Messdiener (34) missbraucht Ministrantin (13) in Sakristei
Weiden. Das Jugendschöffengericht hat am Mittwoch einen Messdiener (34) einer Pfarrei wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt. Er hatte sich im Winter 2022/23 an einer Ministrantin (13) vergriffen.

Der 34-Jährige gesteht vor Gericht alle Vorwürfe. An einem Abend im Winter 2023 war er mit der Schülerin allein in der Sakristei und hatte versucht, ihr unter den Pullover zu greifen. Sie wehrte sich; er fasste sie letztlich über der Kleidung an. Staatsanwältin Carolin Ammon klagt noch ein zweites Delikt an: Kurz vor Weihnachten 2022 hat der damals 32-Jährige der 13-Jährigen ein Foto seines Glieds geschickt und von ihr ein erotisches Foto gefordert.
All das kam auf, weil sich der Täter erst an einen guten Freund wandte und dann zur Polizeiinspektion ging und sich selbst anzeigte. „Er könne damit nicht leben und wolle reinen Tisch machen“, zitiert ihn die Kripobeamtin, die die Ermittlungen übernahm.
500 Seiten WhatsApp-Chats
Beweismittel waren die Smartphones der beiden. Die Fotos waren nicht mehr abgespeichert. Dafür ein ungewöhnlich intensiver WhatsApp-Chat zwischen dem Teenie und dem 20 Jahre älteren Mann. Ausgedruckt umfasse der Chat über 500 Seiten, so die Polizistin. Das Mädchen und der Mann schütteten sich gegenseitig das Herz aus, berichteten sich von ihren Problemen. Kurz vor der Selbstanzeige kippte dann die Stimmung. Die 13-Jährige teilte klar mit, dass sie die Berührung in der Sakristei nicht gewollt habe.
Persönlichkeitsstörung der Auslöser
In der Verhandlung wird deutlich, dass der 34-Jährige psychisch gestört ist. Seit vielen Jahren musste er immer wieder stationär in der Psychiatrie behandelt werden. Er bekommt Frührente und lebt bei seinen Eltern. „Er kann nicht reflektieren, was er macht“, erklärt Verteidiger Matthias Haberl. Der Übergriff sei eine „Impulshandlung“ gewesen, die der 34-Jährige sehr bedauere.
„Am liebsten würde ich weinen, weil es mir so leid tut“, sagt der Angeklagte vor Gericht und ringt immer wieder um Fassung. Er habe das Mädchen von Ministranten-Zeiten gekannt. Er habe ihr in den Gesprächen eigentlich bei ihren Problemen helfen wollen. „Sie konnte mit ihren Eltern nicht so sprechen wie mit mir. Das ist dann einfach in die falsche Richtung gegangen.“ Er mache sich selbst große Vorwürfe und sei aufgrund starker Suizidgedanken erst kürzlich wieder in eine geschlossene Abteilung eingewiesen worden.
Gutachter warnt vor „hohem Risiko“
Der psychiatrische Gutachter Dr. Thomas Lippert attestiert ihm eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung. Diese besteht seit Jahrzehnten. Anhaltspunkte für Pädophilie gibt es nicht, eventuell für Hebephilie, die Vorliebe für Mädchen in der Pubertät. Laut Gutachter war dem 34-Jährigen vollkommen klar, dass er gegen das Gesetz verstößt.
Zitat des psychiatrischen Sachverständigen: „Ich sehe trotz fehlender einschlägiger Vorstrafen ein hohes Risiko dafür, dass es in neuen Belastungssituationen zu ähnlich gelagerten Straftaten kommen wird.“
Auflage: Kein Ehrenamt mehr in der Pfarrei
Für Paragraph 63 (Unterbringung) reicht die Tat dennoch nicht. Der 34-Jährige hat keinerlei Vorstrafen. Aber Richter Wolfgang Höreth warnt: „So etwas darf nie wieder passieren, sonst verschwinden Sie dauerhaft in der Forensik.“ Für Höreth wiegt doppelt schwer, dass sich der Vorfall im geschützten Raum einer Kirche zugetragen hatte. Der ältere Messdiener habe das Vertrauen der jungen Ministrantin ausgenutzt.
Das Gericht urteilt auf 1 Jahr 10 Monate Haft – und verhängt etliche Auflagen. Der Angeklagte darf die bereits begonnene Sexualtherapie in einer Regensburger Ambulanz (Programm „Kein Täter werden“) nicht beenden. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre, ein Bewährungshelfer wird ihm an die Seite gestellt. Wichtigste Auflage: Er darf keinen Kontakt zu dem Mädchen aufnehmen und keinerlei ehrenamtliche Tätigkeit als Messdiener in dieser Pfarrei ausüben.
Schülerin muss nicht aussagen
Letztere Auflage erfolgt auf Anregung von Nebenklagevertreterin Christiane Bardenheuer, welche die Schülerin vertritt. Das Mädchen muss aufgrund des Geständnisses nicht aussagen. Die Anwältin berichtet von einer mühsamen Verarbeitung des Geschehens: „Diese Grenzüberschreitung wirkt noch nach.“ Ausdrücklicher Wunsch der Jugendlichen sei, dass sich so etwas nicht wiederholen kann: „Dass der Angeklagte nicht mehr ehrenamtlich im kirchlichen Raum tätig wird.“
Zumindest darf der Angeklagte das nun in seiner Heimatpfarrei nicht mehr. Die Auflage ist explizit auf diese Kirchengemeinde beschränkt. Richter Höreth sagt, adressiert an den 34-Jährigen: „Ich kann Ihnen Ihren Glauben nicht nehmen. Das scheint Ihnen eine Stütze zu sein.“
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann Berufung zum Landgericht Weiden eingelegt werden.
* Diese Felder sind erforderlich.