Sammeltermin für Grippe-Impfung: Bundeswehrsoldat verweigert Befehl

Weiden. Ein 27-jähriger Soldat der Bundeswehr beschäftigt seit einem Jahr die Weidener Justiz. Eigentlich eine "kleine" Sache. Der Sachse hätte 2021 in der Kaserne zum Sammeltermin für die Grippeimpfung antreten müssen. Ist er aber nicht.

Ein ehemaliger Soldat des Artilleriebataillons Weiden stand in Weiden vor Gericht. Im Bild die Panzerhaubitze 2000 im Gelände. Symbolfoto: Bundeswehr/Marco Dorow

Bei der Bundeswehr steht Gehorsamsverweigerung nach dem Wehrstrafgesetzbuch unter Strafe. Der damalige Major Daniel Madeheim (inzwischen in Hamburg stationiert) sagt vor dem Landgericht in Weiden als Zeuge aus. Es sei bei dem Befehl nicht um den Zwang zur Impfung gegangen. Sondern um die Pflicht, sich zum Sammeltermin beim Truppenarzt einzufinden. Auch bei der Bundeswehr sei es durchaus möglich, wegen medizinischer Kontraindikationen befreit zu werden. Aber diese Entscheidung treffe nicht er, sondern der Mediziner: „Ich bin ein medizinischer Laie.“

Als sich der folgenträchtige Vorfall ereignete, war Madeheim nicht vor Ort bei seinem Artilleriebataillon 131, sondern auf Übung. Ein weiblicher Hauptmann führte die Einheit. Als der Soldat als einziger der 70 Mann nicht zum Truppenarzt kam, bestellte sie ihn damals in ihr Büro ein. Sie erteilte ihm mündlich erneut den Befehl, erinnert sie sich im Zeugenstand. Auch den zweiten Termin habe er verweigert. Fünf Jahre war der junge Mann zu diesem Zeitpunkt schon bei der Bundeswehr, nie gab es Ärger dieser Art.

Major: „Befehl und Gehorsam sind Grundvoraussetzungen in unserem Beruf“

Für beide Male wurde der Zeitsoldat zu Disziplinar-Bußen verurteilt. Er zahlt erst 1.400 Euro, dann 2.400 Euro. Als er auch zur Corona-Impfung nicht erschien, wurde von Seiten der Bundeswehr nichts mehr unternommen. Die Akte lag da schon bei der Staatsanwaltschaft Weiden. Major Madeheim begründet seine Entscheidung, die Sache als Wehrstrafverfahren an die Justiz weitergegeben zu haben: „Befehl und Gehorsam sind Grundvoraussetzungen in unserem Beruf. Das ist das, was diese Organisation braucht, um im Gefecht zu bestehen.“

Der Fall könnte längst erledigt sein, hätte der Soldat nicht eine äußerst streitbare Anwältin: Beate Bahner aus Heidelberg. Ihr letzte Buch trägt den Titel „WHO-Pandemievertrag: Der finale Angriff auf Ihre Freiheit“. In erster Instanz strapazierte sie über vier Verhandlungstage die Nerven einer Amtsrichterin, die durchaus eine Einstellung wegen Geringfügigkeit für denkbar gehalten hätte. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft, die Tat zudem schon durch die Bundeswehr geahndet. Am Ende wurde durchprozessiert bis zum bitteren Ende. Das Urteil: 120 Tagessätze à 40 Euro plus Kosten des Verfahrens. Der 27-Jährige wäre damit vorbestraft.

Nach Entlassung: Bundeswehr verleiht Ehren-Coin

Nun stand die Berufung am Landgericht Weiden an, Vorsitz Dr. Marco Heß. Schon fünf Minuten nach Beginn ist klar, dass hier nicht die weiße Fahne weht. Beate Bahner, inzwischen noch verstärkt durch Anwalt Göran Thoms, moniert die Aktenführung. Dann grätscht sie mit dem Zeugnis dazwischen, das der ehemalige Soldat dieser Tage erhalten hat. Zum 31. August 2024 ist er offiziell nach acht Jahren Verpflichtung aus der Bundeswehr ausgeschieden.

Das Zeugnis ist in der Tat bemerkenswert: Der ausgeschiedene Soldat wird in den höchsten Tönen gelobt. Er sei „tragende Säule innerhalb seiner Abteilung“ gewesen, habe „weit über seinen Tätigkeitsbereich Verantwortung übernommen“ und genieße „uneingeschränkt hohes Ansehen“. Dazu legte die Verteidigerin einen „Coin“ auf den Tisch: Mit dieser ist der Ex-Soldat im Januar 2024 vom Bundesverteidigungsministerium ausgezeichnet worden. Für „besondere Dienste in der Corona-Zeit“.

Genau an diesen besonderen Einsätzen während der Corona-Pandemie konnte der 27-Jährige im Jahr 2021/22 nicht mehr teilnehmen. Weil er nicht geimpft war. Major Madeheim wies auf das vorgesehene Basis-Impfschema für Soldaten hin. Jeder Soldat, der für Amts- und Katstrophenhilfen eingesetzt wird, muss diese Impfungen vorweisen. Bei Auslandseinsätzen kommt noch ein individuelles Impfschema obendrauf.

Zum Basis-Schema zählen die Influenza-Impfung und damals auch die Covid-Impfung. Der Sachse war infolge seiner Verweigerung nicht mehr einsatzbereit. Andere mussten seine Schichten übernehmen, so Madeheim. Der Sachse übernahm Büroarbeiten, ehe ihm Anfang 2023 der Dienst verboten wurde.

Einstellung gegen Geldauflage

Die Verhandlung zog sich bis 18 Uhr. In einem Satz zusammengefasst: Das Verfahren wurde von der Berufungskammer eingestellt. Die Anregung dazu kam von Anwältin Beate Bahner; die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Antonia Heitmann-Gordon, stimmte zu. Damit konnte nach zwei Instanzen und fünf Verhandlungstagen ein Schlussstrich gezogen werden. Das Gericht erließ eine Geldauflage in Höhe von 2750 Euro. „On top“ kommen für den 27-Jährigen, jetzt als Bauhelfer tätig, noch die Anwaltskosten dazu.

* Diese Felder sind erforderlich.