Lebhafte Widerstands-Erinnerungen gegen Atommüll-Lager

Mitterteich. Erinnerungen an die Zeit der Proteste gegen das geplante Atommüll-Lager im Birkigt bei Mitterteich sind beim jüngsten Erzählcafé wieder wach geworden.

Hans Lugert, immer noch Mitglied der Bürgerinitiative gegen Atommüll im Grenzland, hatte die Spendendose zur Erinnerung an die damaligen Ereignisse mitgebracht. Bild: Werner Männer
Hans Lugert, immer noch Mitglied der Bürgerinitiative gegen Atommüll im Grenzland, hatte die Spendendose zur Erinnerung an die damaligen Ereignisse mitgebracht. Bild: Werner Männer
Großes Interesse fand der Nachmittag im Mehrgenerationenhaus zum Thema Demokratie. Bild: Werner Männer
Großes Interesse fand der Nachmittag im Mehrgenerationenhaus zum Thema Demokratie. Bild: Werner Männer
Referentin Monika Beer-Helm erinnerte in Bild- und Filmausschnitten an die Protestbewegung gegen die geplante Lagerung des Atommülls in Mitterteich. Vor etwa 40 Jahren war der Protest Tagesthema im Landkreis Tirschenreuth. Bild: Werner Männer
Referentin Monika Beer-Helm erinnerte in Bild- und Filmausschnitten an die Protestbewegung gegen die geplante Lagerung des Atommülls in Mitterteich. Vor etwa 40 Jahren war der Protest Tagesthema im Landkreis Tirschenreuth. Bild: Werner Männer
Werner Männer
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Monika Beer-Helm vom Arbeitskreis Heimatpflege zeigte im Mehrgenerationenhaus das Filmprojekt des Netzwerks Inklusion „Demokratie-Werkstatt“. Dabei konzentrierte sie sich speziell auf das Geschehen um Mitterteich.

Bürgerinitiative gegen das Atommüll-Lager

Zur Einführung zeigte sie einige Aufnahmen von der Bewegung gegen die Atommüll-Lagerung. Mehr als 8.000 Personen, nicht nur aus Mitterteich, waren damals gegen diese Einrichtung und gingen auf die Straße. Auch die politischen Funktionsträger hätten schnell gemerkt, dass sie sich dieser Bewegung anschließen sollten, so die Referentin. Die Bürgerinitiative gegen Atommüll im Grenzland habe sich nach der Entscheidung, das Lager bei Mitterteich anzusiedeln, am 3. Januar 1981 gegründet. Vorsitzende waren Franz Kunz und Erich Dickert aus Mitterteich, sowie Peter Rex aus Tirschenreuth.

Heftige Diskussionen hätten sich in den folgenden Wochen und Monaten entwickelt. Beleidigungen wie „Rattenfänger“, „Volksverhetzer“ und andere Ausdrücke seien aus München gegen diesen Protest der Bevölkerung veröffentlicht worden. Das führte sogar soweit, dass der damalige Minister Lang vor Gericht verklagt worden war, was jedoch zu keinem Erfolg führte.

Protest in München – ohne Erfolg

Helm erinnerte auch an die Demonstration in München, wo aus dem Landkreis Tirschenreuth etwa 20 Omnibusse mit zirka 1.000 Personen nach München fuhren, um zu protestieren. Vor der Staatskanzlei ist eine Unterschriftenliste übergeben worden, die aber nur ein Angestellter entgegennahm. Ein verantwortlicher Politiker ließ sich nicht blicken. Kurz darauf, so Beer-Helm weiter, kam am 25. August 1983 die Baugenehmigung. Noch einmal erinnerte ein Demonstrationszug daran, dass die Bevölkerung das Lager nicht will.

Interessant waren in dem gezeigten Film die alten Ansichten der Stadt, schließlich seien 1985 die ersten Lieferungen mit Atommüll nach Mitterteich angerollt. Auch dazu erinnerte die Referentin mit Bildern. In dem anschließenden Film der Werkstatt Demokratie kamen der frühere Bürgermeister Karl Haberkorn sowie die Vertreter der Bürgerinitiative Gerhard Wehner, Angela Müller und Erich Tilp zu Wort. Sie schilderten darin nochmals wie sich die Ereignisse zutrugen.

„Letzte Ecke“ Deutschlands

Friedrich Wölfl von der Demokratie Werkstatt, mitverantwortlich für den Film, blickte auf das Filmprojekt „Agonie einer Landschaft“ zurück, worin der Landkreis Tirschenreuth als die „letzte Ecke“ Deutschlands in einem Film des Bayerischen Rundfunks dargestellt worden ist. Die Depression einer Landschaft zeigte sich. In diesem Film sei deutlich geworden, dass die geplante Ansiedlung dieses Lagers nicht nur eine „Mitterteich-Sache“ sei, sondern dies sei ein Aufruf an alle gewesen „Wir müssen uns dagegen wehren“. Hier seien die demokratischen Werte wahrgenommen worden, dass man etwas erreichen wolle, aber gewaltfrei.

Es habe ihn allerdings gewundert, so Wölfl, das die Geschichte davon so wenig Resonanz in der heutigen Wahrnehmung finde. Hans Lugert bemerkte dazu, dass die Proteste dennoch etwas gebracht haben. Vor allem hätten die Politiker gemerkt, dass man die Bevölkerung in das Geschehen mit einbeziehen müsse. Dies erreichte man durch die Gründung eines Bürgerbeirats, der Einblick in die Geschehnisse in die Arbeit und Vorgänge im Atommüll-Lager habe, ergänzte Beer-Helm.

Geschehnisse müssen präsent bleiben

Christiane Ponnader, ebenfalls vom Netzwerk Inklusion gestand, von den Geschehnissen und den Protesten in Mitterteich nichts gewusst zu haben. Sie habe lediglich die Proteste in Wackersdorf in Erinnerung. Deshalb sollte es schon ein Anliegen sein, dass die damaligen Geschehnisse nicht vergessen werden. Wolfgang Kolb, ehemaliger Betriebsleiter im Atommüll-Lager, meinte, dass das Lager eigentlich nach und nach hätte geleert und das Material ins Endlager hätte gebracht werden sollen. Aber auch in Gorleben wehre man sich gegen die Endlagerung.

Ein finales Endlager sei noch nicht gefunden und Mitterteich sei nur als Durchgangslager gebaut worden. Zumindest werde durch den Bürgerbeirat das Geschehen im Lager transparent gehalten. Abschließend meinte Christiane Ponnader, dass das Netzwerk Inklusion den Film fortsetzen wolle. Sie bat um weitere Ideen für das Projekt. Die Referentin Beer-Helm schloss den Nachmittag mit der Ankündigung des nächsten Erzählcafés im März. Dann werde der letzte Teil der Sammlungsergebnisse „Musikalisches Mitterteich“ gezeigt.

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