldverbrennungsmaschine“, wie ein früherer AWO-Verantwortlicher einmal sagte. Allein von 2015 bis 2019 wurden für diese Einrichtung 220.000 Euro Verlust registriert. Auch die „Bunten AWO-Läden“ seien seit Jahren ein Verlustgeschäft. Und selbst das Aus für das AWO-Angebot „Essen auf Rädern“ Ende vergangenen Jahres konnte die schleichende Pleite des Kreisverbands nicht verhindern.

Ende März zog Edwin Ulrich die Reißleine, die AWO beantragte wegen drohender Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren über das eigene Vermögen. Hauptgrund für die drohende Zahlungsunfähigkeit waren damals gestiegene Personalkosten seit Herbst vergangenen Jahres.

Insolvenzverfahren seit 1. Juli

Wie geht’s nun weiter? Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Juli vom Amtsgericht Weiden eröffnet. Als Insolvenzverwalter wurde Florian Schott von der Kanzlei SDK Schott Dobmeier Kießlich aus Altenstadt/WN eingesetzt. Der Rechtsanwalt war auch schon als vorläufiger Insolvenzverwalter mit der Sachlage vertraut. Sozusagen einen ersten Schritt hin zu einer schwarzen Null machten Ulrich und Mitterteichs Bürgermeister Stefan Grillmeier vor wenigen Tagen.

Zum 30. Juni stieg die AWO als Träger des Mitterteicher Mehrgenerationenhauses (MGH) aus. Grund für den Rückzug ist das laufende Insolvenzverfahren. Demnach kann ein Verband in Insolvenz keine öffentlichen Fördermittel mehr erhalten.

Keine Zuschüsse, keine Zukunft

Bisher bekam die AWO jährlich 40.000 Euro vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben und 10.000 Euro von der Stadt Mitterteich. „Und ohne Zuschüsse lässt sich das MGH nicht fortführen“, sagt Ulrich und bedauert den Schritt als unvermeidlich. Übergangsweise führt die Stadt das Haus in Eigenregie, übernimmt laut Grillmeier auch die beiden Angestellten, eine Reinigungskraft und zehn ehrenamtliche Mitarbeiter. Ab Oktober soll ein neuer Träger den Betrieb übernehmen. Die Öffnungszeiten bleiben unverändert bestehen. Der Bürgermeister rechnet mit circa 12.000 Euro Mehrkosten für die Stadt.

Patienten werden weiter versorgt

Für die Beteiligten der AWO ändere sich laut Florian Schott im täglichen Betrieb im Grunde nichts. „Die circa 300 Patienten werden weiterhin von den ambulanten Pflegekräften versorgt, die AWO-Läden bleiben geöffnet und die Beratungsstellen besetzt.“ Auch der Lohn der circa 90 Beschäftigten sei weiter gewährleistet. In den vergangenen drei Monaten gab es Insolvenzausfallgeld, was in der Regel dem Nettolohn entspreche. Ab Juli muss der Kreisverband seine Leute wieder selbst bezahlen. Schott: „Das ist auch möglich, weil die AWO inzwischen kostendeckend arbeitet.“

Weitere Sparmaßnahmen: Bereits Ende vergangenen Jahres hat die AWO ihren Service „Essen auf Rädern“ eingestellt und seit kurzem bietet man auch keine Hausmeisterdienste mehr an. Dringend überprüft werden müssten laut Insolvenzverwalter die Sozialdienste im Betreuten Wohnen in Mitterteich, Waldsassen und Plößberg. „Hier scheint mir die bisherige Pauschale viel zu gering.“

Zuversichtlich in die Zukunft

Befragt zur Zukunft der AWO sind sowohl Ulrich als aus Schott zuversichtlich. Der Insolvenzverwalter deshalb, weil die Organisation durch die Einsparungen mittlerweile auf einem guten Weg sei und Ulrich, weil er auf den Fleiß seiner Mitarbeiter setzt. „Das ist der Geist, der fast allen AWO-Leuten innewohnt.“

Und weil der Fuchsmühler von der Idee der Arbeiterwohlfahrt natürlich nach wie vor überzeugt und vom Engagement der Beschäftigten begeistert ist, wird er wohl bei der turnusgemäßen Neuwahl voraussichtlich im Spätherbst erneut als Kreisvorsitzender kandidieren. Er ist halt ein Guter, der Edwin Ulrich.

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1 Kommentare

H.J - 16.07.2023

Ich frag mich immer wieder wo die Gelder der Bewohner hin gehen es wird immer wieder gespart an Essen an Inko Material .Es müsste viel mehr Personal da sein und mehr in der Betreuung gemacht werden .