Kostümzauber hinter den Kulissen der Kemnather Passion 2025
Kemnath. Das Kostüm-Team bereitet die rund 130 Darsteller der Kemnather Passion 2025 mit Liebe zum Detail und großer Erfahrung für die Aufführungen vor, wobei jedes Outfit perfekt passen muss. Authentizität wird großgeschrieben, sogar der Jesus-Darsteller trägt Gewänder aus hundertjährigen Leinensäcken.

Was ziehe ich an? Über die Outfitfrage müssen sich die rund 130 Darsteller der Kemnather Passion nicht den Kopf zerbrechen. Das erledigen hinter den Kulissen das Kostüm-Team mit viel Hingabe, Erfahrung und Liebe zum Detail. Damit das Gesamtbild stimmt und sowohl Schauspieler als auch Publikum ganz in die Geschichte eintauchen können, sorgt das DamenTeam dafür, dass jeder Mitwirkende im passenden Gewand auf die Bühne treten kann und auch der letzte Saum perfekt sitzt. In einer logistischen Meisterleistung wurden am vergangenen Wochenende alle Schauspieler vom Scheitel bis zur Sohle eingekleidet.
Einheitliches Erscheinungsbild
„Es muss ein roter Faden da sein“, erklärt Kostümschneiderin Beate Stock. Das meint sie ausnahmsweise nicht wörtlich, sondern im übertragenen Sinn. Gemeint ist damit, dass alle Kostüme aufeinander abgestimmt sein müssen, damit das Erscheinungsbild auf der Bühne harmonisch wirkt. Dafür sorgt die gelernte Theaterschneiderin aus Vohenstrauß gemeinsam mit Monika Popp, Elke Linkel und Waltraud Müller bereits seit der Passion 2013. Franziska Baier ist dieses Jahr das erste Mal mit dabei und schnuppert Bühnenluft.
Bereits seit Anfang Januar lagern die Kostüme in der Mehrzweckhalle, ordentlich vorsortiert in den jeweiligen Umkleidekabinen. Diese minutiöse Vorbereitung ist nötig, um die vielen Mitwirkenden zügig ausstatten zu können. Dabei helfen auch die Erfahrung und der geschulte Blick für die richtige Größe: „Wenn so viele Leute eingekleidet werden müssen, kann nicht jeder zwei, drei Kostüme anprobieren, bis eins passt.“ Wer sein Gewand hat, bekommt gleich einen Aufkleber mit dem Namen in den Kragen, damit es keine Verwechslungen mehr gibt.
„Neues Leben“ für alte Säcke
„Theaterkostüme werden ganz anders verarbeitet als normale Kleidungsstücke“, erläutert Beate Stock. Weil sie immer wieder von anderen Personen getragen werden, müssen sie leicht zu ändern sein. Auch auf eine gute Qualität der Stoffe achtet sie. Die meisten Stoffe bezieht sie über einen Handel in Augsburg, der hochwertige Leinenstoffe, aber auch Brokat und Ähnliches im Angebot hat. „Faschingsstoff“ kommt ihr nicht unter die Nadel. So überzeugen die Kostüme nicht nur optisch, sondern sind auch robust genug für die vielen Proben und Vorstellungen.
Beate Stock hat über die Jahre aber auch besondere Stoffe gesammelt. Das zerschlissene Gewand beispielsweise, das Jesus-Darsteller Roland Krauß in der Kreuzweg-Szene trägt, sieht nicht nur alt aus, sondern besteht aus gebrauchten Leinensäcken, die wohl schon über 100 Jahre auf dem Buckel hatten, als sie ihr „neues Leben“ als Gewand Jesu antraten. Das verleiht dem Kostüm eine unvergleichliche Authentizität, die man sonst nie erzielen würde.
Für die authentische Optik ist es auch notwendig, dass Brillen, Uhren und Schmuck abgelegt werden. Alles, was es zur Zeit Jesu nicht gab, soll auch auf der Bühne nicht sichtbar sein. Gefärbte Haare können gegebenenfalls unter einer Kopfbedeckung verborgen werden, aber die langen Bärte sind wie immer echt. Schon seit Monaten „wuchert“ es in Kemnath und bei so manchem Schauspieler muss man zweimal hinschauen, bis man ihn erkennt. Bis zum Karfreitag müssen die ungewohnten Bärte noch getragen werden, dann kommen sie wieder ab.
Ganz ohne Accessoires müssen die Schauspieler nicht auftreten. Zum Fundus gehören nicht nur die eigentlichen Gewänder, sondern auch passende Gürtel, Kopfbedeckungen, Schleier, Schals und natürlich Schuhe, die zum Kostüm kombiniert werden. „Wie war das noch gleich, hatte ich einen Gürtel an oder nicht?“ Bei dieser Frage, die so oder so ähnlich während der Anproben häufiger gestellt wird, hilft oft ein Blick ins bebilderte Programmbuch.
