[Update] Angeklagte gestehen brutalen Raubüberfall – Opfer (88) stirbt eine Woche vor Prozess

Weiden. Seit Donnerstag stehen Oleg B. (50) und Vadim C. (56) vor dem Landgericht Weiden. Ihnen wird schwerer Raub vorgeworfen. Sie waren am Überfall auf ein Paar (89 und 80 Jahre alt) in Grafenwöhr 2016 beteiligt.

Rio Raub Landgericht Weiden
Vadim C. auf dem Weg in den Gerichtssaal. Foto: Christine Ascherl

Die beiden Männer stammen aus Tiraspol, der Hauptstadt von Transnistrien, einem abtrünnigen Landesteil von Moldawien. Sie legen unmittelbar nach Prozessbeginn Geständnisse ab. Selbst sagen sie dabei kein Wort zu den Taten. Ihre Verteidiger Rouven Colbatz und Matthias Haberl räumen für sie die Vorwürfe ein. Demnach gingen beide als erste der Bande in die Wohnung, brachten die Opfer zu Boden und fesselten sie. Weitere Fragen würden nicht beantwortet, informiert Haberl.

Der Prozess kann damit auf drei weitere Prozesstage verkürzt werden (9. und 15. Oktober). Ein Urteil wird für 16. Oktober erwartet. Die 1. Strafkammer mit den Richtern Peter Werner und Florian Bauer stellt nach einem Verständigungsgespräch im Falle von Geständnissen 7,5 bis 8,5 Jahre in Aussicht.

Die beiden weiteren Komplizen sind schon verurteilt: Viktor C. 2018 zu 10 Jahren Haft, Oleksandr M. 2020 zu 8 Jahren. Die jetzt angeklagten Vadim C. und Oleg B. gingen erst 2024 beim Grenzübertritt von Moldawien in die EU der rumänischen Polizei ins Netz. Es sind zwei Mords-Mannsbilder. Gefühlsregungen? Eine Entschuldigung an die Adresse der Angehörigen? Fehlanzeige.

Die letzten Lebensjahre in ständiger Angst

Die Tochter (65) berichtet im Zeugenstand von den Folgen, die der Überfall auf ihre Mutter und deren Lebensgefährten hatte, späteren Ehemann (die 80-Jährige und der 88-Jährige heirateten nach der Tat). Die Mutter musste an der Schulter operiert werden, konnte den Arm nicht mehr heben. Ernst W. hatte beim Überfall einen Schlaganfall erlitten. Beide brauchten fortan Hilfe. Und beide hatten zeit ihres Lebens Angst, so die Tochter.

Die 65-Jährige schildert, dass das Paar auf Klingeln niemandem mehr geöffnet habe. Selbst dem Pflegedienst der Caritas nicht, der sie anfangs betreute. Die Tochter zog 2019 schließlich selbst zu den betagten Senioren und pflegte beide bis zu ihrem Tod. Gastwirt Ernst W. starb 2021, Luise am 18. September 2024, also eine Woche vor Prozessbeginn. Die Tochter beschreibt auch, dass sich die Senioren nachts nicht mehr ins Bett gehen trauten. Sie blieben bis 7 Uhr wach, ehe sie sich in der Morgendämmerung schlafen legten.

Hausratversicherung zahlte nur 1500 Euro

Auch finanziell war der Überfall ein herber Einschnitt. Die Versicherung zahlte einen gedeckelten Pauschalbetrag von 1500 Euro und die Reparatur der Haustür. Der Schaden lag aber weiter höher: Die Senioren hatten ihre Ersparnisse zu Hause aufbewahrt. Luise W. hatte 20.000 Euro in bar für einen geplanten Küchenkauf in einer Schatulle. Ernst W. noch weit mehr. Eine genaue Summe konnte nicht ermittelt werden. Das Gericht geht von mindestens 30.000 Euro aus. In dem Behältnis fand sich eine Notiz mit dem Betrag „100.000 Euro“.

Beim Fernsehen von maskierten Männern überrascht

Oberstaatsanwalt Peter Frischholz erinnerte in der Anklage an die Brutalität des Raubes von 2016. Die moldawisch-ukrainische Gruppierung hielt sich damals in Prag in einer Wohnung auf. Über Mittelsmänner aus Tachov und dem Landkreis Neustadt/WN kam der Tipp vom angeblichen Reichtum des Gastwirts Ernst W. (damals 89). Zunächst wurde das Haus in Grafenwöhr ausgespäht. Am 11. April 2016 erfolgte der äußerst brutale Überfall.

Vier maskierte Männer überraschten das Paar beim abendlichen Fernsehen. Der ehemalige Wirt und seine Lebensgefährtin Luise (damals 80) wurden zu Boden geschleudert, gefesselt und mit Decken abgedeckt. Ihm wurde heftig ins Gesicht geschlagen. Ihr wurde durch das ruckartige Reißen an den Armen das Schultergelenk gebrochen. Der Überfall dauerte etwa eine Stunde, in der die Täter das Haus nach Wertsachen durchsuchten.

„Raubwochen“ am Landgericht Weiden

Bis zum Jahresende werden am Landgericht fünf Raubdelikte verhandelt. Tatorte waren in Kohlberg, Neuhaus, Weiden, Pressath und Grafenwöhr.

Vadim C. (Zweiter von links) mit seinem Verteidiger Matthias Haberl und Oleg B. (Zweier von rechts) mit Anwalt Rouven Colbatz. Ihnen wird die Beteiligung am Rio-Raub 2016 vorgeworfen. Foto: Christine Ascherl
Vadim C. (Zweiter von links) mit seinem Verteidiger Matthias Haberl und Oleg B. (Zweier von rechts) mit Anwalt Rouven Colbatz. Ihnen wird die Beteiligung am Rio-Raub 2016 vorgeworfen. Foto: Christine Ascherl
 Oberstaatsanwalt Peter Frischholz. Foto: Christine Ascherl
Oberstaatsanwalt Peter Frischholz. Foto: Christine Ascherl
Die 1. Strafkammer des Landgerichts Weiden mit den Berufsrichtern Peter Werner (Zweiter von rechts) und Florian Bauer sowie den Schöffen. Foto: Christine Ascherl
Die 1. Strafkammer des Landgerichts Weiden mit den Berufsrichtern Peter Werner (Zweiter von rechts) und Florian Bauer sowie den Schöffen. Foto: Christine Ascherl

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