[Update] Degen-Verfahren: Beschuldigte entschuldigt sich bei Verletzten
Weiden. Am heutigen Mittwoch begann am Landgericht Weiden das Sicherungsverfahren gegen eine Frau (65). Sie hatte 2022 Passanten mit einem Degen angegriffen.

Die Frührentnerin (66) wird aus einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung im Landkreis München zur Verhandlung gebracht. Sie wird möglicherweise auch nach der Gerichtsentscheidung in der Forensik bleiben müssen: Leitender Oberstaatsanwalt Bernhard Voit hatte ein Sicherungsverfahren beantragt.
Die Entscheidung fällt durch das Schwurgericht am Landgericht Weiden, Vorsitzender Richter ist Peter Werner, Beisitzer sind die Richter Florian Bauer und Matthias Bauer. Insgesamt sind aktuell fünf Tage angesetzt. 30 Zeugen sind geladen, darunter etliche Passanten aus Weiden und Vohenstrauß, Verwandte und Polizeibeamte. Außerdem sind drei Sachverständige vorgesehen: ein Rechtsmediziner, ein Waffenexperte und der psychiatrische Gutachter.
Unter dem Eindruck von Verfolgungswahn
Die Frührentnerin aus dem Altlandkreis Vohenstrauß leidet seit vielen Jahren an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie. Die Situation eskalierte im August 2022, als sie unter dem Eindruck von Verfolgungswahn drei Passanten in der Weidener Altstadt mit einem Degen angriff. Sie fühlte sich mit dem Tod bedroht. Im Kofferraum waren weitere Waffen. Etwa 40 Minuten zuvor hatte sie bereits in Vohenstrauß einen zufälligen Fußgänger mit der Waffe gestochen.
Der Mittwoch beginnt mit Verlesung der Antragsschrift durch die Staatsanwaltschaft sowie den ersten Zeugen.
[Update, 9.15 Uhr] Beschuldigte entschuldigt sich
Die Beschuldigte machte zum Prozessbeginn einen sehr gefassten Eindruck. Mit klarer Stimme nannte sie ihre Personalien, den gelernten Beruf (Altenpflegerin). Auf Nachfrage teilte sie mit, keine Wohnadresse mehr in Freiheit zu haben. Das Haus sei verkauft, sie könne aber bei Verwandten leben.
Staatsanwalt Matthias Biehler ging in seiner Antragsschrift auf die Vorgeschichte des Degenangriffs ein. Demnach habe sich bei der Frau bereits in den Tagen vor dem 23. August 2022 eine aktuelle Symptomatik ihrer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie gezeigt. Diese gehe mit einem Wahnsystem einher: Sie fühlte sich von Angehörigen, aber auch Fremden verfolgt und glaubte, mit dem Tod bedroht zu sein.
Kofferraum voll Waffen gepackt
Ganz aktuell machte der gelernten Altenpflegerin und Frührentnerin der Verkauf ihres Hauses in einem kleinen Ort im Altlandkreis Vohenstrauß und ihre ungewisse künftige Wohnsituation zu schaffen, so der Staatsanwalt. „Sie pendelte getrieben und ruhelos zwischen Bekannten und Verwandten mit ihrem Pkw hin und her.“ Im Kofferraum des Dacia fand die Polizei später zwei Macheten, mehrere Messer und eine Axt.
Folgender Zeitablauf ergibt sich aus den Ermittlungen: Bereits 40 Minuten vor der Tat in Weiden soll die Frau laut Staatsanwaltschaft vor der Apotheke in Vohenstrauß mit dem Degen auf einen Passanten zugegangen sein. Ihre Worte: „Wohin habt ihr meine Cousine versteckt?“ Sie habe zugestochen, den Mann aber nur leicht getroffen.
Opfer: Justizmitarbeiter in der Mittagspause
Exakt 39 Minuten später attackierte sie im 15 Kilometer entfernten Weiden drei Passanten in der Fußgängerzone Weiden. Sie parkte ihren Dacia vor dem Gasthaus „Bräuwirt“ und ging laut Staatsanwalt auf drei zufällig vorübergehende Männer zu. Bei dem Trio handelte es sich um Arbeitskollegen der Weidener Justizbehörden, die ihre Mittagspause miteinander verbrachten. Sie rief dabei, so Biehler: „Da sind sie ja, die Verbrecher!“
Die Drei traf die Attacke völlig unvorbereitet, so Biehler. „Der erste Geschädigte sah erst kurz vor dem Treffer einen silberfarbenen Gegenstand auf sich zukommen.“ Der 46-Jährige drehte sich instinktiv nach rechts weg, so dass der Hieb nur die Halsseite getroffen habe. Einen weiteren Schlag wehrte der Kollege (61) ab, der dabei so tief in den Arm geschnitten wurde, dass er operiert werden musste. Gemeinsam mit dem dritten Kollegen (58) hielt er die außer Rand und Band geratene Angreiferin fest.
Aufgrund ihrer Krankheit sei die Beschuldigte nicht in der Lage das Unrecht ihrer Taten – versuchter Mord – einzusehen, so die Staatsanwaltschaft. Es sei davon auszugehen, dass sie für die Allgemeinheit gefährlich ist und die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten von ihr ausgehe.
Verteidigerin entschuldigt sich im Namen der Beschuldigten
Verteidigerin Christiane Bardenheuer ergriff für die Beschuldigte das Wort: Diese möchte sich schon jetzt bei allen Verletzten entschuldigen.
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