Auch das richtige Schuhwerk spielt eine wichtige Rolle. Viele Mitwirkende im Volk gehen barfuß, manche haben sogar ihre eigenen Schuhe dabei. Die übrigen Schauspieler bekommen passende Sandalen. Auch damit hat es eine besondere Bewandtnis. Die Sandalen, die über eine Dresdner Firma erhältlich sind, werden nämlich in Israel aus echtem Kamelleder gefertigt – realistischer geht es kaum. Roland Krauß, der bereits zum dritten Mal den Jesus spielt, hat von Anfang an immer die gleichen Sandalen an. Zur Kostümprobe liegen sie schon für ihn bereit. Wenn er dann hineinschlüpft, kommt er jedes Mal sofort in seiner Rolle an: „Du ziehst sie an und weißt, es sind deine.“
Bremsenreiniger für Römerhelme
Nicht nur, wenn’s um die großen Teile geht, sondern auch bei Kostüm und Requisiten ist das handwerkliche Geschick von Bühnenbauer Wolfgang Heser gefragt. Wenn noch ein Loch im Riemchen gebraucht wird, kein Problem: Wolfgang Heser hat in seiner Werkstatt das passende Werkzeug für alle größeren und kleineren Problemchen und Reparaturen parat. Die neuen Helme der römischen Soldaten müssen regelmäßig geölt werden, damit sie nicht rosten, durch das Öl haftet allerdings die Polsterung nicht. Doch Wolfgang Heser ist vorbereitet. Mit Bremsenreiniger entfettet er die Innenseiten der Helme, damit die Polster eingeklebt werden können und die römischen Soldaten möglichst ohne Kopfschmerzen durch die Vorstellungen kommen.
Für jede Spielzeit hat Beate Stock bisher einen Teil der Kostüme neu geschneidert, immer gruppenweise, für die römischen Soldaten und den Hohen Rat 2013, für die Apostel und die Frauen (Maria, Maria Magdalena, Veronika) 2018. Dieses Mal waren die jüdischen Wächter und, aufgrund einer Neubesetzung, der Judas dran.
Die Herausforderung dabei war, dass es zu den jüdischen Wächtern kaum gesicherte Informationen oder Bildmaterial gibt – im Gegensatz zu den römischen Soldaten. Daher waren eine enge Abstimmung mit Regisseur Thomas Linkel und ausgiebige Überlegungen notwendig, ehe das Konzept erarbeitet werden konnte. Da es sichtbar sein sollte, dass die Wächter aus dem Volk kommen, wurden sie letztlich in braune Gewänder gekleidet, mit einem Turban als Kopfbedeckung. Bereits vor einigen Wochen wurden die Schauspieler dafür genau vermessen. Für jedes der neuen Gewänder investiert Beate Stock 10 bis 12 Arbeitsstunden, bis es fertig ist. Deshalb ist klar, dass der Austausch der Kostüme immer nur nach und nach erfolgen kann.
Feuriger Look für Judas
Neu eingekleidet wurde auch Judas-Darsteller Martin Nickl. Sein Kostüm bearbeitet Beate Stock direkt „am Mann“ und legt mit der Stoffschere Hand an. Die sauberen Säume schneidet sie in Fetzen. „Wenn Judas im Fegefeuer landet, wird sein Gewand von den Flammen versengt.“ Das soll man auch sehen. Außerdem wird das helle Kostüm noch schwarz eingefärbt. Die Gewänder für das Volk sind größtenteils schon älter und aus synthetischen Stoffen, was gewisse Probleme mit sich bringt. Die Schauspieler schwitzen darin schneller und sie nehmen Farben kaum an. „2018 hatten wir eine große Färbeaktion in der Waschhalle des Bauhofes, damit die Gewänder ‚schmutziger‘ wirken, nicht so neu und unbenutzt. Dann wurden sie in die Reinigung gebracht und jetzt ist leider fast die ganze Farbe wieder draußen.“ Eine weitere Färbeaktion dieser Größenordnung ist allerdings nicht in Planung.
Nachdem alle ihr Kostüm bekommen haben, soll ab jetzt auch darin geprobt werden. Das gibt den Schauspielern gleich ein besseres Gefühl für ihre Rolle, wie auch „Apostel Thomas“ Bernd Schraml bestätigt: „Es spielt sich im Kostüm ganz anders. Man ist viel mehr in der Rolle drin und bewegt sich anders.“ Außerdem ist es im Kostüm deutlich einfacher, die Gruppen voneinander zu unterscheiden und die Schauspieler müssen nicht lange überlegen, wen sie anspielen können.
Beate Stock hat die Erfahrung und die Kostüme
Die gelernte Kostümschneiderin Beate Stock wohnt in Vohenstrauß, wo sie auch einen großen Kostümverleih betreibt. Auf einer Fläche von 150 Quadratmetern sind in fünf Räumen unzählige Kostüme auf Lager, mit denen sie Theaterproduktionen – hauptsächlich Laientheater – „von Regensburg bis Bayreuth“ ausstattet. Seit 30 Jahren sammelt sie Erfahrung im Theater, unter anderem war sie 10 Jahre lang als Schneiderin bei den Bayreuther Festspielen dabei. Sie hat einen Blick für das große Ganze, aber auch für die feinen Details und ist seit 2013 bei der Kemnather Passion dabei.
Kemnather Passion
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